Corona-Krise: Amazon ist der Profiteur

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Corona-Krise: Amazon ist der Profiteur

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Corona zwingt die Wirtschaft derzeit in die Knie. Nicht nur bei uns in Deutschland, sondern weltweit. Unzählige Arbeitnehmer werden in Kurzarbeit geschickt. Viele, viele Läden müssen wochenlang schließen. Restaurants sowieso. Massenhaft Betriebe und Menschen bangen nun um ihre Existenz.

Doch im fernen Seattle sitzt ein Mann, der davon mächtig profitiert: Jeff Bezos, Gründer und Chef von Amazon. Sein Online-Portal explodiert aktuell regelrecht: Die Menschen bestellen wie verrückt bei Amazon. Mehr denn je. Und sorgen so bei Amazon für neue Umsatzrekorde.

Amazon verschickt unaufgefordert Pakete; Rechte: Twenty20/paolo_cristaldi

Amazon verschickt derzeit mehr Pakete denn je – und braucht 100.000 neue Mitarbeiter in den USA

Explodierender Aktienkurs

Allein in den USA will Amazon 100.000 Menschen einstellen, um dem explodierenden Bedarf decken zu können. Die Aktie hat innerhalb weniger Tage um 100 Milliarden Dollar an Wert zugenommen.

Klar, denn die Umsätze sprudeln nicht nur jetzt und aktuell, sondern auch in Zukunft. Durch die Krise gewinnt Amazon Marktanteile, die teilweise bleiben werden. Denn die Menschen gewöhnen sich immer mehr an den Online-Einkauf.

Krise ruiniert andere Unternehmen

Vor allem aber werden es viele Unternehmen im Einzelhandel nicht schaffen. Die Krise ruiniert sie. Sie machen dicht. Auf diese Weise entsteht dann später noch mehr Notwendigkeit, online einzukaufen.

Weil es schlicht zu wenige Fachgeschäfte gibt – noch weniger als ohnehin schon! -, in denen die Menschen alles Notwendige einkaufen könnten. Amazon profitiert also in mehrerlei Hinsicht von der Krise. Jetzt – und in Zukunft.

Der explodierende Aktienkurs zeigt es: Die Börse geht davon aus, dass Amazon enorm wächst. Durch konsequente Verdrängung. Viele Mitbewerber werden verdrängt. Platt gemacht.

Die Tricks von Amazon: Der gläserne Kunde – er wird von oben bis unten durchleuchtet

Politik hat nicht an Konsequenzen gedacht

Allerdings trifft Amazon diesmal nicht die volle Schuld. Die Politik schließt die Geschäfte – natürlich aus gutem Grund. Aber ohne sich ausreichend Gedanken zu machen, welche Konsequenzen das hat.

Vielleicht wäre es eine gute Idee, die ganz großen Online-Shoppingportale zu besteuern. Um einen Finanzausgleich hinzubekommen. Wo die einen profitieren, lässt sich doch das Leid der anderen zumindest wirtschaftlich etwas ausgleichen.

Gezielt online einkaufen – bei den Kleinen

Eine Lenkung wäre wünschenswert. Ein Lastenausgleich. Fairness. Doch das wird wohl eher nicht passieren. Deshalb sollten wir darüber nachdenken, wo wir online einkaufen.

Wann immer möglich, sollten wir das in den Geschäften tun, die aktuell unter der Krise zu leiden haben. Viele Einzelhändler verkaufen derzeit online, um noch größeren Schaden zu vermeiden.

Also: Lieber vor Ort einkaufen – und liefern lassen. Da, wo es möglich ist.

 

Über den Autor

Jörg Schieb ist Internetexperte und Netzkenner der ARD. Im WDR arbeitet er trimedial: für WDR Fernsehen, WDR Hörfunk und WDR.de. In seiner Sendung "Angeklickt" in der Aktuellen Stunde berichtet er seit 20 Jahren jede Woche über Netzthemen – immer mit Leidenschaft und leicht verständlich.

