Digitaler Unterricht: Chaos an Schulen wäre vermeidbar gewesen

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Digitaler Unterricht: Chaos an Schulen wäre vermeidbar gewesen

Kommentare zum Artikel: 38

Schülerin oder Schüler möchte man in diesem Jahr auch nicht wirklich sein, oder? Zweifellos auch keine Lehrerin oder Lehrer – auch mit denen fühle ich mit. Aber konzentrieren wir uns auf die Schwächsten in der Kette: die Lernenden.

Denn die haben es im Corona-Jahr wirklich nicht leicht. Wieder ein “Shutdown”. Längere “Ferien”. Chaos. Wieder außergewöhnliche Lernsituationen.  Wieder Fern-Unterricht. Mit Betonung auf “wieder”. Das bedeutet: Hier wäre eine vernünftige Vorbereitung nicht nur nötig, sondern zwingend gewesen.

Sollen Kinder und Jugendliche an Schilen mit Tablets und Notebooks arbeiten?; Rechte: WDR/Schieb

Schule in Zeiten von Corona: Kinder und Jugendliche werden von der Politik sträflich vernachlässig

Lernplattformen brechen zusammen

Manche Schulen bekommen es ganz gut hin, wie man hört. Andere kaum. Viele gar nicht. Lern-Plattformen wie “Moodle” brechen unter der Last zusammen. Die einen Lehrer stellen dort Aufgaben ein, die anderen verschicken lieber per E-Mail. Chaos für die Kinder – eine Zumutung!

Es war klar, dass eine zweite “Welle” kommt. Doch wirklich gut vorbereitet ist das System Schule darauf nicht. Der Sommer wurde nicht genutzt, um “alles Nötige zu tun” (Politikerformulierung), damit sich das Chaos nicht wiederholt. Denn “alles Nötige”, das hätte bedeutet: Ein überzeugendes, gutes und umsetzbares Konzept zu entwickeln, das an allen Schulen funktioniert.

Computer statt Kreide: Wie sollte Digitalisierung an Schulen aussehen? Rechte: WDR/Schieb

Sommer wurde nicht genutzt

Doch es gibt kein Konzept. Keinen Plan. Keine Werkzeuge. Warum hat nicht jeder Schüler einen festen Account bekommen: vorname.name@schule.nrw.de zum Beispiel. Wäre das nicht generell eine gute Idee – nicht nur in Zeiten von Corona?

Es reden doch immer alle von Digitalisierung. Es gibt doch den “Digitalpaket Schule” – fünf Milliarden Euro! Wieso hat das Ministerium den Sommer verschlafen, anstatt mit Hochdruck an einem überzeugenden Konzept zu arbeiten?

Wieso müssen Eltern immer noch recherchieren, wie sie eine Lehrerin oder einen Lehrer kontaktieren können? Wieso hat nicht jede/r Lehrer/in eine verlässliche, leicht zu merkende Adresse? Siehe oben.

Wir brauchen einheitliche Standards

Warum gibt es keinen einheitlichen Klassen-Video-Chat im Land? Überall dieselbe Technologie. Dieselbe Methodik. Mit gut verständlichen, bebilderten Anleitungen für alle. So etwas ist doch auch für Nach-Pandemie-Zeiten hilfreich und nützlich, etwa, um kranke Mitschülerinnen und Mitschüler am Unterricht teilnehmen zu lassen.

Die Rechtfertigung wird lauten: “Wir hatten nicht genug Zeit!” Ich denke: Es fehlt am entschlossenen Willen. Wir können innerhalb von Tagen Dutzende Impfzentren aufbauen – aber nichts für die Schülerinnen und Schüler tun? Traurig.

Prof. Spitzer sieht Digitalisierung kritisch (Interview)

Über den Autor

Jörg Schieb ist Internetexperte und Netzkenner der ARD. Im WDR arbeitet er trimedial: für WDR Fernsehen, WDR Hörfunk und WDR.de. In seiner Sendung "Angeklickt" in der Aktuellen Stunde berichtet er seit 20 Jahren jede Woche über Netzthemen – immer mit Leidenschaft und leicht verständlich.

38 Kommentare

  1. War heute in der Schule um diverse Dinge zu erledigen. Unter anderem wollte ich am Rechner arbeiten und auch Sachen ausdrucken: leider stand kein Anmeldeserver zur Verfügung…
    Also sitze ich wieder Zuhause an meinem eigenen Gerät.
    Das macht keinen Spaß!

