Anwendung kann Milliarden Gesichter erkennen

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Anwendung kann Milliarden Gesichter erkennen

Kommentare zum Artikel: 6

Spätestens seitdem wir Smartphones mit unserem Gesicht entsperren können, wissen wir: Unser Gesicht kann von Maschinen erkannt werden. Selbst ein kleines Smartphone kann das. Ein Albtraum, wenn ein System die Gesichter aller Menschen kennen würde – und so jeden Menschen auf der Straße sofort zuverlässig erkennen könnte. Doch genau das könnte schon bald der Fall sein – denn technisch ist das jetzt möglich.

Selbst Smartphones können heute zuverlässig Gesichter erkennen

Clearview AI hat ungefragt Milliarden Gesichter gescannt

Einem US-Unternehmen ist es gelungen, die Gesichter von Milliarden Menschen in einer Datenbank zu speichern. Clearview AI – so nennt sich das Unternehmen – hat dazu dreist Unmengen öffentlich zugänglicher Fotos und Videos gescannt. Auf Facebook, auf Youtube, auf Instagram. Dort zeigen wir unsere Bilder ja her – und verknüpfen diese mit unseren Daten. Auch die von Freunden.

Clearview AI hat laut Bericht in der New York Times Milliarden(!) solcher Fotos geladen, gespeichert und ausgewertet. Ohne die Betroffenen oder die Sozialen Netzwerke um Erlaubnis zu bitten oder sie in Kenntnis zu setzen. Und diesen Daten-Pool zu Geld gemacht: Polizeistationen in den USA wurde Zugriff auf die Datenbank gewährt. Für 2.0000 Dollar im Jahr. Das System funktioniert besser als viele andere. Schon allein deshalb stellen die Behörden in den USA wohl keine Fragen.

Vorsicht beim Posten von Fotos: Sie können missbraucht werden

Abfrage in Echtzeit möglich

Der Service ist für Fahnder verlockend: Die Beamten laden ein Foto hoch und erfahren Sekunden später, um wen es sich handelt. Selbst eine App wäre denkbar, sagt der Anbieter, die das blitzschnell und in Echtzeit macht: Mit der Kamera eine Person auf der Straße einfangen – und die App durchsucht die Datenbank und verrät, wer es ist. Die Technologie ist heute so weit. Gesichtserkennung ist keine Hexerei mehr. Bei Amazon lassen sich Cloud-Dienste mieten, die das anbieten.

Erschreckend: Die Lösung funktioniert. Sie ist marktreif. Sie ist offenbar sogar im Einsatz. Auf der Webseite des Unternehmens heißt es, das alles sei “im Einklang mit geltendem Recht”. Das darf wohl bezweifelt werden – selbst in den USA sitzt der Schock tief. Es gibt Empörung.

Die App macht deutlich, dass es allerhöchste Zeit ist, derartiges eindeutig zu regulieren und zu verbieten. Wir müssen vor Anwendungen dieser Art geschützt werden. Während Google sich zumindest ein vorübergehendes Verbot solcher Anwendungen vorstellen kann, um Zeit für Regulierung zu haben, bezeichnet Microsoft ein Verbot als “regulatorisches Hackebeil”.

Das zeigt, dass dringend eine strenge Regulierung erforderlich ist.

 

Über den Autor

Jörg Schieb ist Internetexperte und Netzkenner der ARD. Im WDR arbeitet er trimedial: für WDR Fernsehen, WDR Hörfunk und WDR.de. In seiner Sendung "Angeklickt" in der Aktuellen Stunde berichtet er seit 20 Jahren jede Woche über Netzthemen – immer mit Leidenschaft und leicht verständlich.

6 Kommentare

  1. Wehret den Anfängen. Habe Clearview jetzt nach DSGVO um kostenlose Auskunft und Löschung gebeten. Reagieren die nicht, geht es ans LDI.

  2. Sehr merkwürdig, dass einige Personen trotz des Besitzes eines Gesichts so tun, als wäre dies unsichbar und es stände nur ihnen selbst zur Verfgung. Ich kann nur dankbar darüber sein, wenn eine Firma wie Clearview AI mir kostenlos diesen Service anbieten wird. Die Fremdheit anderer Personen und das damit einhergehende dunkle Unwissen ist vielen Menschen ein unausstehlicher Greuel. Selbstverständlich will ich Gleichheit in dem Sinne, dass so wie andere mich anhand des Fotos erkennen, ich selber auch den Abderen erkennen will. Nur als Referenz, sogar der Allmächtige Allerhöchste kennt ein jedes Lebewesen in der Natur.

  3. Andreas Gabler am

    Man kann es verbieten, es wird jedoch immer welche geben die dies anbieten werden. Der Schwarzmarkt wird dann seine Preise zahlen. Wir werden es NIE! wieder rückgängig machen können. Spätestens heute sehe ich mich bestätigt kein Gesichtsfoto ins Internet geladen zu haben… dies ist erste der Anfang. Böse Menschen sind leider überall.

    • Sie sind aber sicher, dass noch kein Spassvogel mit seinem Schmartphone oder seiner Digital-Knippse ein Photo von Ihnen gemacht hat, und es mit einem “intelligenten” Spruch/Kommentar irgendwo im Netz platziert hat?
      Oder dass irgendein Laden, in dem Sie mal eingekauft haben oder daran vorbeigingen, irgendein Privatmann mit einer Ueberwachungskamera, die auch einen Teil der Strasse oder des Gehwegs erfasst, die Photos irgendwo gespeichert hat, und diese dann kopiert wurden (oder evtl. von einem Mitarbeiter verkauft)?
      Oder die Kameras in Bahnhoefen, U-Bahnen. Bussen, evtl. Taxen Sie erfasst haben?
      Jetzt ist es zu spaet, sich ueber moegliche (“unangenehme”) Folgen der allgegenwaertigen Video-Ueberwachung, die ja NATUUEERLICH(!) nur im Interesse der Sicherheit gemacht wird, Gedanken zu machen; der Gesetzgeber, und die Polizei sehen darin (genauso wie in der “Vorratsdatenspeicherung”, die ja quasi die ganze Bevoelkerung unter Generalverdacht stellt) ja schon fast den (un)heiligen Gral der “Sicherheitsbemuehungen” (nicht zuletzt auch, weil immer wieder (“Wir muessen sparen”, wissen schon…) Stellen bei der Polizei gestrichen wurden.
      Apropos (tatsaechliche) Sicherheit und “gefuehlte” Sicherheit: wenn von gewissen Politikern mal wieder die Video-Ueberwachung propagiert wird, heisst es immer wieder “damit sich die Buerger mit einem “sicheren Gefuehl” in den Staedten bewegen koennen” – “sicheres Gefuehl”, ist etwas anderes als “Sicherheit”; die Video-Ueberwachung sorgt fuer eine NACHTRAEGLICHE Aufklaerung von Straftaten, sie verhindert aber so gut wie keine Straftat!

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