9 Kommentare

  1. “Made In” ist ja gar nicht das Problem. Man mag manchmal gar nicht glauben, wie viele hochwertige Produkte ebenfalls in China hergestellt werden – aber eben nach “westlichen” Vorgaben, Design, und Qualitätsstandards (wobei “westlich” hier nicht unbedingt heißt, dass irgendein westlicher Betrieb beteiligt ist – Chinesen können auch ohne Hilfe richtig gute Ware! Ich habe hier Digitalarmbanduhr-“Hommagen”, die die japanischen Vorbilder – die längst selbst in China gefertigt werden – durch wesentlich bessere Beleuchtung und Metallgehäuse für 15€ komplett in den Schatten stellen…). Chinaware ist nicht automatisch schlecht, und sowieso omnipräsent.

    Aber wenn der Händler bzw. Versender nicht bei uns sitzt, sondern in England, Sri Lanka oder sonstigem Nicht-EU-Ausland, klingeln bei mir grundsätzlich die Alarmglocken. Da ist z.B. lange nicht gesagt, dass man nachher das auf den Katalogbildern sichtbare Originalteil erhält. Und das zu erkennen, bedarf einiger Aufmerksamkeit, denn automatisch ausfiltern kann man das leider nirgends. Da sind die kleinen Hinweise wichtig. Lieferzeit in einem bis drei Monaten? Krumme Versandbeträge? Grammatik- und Schreibfehler? Typische Chinahändler-Jubelvokabeln? Nur Paypal (bei eBay)? -> Dingelingeling…. Finger weg.

  2. Ralf Klein am

    Bin etwas old school. Habe es immer so gehalten erst vor Ort versucht das gesuchte zu bekommen. Wenn es nur wenig teurer ist, war das auch in Ordnung. Immerhin kann man bei Problemen leichter reklamieren/umtauschen. Komme aus einer kleineren Stadt da ist die Auswahl schon länger sehr eingeschränkt. Dazu kommt immer mehr das Problem das man in einige Städt nicht mehr mit Auto rein/soll darf. (Feinstaub usw.) Hätte ich meinen jetzigen Laptop mit dem Bus geholt, hätte das echt lange gedauert. Da wäre dann vermutlich Windows XP drauf. Bei Amazon oder deren Konkorenz stört mich auch das es sich oft ja um einen Marketplace handelt. Möchte gerne bei dem kaufen auf deren Seite ich bin. Ist oft schwer oder umständlich zu erkennen. Nicht schlecht fände ich es wenn immer ein Made in angegeben wäre. Klar vieles gibt es nur noch aus China. Möchte es einfach nur gerne wissen. Kleine unterstützen ist OK, wenn es für einen möglich ist.

    • Guter Hinweis. Oft ist es nicht nur “Mady in China”, es kommt sogar direkt aus China — auf nicht ganz legalem Weg. Unter Umgehung von Zoll und – man muss es befürchten – oft auch Umsatzsteuer. Das ist ein erhebliches Problem!

  3. Ich werde mich jetzt bestimmt nicht bei tausenden unterschiedlichen, und möglicherweise durch die schnelle und schludrige Umsetzung ungenügend abgesicherten, kleinen Onlineshops anmelden. Andererseits will ich aber auch nicht der Armutsschere zuspielen. Also bleibt bei mir alles, wie es eh schon ist: Lebensmittel und Artikel des täglichen Bedarfs gibt’s nach wie vor im Einzelhandel, weniger alltägliche Artikel werden via Preisvergleichsportal bei einem vertrauenswürdigen Anbieter beschafft (nie beim billigsten), für Elektronik gibt es gute große deutsche Versender, lokale Filialen einer Kette können einem immerhin telefonische Beratung und Bestellung bieten – sogar mit Selbstabholung – , und selbst wenn ich doch Kleinteile wie die genannten Batterien brauche (und da nicht unnötig die Versandpauschale eines Großversenders bezahlen will – ist nachvollziehbar), kann ich bei eBay und Amazon immer noch nach deutschen Anbietern filtern. Auch wenn einem das zumindest bei Amazon nicht einfach gemacht wird.

