Amazon, wir müssen reden!

https://blog.wdr.de/digitalistan/amazon-wir-muessen-reden/

Amazon, wir müssen reden!

Kommentare zum Artikel: 13

Amazon weiß eine ganze Menge über uns. Was wir einkaufen. Was wir online anschmachten. Wie viel wir bezahlen. Welche Hörbücher wir hören. Welche Musik wir mögen. Welche Filme und Serien wir uns anschauen. Wann, warum und wie oft wir mit Alexa sprechen. Wie wir drauf sind. Natürlich immer nur, wenn wir Amazon-Dienste nutzen.

Aber die meisten von uns tun das – mehr oder weniger intensiv. Deshalb ist Amazon gerade zur wertvollsten Marke der Welt geworden. Und das wiederum nur, weil Amazon ohne jeden Zweifel einer der größten Datensammler der Welt ist. Kaum ein Unternehmen sammelt derart viele Daten über uns – und wertet sie kompromisslos aus.

Amazon verschickt unaufgefordert Pakete; Rechte: Twenty20/paolo_cristaldi

Amazon ist wertvollste Marke: Aber was wissen wir eigentlich über den Konzern?

Amazon will nicht reden

Allerdings redet bei Amazon kaum jemand darüber. Mein Kollege Dennis Horn und ich wollten darüber sprechen – für unsere neueste Ausgabe des Cosmotech Podcast. Wir haben uns höflich an Amazon gewandt, allerlei drängende Fragen aufgeschrieben und wollten im Podcast – ohne Zeitdruck! – über viele wichtige Aspekte sprechen. Zum Beispiel, welche Daten Amazon erhebt, wie diese zusammengeführt werden, welche Rückschlüsse Amazon daraus zieht und vieles andere mehr.

Ausnahmslos Fragen, die jeden Amazon-Kunden plagen dürften. Doch Amazon hat sich geweigert, die Fragen zu beantworten. Fragen, die keineswegs ungewöhnlich sind, die unserer Ansicht nach jeder Pressesprecher praktisch im Schlaf beantworten können müsste. Doch es ist die Masche von Amazon, öffentliche Gespräche zu meiden. Stattdessen verschickt das Unternehmen folgendes Statement:

Der Schutz der Privatsphäre unserer Kunden hat für uns immer höchste Priorität und ist seit Jahren fester Bestandteil unserer Dienstleistungen. Wir gestalten unsere Produkte und Dienstleistungen so, dass Kunden leicht nachvollziehen können, wann ihre Daten gesammelt und wann ihre Daten weitergegeben werden.

Cosmotech Podcast; Rechte: WDR/Schieb

Im Cosmotech-Podcast fühlen wir Amazon auf den Zahn

Amazon hüllt sich in Schweigen

Eine Frechheit. Ich finde es bedenklich, wenn ein Unternehmen nicht bereit ist, Zusammenhänge und Hintergründe zu erklären. Wenn sich ein Konzern konsequent weigert, Auskunft zu geben. Mit den Menschen in den Dialog zu treten. Sich Kritik anzuhören. Ich habe diese Erfahrung schon mehrfach machen müssen: Es gibt keine vernünftigen Antworten von Amazon.

Auch die Fernsehkollegen, denen wir Dokumentationen wie “Das System Amazon” oder “Allmacht Amazon” zu verdanken haben, sind nicht mit Amazon ins Gespräch gekommen. Auch hier hat sich der Konzern in Schweigen gehüllt. Auch findet man Amazon auf keinem relevanten Panel.

Warum ist das so? Wir können nur annehmen, dass Amazon eine Menge zu verbergen hat.

 

Über den Autor

Jörg Schieb ist Internetexperte und Netzkenner der ARD. Im WDR arbeitet er trimedial: für WDR Fernsehen, WDR Hörfunk und WDR.de. In seiner Sendung "Angeklickt" in der Aktuellen Stunde berichtet er seit 20 Jahren jede Woche über Netzthemen – immer mit Leidenschaft und leicht verständlich.

