Der E-Sport braucht den Sport nicht, er braucht Anerkennung

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Der E-Sport braucht den Sport nicht, er braucht Anerkennung

Kommentare zum Artikel: 3

Wenn ich eine Runde Fifa am PC spiele, treibe ich keinen Sport. Denn das Computerspiel “Fifa” sei keine Sportart, sagt der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB). Aber “Fifa” sei eine Simulation, ein virtueller Sport, und könne deswegen seinen Platz im klassischen Fußballverein finden. Immerhin hätten die meisten Bundesligisten inzwischen eine eigene E-Sportsparte. Andere Spiele, die kein Vorbild im analogen Sport haben, wie “League of Legends”, hätten dagegen nichts im Sportverein verloren, so der DOSB.

Doch diese Zweiteilung ist Unsinn, sie ignoriert, wie die Spiele eigentlich funktionieren: Die Bewegungsabläufe des Athleten sind ähnlich, ob mit Maus und Tastatur ein Fußballspieler übers virtuelle Grün gesteuert wird oder ein Avatar aus “League of Legends” mit ähnlichen Bewegungsabläufen über ein Fantasy-Schlachtfeld.


ESBD-Präsident Hans Jagnow über die Anerkennung des E-Sport.

Dennoch sitzen sich auf der Podiumsdiskussion “Braucht der Sport den E-Sport” gegenüber: die Vertreterin des Sportbundes, Veronika Rücker, und des E-Sport Bunds Deutschland, Hans Jagnow, gegenüber. Sie kommen auf keinen gemeinsamen Nenner in der Frage: Ist E-Sport Sport? “Nein”, sagt die eine, “Ja”, der andere. Der DOSB wird mit seinen 24 Millionen Mitgliedern noch lange dafür sorgen, dass es beim “Nein” bleibt.

Aber während die Verbände noch darüber diskutieren, ob E-Sport mehr gesellschaftliche Anerkennung bekommen soll – so wie es im Koalitionsvertrag der Bundesregierung festgehalten wurde  – machen die E-Sportler ihr eigenes Ding.

E-Sport-Amateure brauchen Unterstützung in Deutschland

Natürlich fände ich es spektakulär, wenn Deutschland bei den Olympischen Spielen eine Goldmedaille in Fifa nach Hause bringen würde. Die meisten Sportler selbst brauchen eine solche Anerkennung aber nicht: Sie haben sowieso ein Millionenpublikum und können Arenen mit Fans füllen. Diese feiern die Leistungen der Spieler.

Wem die Debatte aber nicht egal sein sollte, sind die Amateure. Für diese Spielerinnen und Spieler gibt es die größten Hindernisse, sich zu organisieren: Hier fehlt es an Geld, anerkannten Ehrenämtern und schlichtweg physischen Räumen zum Austausch mit Gleichgesinnten. Und genau dafür braucht der E-Sport mehr Anerkennung. Verdient hat er sie, denn der faire Wettkampf zwischen den Spielern atmet den olympischen Gedanken. Auch wenn er digital ist.

Über den Autor

Mit "Doom" fing es an; seitdem haben digitale Spiele Thomas Ruscher nicht mehr losgelassen. Wenn er nicht gerade selbst spielt, schreibt und spricht er über Battle Royale, Open Worlds, eSport, Roguelikes und alles, was sonst noch mit Games zu tun hat.

3 Kommentare

  1. Oliver Weidemann am

    Schöner Beitrag, Thomas.
    Ich fand die Fronten waren auf der Sportkonferenz doch schon verhärtet und die Anwesenden E-Sportler u. Ehrenamtliche waren zurecht aufgebracht über die Situation der Marginalisierung ihrer Tätigkeit und deren Anerkennung.
    Mein Eindruck war: In dieser Diskussion geht es dem DOSB zuerst um die Deutungshoheit und Privilegien und blickt nicht oder nimmt in Kauf was eine Versagung der Anerkennung für einen Schaden im E-Sport und der Gesellschaft anrichtet, da ohne Unterstützung andere Gruppen das Vakkum füllen und damit ihrer Propaganda, etwa gegen die Soziale Marktwirtschaft, Demokratie oder Europa, überlassen.
    Sich da hinter Definitionsfragen zu verstecken ist kleinlich, mutlos und kurzsichtig. Die Integration von Schach, die 50(?) Jahre zurückliegt, war nicht nur mutiger, sondern hat es dem DOSB erlaubt für immer einen Fuß in der Tür für die MindGames zu haben. Das war clever.

    • Thomas Ruscher am

      Danke, auch für deinen Kommentar, Oliver. Die Diskussion hat aber auch gezeigt, dass nicht nur die aktiven E-Sportlerinnen und E-Sportler und die Funktionäre ziemlich hitzig (zu recht!) auf viele Argumente von DOSB und aus der Sportwissenschaft reagieren. Auch die Menschen im Publikum, die E-Sport und Computerspiele an sich offenbar nicht aus erster Hand kennen, macht es fuchsteufelswild, wenn etwa “League of Legends” im selben Atemzug mit sportlichen Aktivitäten wie dem klassischen Fußball genannt wird. Und spätestens wenn über E-Sport mit Shooter-Elementen gesprochen wird und die Begriffe “Ballerspiel” und natürlich “Killerspiel” fallen, wird schon sehr deutlich, das da noch sehr viel Aufklärungsarbeit nötig ist. Da ist medial in der Vergangenheit doch sehr viel schief und falsch gelaufen.

  2. Klaus Winkler am

    Welchen Sport betreibe ich, wenn ich nackt am Strand liege? Der Deutscher Verband für Freikörperkultur ist Mitglied im Deutschen Sportbund, als „Mitglied mit besonderer Aufgabenstellung“. Mit größter Mühe verkneife ich mir die sich reichlich aufdrängenden Witze.

    Man kann ja der Meinung sein, dass das spielen von FIFA kein Sport ist. Dann darf aber das spielen von Schach auch kein Sport sein und danach habe ich bei Wikipedia gesucht. Der Deutscher Schachbund ist aber Mitglied beim Sportbund. Dann habe ich noch zum Beispiel den Deutscher Angelfischerverband, die Deutsche Billard-Union gefunden und auch „mit besonderer Aufgabenstellung“, den Kneipp-Bund.

    Ich glaube, der Deutsche Sportbund verliert dabei mehr als die E-Sportler. Es mag eine unzulässige Verallgemeinerung sein aber mit Sportfunktionären habe ohnehin so meine Probleme.

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