    Das Problem des Fachhandels wird sich aber auch ohne Coronakrise auf Dauer verschärfen: 14 Tage Prüfung ist intensiver als “im Laden kurz anfassen”. Die Auswahl im Laden kann nie so hoch sein wie sie online deutschlandweit besteht (besonders für Leute wie mich, die offenbar immer exotische Sachen suchen). Beratung/Arbeitszeit und Ladenmiete kosten Geld, der Preis der Ware darf aber nicht zu hoch liegen im Onlinevergleich. Und wenn mit manchen Produkten (Autobatterien, Skisachen) ausgenutzt wird, dass der Kunde sie genau jetzt und sofort braucht und nicht auf einen Versand warten kann, prägt sich die Devise “billig = online” nur noch mehr in den Köpfen ein. Und mit der aktuellen autofeindlichen Politik wird der Handel auch teilweise abgehängt – ich kauf doch keinen Drucker, wenn ich mit’m Bus anreisen muss. Und das “Single Point Of Contact” Prinzip, mit dem es gerade Amazon einem ermöglicht, alles Gesuchte günstig (wenn auch nicht immer gut! Was man da teilweise behumst wird…) und mit einer einzigen Anmeldung zu beschaffen, nutzt die Bequemlichkeit in uns allen aus.

    Nein, Lösung habe ich auch keine. Ich kann nur innerhalb meines begrenzten Rahmens weiterhin den Einzelhandel unterstützen, wenn es für mich funktioniert. Und Amazon-Bestellungen meiden, wo immer es sinnvoll ist.
    (Wobei ich durchaus bei Produktbeschreibungen und Rezensionen einen Mehrwert sehe, speziell wenn letztere detaillierter sind als jede Beschreibung, die in Shops zu finden ist – vgl. die “Dick und Doof Collection” 10er-Boxen…)

  4. R. Fleischer am

    Schon die Suche nach einer simplen Ersatzbatterie für die Armbanduhr, erwies sich in diesen Tagen als erfolglos: Uhrmacher geschlossen, Elektrogroßmarkt geschlossen, der Multisortimenter hatte nur 4 Knopfzellentypen zur Auswahl. Also blieb nur Amazon. Trotz Krise: ruckzuck per Briefpost geliefert, 3 Stück zum quasi-geschenkt-Preis. Außerdem wohnt noch lange nicht jeder in der Nähe eines großen Laden- und damit Warenangebots, um Ihrem Rat folgen zu können. Wobei ich “sollten wir”-Ratschlägen grundsätzlich skeptisch gegenüberstehe, weil ich mir (außer von Gesetzgeber und Rechtsprechung) nur sehr ungerne vorschreiben lasse, was ich zu tun oder zu unterlassen habe. Hinsichtlich meiner Einkaufspräferenzen schon gar nicht.

    • Hier schreibt niemand etwas vor. Es ist ein Appell – gewissenhaft zu prüfen, ob es nicht eine Option ist, nicht beim größten Anbieter einzukaufen, sondern vielleicht auch beim kleinen Anbieter, der möglicherweise auch online verkauft. Oder wenigstens in Deutschland sitzt und Steuern bezahlt. :)

  5. Daniel Feixe am

    Ich kaufe wo es am günstigsten ist. Denn am Ende habe auch ich nur einen Geldbeutel. Ich kann es mir nicht leisten bei einem Fachgeschäft den doppelten Preis fürs gleiche Produkt zu zahlen, selbst mit der Konsequenz, wenn dieser Pleite geht, später für andere Sachen online mehr zu bezahlen (die anderen müssen dann auch mehr zahlen).

    • Online ist keineswegs immer das günstigste — dafür gibt es viele Belege. Natürlich verstehe ich, wenn man sparen muss. Aber wenn alle immer nur das Billigste kaufen (egal, was damit verbunden ist) – darf man sich nicht wundern, dass man selbst auch wenig für eine Leistung bekommt.

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