13 Kommentare

  1. Technologieunternehmen kennen, kennen und nutzen nicht nur die riesige Datenmenge, die sie jeden Tag von uns sammeln, sondern sie verwenden Big Data für ihre Marktstudien, Werbekampagnen und wissen, wo jeder von ihnen Einfluss hat. ..
    Es ist unglaublich, was sie nicht nur über uns wissen, sondern auch, dass sie es ohne unser Wissen und, was noch schlimmer ist, die Verschleierung dieser Daten und die Verwendung oder das Verbot, das ihnen gegeben wird, verwenden. danke fürs teilen

  2. Ich kann das Gejammer nur bedingt nachvollziehen. Wir sind es doch selbst Schuld:
    Als Amazon ein neuer “Player” auf dem nationalen Markt war, haben so gut wie alle potentiellen Anbieter/Verkäufer das Internet noch als “Neuland” betrachtet: “brauchen ‘mer net” war da noch die ehrlichste Aussage. Oder “Es gibt doch schon eBay, das muss reichen”.
    Na ja. Was daraus geworden ist, sehen wir heute. Ausnahmslos *alle* nationalen Anbieter sind im Nachteil, kleine Geschäfte, die jetzt verzweifelt versuchen, sich in “unsere-Stadt-Online”-Portalen zu vermarkten, spüren die extremen Umsatzeinbußen.

    Die Mitbewerber am Markt sind es selbst Schuld:
    Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, daß Amazon teilweise bis zu 30% günstiger war. Da wäre ich als Verbraucher doch mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn ich (bei identischen Garantiebedingungen) nicht dort kaufen würde. Schließlich wurden wir jahrzehntelang genau darauf getrimmt: “Geiz ist geil”, “Billig, da stehste doch drauf”, “Lidl ist billig” uswusf.

    Da jetzt nach einer Art Regulierung zu rufen, ist schon lustig.

    Und zu den “Gadgets” wie Echo, Home und Konsorten:
    Ich habe für mich persönlich noch keine einzige Anwendung gefunden, die es rechtfertigen würde, mir so etwas in’s Haus zu stellen. Die Dinger können _nichts_ wirklich gut. Ich habe eine Zeitlang die “Ok Google” Sprachsteuerung im Auto probiert – seitdem die auf eine Frage *schlechtere*, weil weniger Suchergebnisse wie von Hand eingetippte Fragen liefert, habe ich den Mist wieder deaktiviert.

    Bis dato wird noch niemand gezwungen, so etwas zu nutzen.

    Und die Nutzungsstatistiken bei Kauf, Streaming usw. legen alle Anbieter an.

  3. Vielleicht tröstet es, sich in Erinnerung zu rufen, das Facebook selbst mit den Abgeordneten im Europa-Parlament nicht plaudern wollte und hier erst massiv Druck notwendig war.
    Und warum auch, den meisten Deutschen, so scheint mir, ist Ihre Privatsphäre herzlich gleich. Ja, anderslautende Umfragen kenne ich, doch reden ist eines, handeln etwas anderes. Ferner haben die Konzerne so eine tiefe Durchdringung (in vielerlei Hinsicht), da tun auch handfeste Skandale Ihren Geschäften keinen Abbruch.
    Somit müssen die Konzerne sich nicht um Ihre Geschäfte sorgen, wenn Sie Ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nicht nachkommen und tun es entsprechend auch nicht.

    • Jörg Schieb am

      Das stimmt: Facebook ist auch kein leuchtendes Vorbild. Man sollte sich aber nie nach unten orientieren. Immerhin betreibt Facebook mittlerweile aber eine gewisse Kommunikation mit Journalisten, während Amazon konsequent alles abblockt — und Journalisten und damit die Öffentlichkeit “verhungern” lässt. Das ist schon ein einzigartiges Vorgehen.

  4. Habe meinen Account bei Amazon vor einiger Zeit gelöscht, ebenso bei Google. Und was soll ich sagen: Es geht auch ohne und ich lebe noch – gut sogar ;-)

    • Jörg Schieb am

      Das glaube ich gerne. Nur sollte man bei diesen Themen nicht digital denken, also alles oder nichts. Man kommt auch gut ohne Auto aus – es lohnt sich aber, eine Straßenverkersordnung einzuführen, einen TÜV und vieles andere mehr. Will sagen: Mehr Regeln für die, die Verantwortung tragen.

  5. Heise (Christian Rentrop) hat diesbezüglich eine gute Schritt-für-Schritt-Anleitung “DSGVO-Auszug der Amazon-Daten anfordern und lesen” veröffentlicht. Hilft das nichts, kann man sich an die Nationale Kommission für Datenschutz in Luxemburg wenden; dann MUSS Amazon reagieren.
    Und mal ganz ehrlich: als weltweiter BigPlayer mit einem Selbstläufergeschäftsmodell, der Lizenz zum Gelddrucken und explosivem Wachstum, würde ich auch mit keinem Journalisten von einem kleinen, deutschen Lokalsender meine Algorithmen und meine Geschäftsgeheimnisse teilen wollen. Die reden nur mit Menschen, die ihren Umsatz steigern können. Alles andere ist denen ziemlich egal und der Erfolg (auch in Deutschland) gibt ihnen Recht. Sie schreiben hier ja auch regelmäßig kritisch gegen Amazon. Das wird Amazon nicht entgangen sein. Oder glauben Sie ernsthaft, die googeln nicht vorher nach den Personalien, bevor sie sich mit jemandem auf ein tiefgehendes Gespräch einlassen?

    • Jörg Schieb am

      Es geht wohl kaum und Algorithmen und Gescbäftsgeheimnisse, sondern im Transparenz und Eingehen auf Kritik, dort, wo es geboten ist. Das mit dem kleinen Lokalsender habe ich mal überlesen. :)

  6. Ich gebe zu, auch ab und an dort online zu kaufen (bin 61).
    Aber wirklich nur, wenn begehrtes oder benötigtes woanders nicht zu haben ist.
    Ich misstraue diesem Konzern sehr!

    Rainer

  7. Off_Leiner am

    Wie jedes andere Unternehmen hat auch Amazon nur diejenige Macht – und Daten! – , die ihm seine Kundschaft freiwillig gibt.
    Der Spuk ist schnell vorbei, wenn diese Kundschaft einfach aufhört, Amazons Kundschaft zu sein und woanders einkauft – z.B. im stationären Einzelhandel.
    Folglich müssen sich alle, die sich über die Datenmacht von Amazon aufregen, zuallererst mal an die eigene Nase fassen.
    Man kann jedenfalls nicht gleichzeitig Kronleuchter brennen und Strom sparen.
    Ich persönlich werde nie Probleme bezüglich der Amazondatengangster bekommen, weil ich dort keinen Account unterhalte und absolut NICHTS dort bestelle. Punkt.

      • Off_Leiner am

        Doch, kann es:
        Niemand, der oder die bei Amazon einen Account unterhält, kann mir mit Anspruch auf Glaubhaftigkeit erzählen, auch heutzutage immer noch nicht zu wissen, daß Datenkrakengangster wie Amazon, Google und die asozialen Netzwerke (Facebook) ausnahmslos ALLES Private bis hinein in die Intimsphäre ausspionieren.
        Das ist DERMASSEN BEKANNT, daß sich kein Mensch mehr herausreden kann…
        Die Leute begeben sich wissentlich und willentlich in diese Überwachungs- und Ausspioniergefahr, weil sie ihre Bequemlichkeit mehr lieben als ihre Privat- und Intimsphäre…

Fehler beim Kommentieren

Ihr Kommentar konnte aus folgenden Gründen nicht abgeschickt werden:

  • Es gab einen kritischen Fehler auf deiner Website.

    Erfahre mehr über die Problembehandlung in WordPress.

  • Top