  2. Danke, Herr Schieb, Sie sprechen mir als Lehrer aus der Seele. An unserer Schule haben wir Lehrkräfte zwar einigermaßen logisch aufgebaute Mailadressen, man muss aber den vollständigen Namen der Lehrkraft kennen und richtig schreiben können, um sich die Adresse zu erschließen. Unsere Cloud bricht schon immer mal wieder zusammen, wenn wir nur Materialien mit Schülern in Quarantäne austauschen, die Videokonferenzfunktion ist zur Zeit wegen technischer Probleme inaktiviert. Die Rückmeldungen an die Schülerinnen und Schüler zuhause erfordern sehr viel Zeit, da hilft es auch wenig, dass es Formulare gibt, mit Hilfe derer man sich die Mehrarbeit vergüten lassen kann.
    Eine Videokonferenz zwischen dem Kurs in der Schule und Schülern in Quarantäne scheitert an der IT-Ausstattung der Schule: Die wenigen vorhandenen Whiteboards haben zwar Laptops, diese aber weder Kamera noch Mikrofon. Die vor Monaten versprochenen Lehrerendgeräte sind immer noch nicht angekommen. Und ab dem 11. Januar gehen wir alle mit an sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wieder in irgendwelche Formen von Hybrid- und Distanzunterricht.

    • “Die Rückmeldung an die Schülerinnen und Schüler zuhause benötigt sehr viel Zeit” wenn ich das höre. .. Die Lehrer sitzen doch zuhause und halten keinen Unterricht ab, ist es dann zuviel, den Schülern Rückmeldung zu geben?? Formulare für die Vergütung der Mehrarbeit??

      • Richtig. Wir haben keinen Präsenzunterricht. Das heißt aber, dass wir trotzdem jede Stunde in irgendeiner Form abdecken, vor- und nachbereiten müssen. Die Aufgaben, die ausgegeben werden sind viel aufwändiger in der Vorbereitung, da sie nicht einmal kurz besprochen werden können und auch nicht mal kurz zwischendurch eine Frage gestellt werden kann. Die Aufgabenstellungen sind deswegen oft super ausführlich, damit jeder wirklich weiß, was er genau wie und bis wann machen muss. Dazu kommt, dass man ggf. den – bei mir erwachsenen – Schülern hinterhertelefonieren (habe von der Schulwoche im Dezember immer noch nicht von allen Aufgaben) und eben doch in die Schule fahren muss, um dort Sachen auszudrucken und sie Schülern, die kein Internet bzw. kein Datenvolumen haben, zuschicken zu lassen. Außerdem muss jedes Foto, dass einem geschickt wird ausgedruckt werden, um dann den mal mehr mal weniger gut erkennbaren Text zu korrigieren. Dazu soll dann eine ausführliche Rückmeldung geschrieben werden und das ganze zurückgesendet werden – also einscannen oder ebenfalls fotografieren. Mal kurz den Schülern was erklären oder allen exemplarisch etwas an einem Beispiel zu erläutern geht nicht. Somit nimmt das ganze viel mehr Zeit in Anspruch als normaler Unterricht_und_es gehen trotzdem einige bildungstechnisch verloren…
        Und ja, auch ich habe zwei Kollegen, die es sich einfach machen, aber die sind sehr deutlich in der Minderheit.

  3. Es ist einfach nur wirklich traurig, dass so viele Mrd in die Rettung von Restaurants und sonstigen Betrieben gesteckt wird (zurecht), aber für die Schulen haben wir kein Geld.
    gehört doch auch nicht viel dazu herauszufinden, welches Kind keinen Rechner zuhause hat oder keinen einfachen Zugang zum Internet. Diese Kinder hätte man ohne Probleme unterstützen können.

  4. Ich vermisse hier eine gründliche Recherche, was das Schulministerium NRW über Sommer genau unternommen hat, um Alternativen zum Präsenzunterricht zu entwickeln.

    Zeit war genug, aber alles was man tat war untaugliche Lösungen zu präsentieren. Etwa Gelder für unnütze Luftreiniger und wenn mal eine schule etwas testen wollte, wurde dies sogar blockiert.

    Hatte man etwas Angst, dann noch klarer würde, wie sehr der Netzausbau lahmt?

  5. JohannesG am

    Hallo Herr Schieb,

    ich habe grade in der Aktuellen Stunde ihren Bericht zur Situation an Schulen gesehen, und wollte auch ein positives Beispiel beschreiben.

    Bei unserem lokalen Gymnasium wird die Software der Firma IServ verwendet. Zumindest hier hat jeder Schüler und jeder Lehrer eine “Vorname.Nachname@xyz.schule”- E-Mail Adresse,
    es gibt Video-Konferenzen, Apps, Gruppenaufgaben, Gruppen-Chats, Eigene- und Gruppen-Dateiordner etc… aus meiner Erfahrung ist das ungefähr so wie man es von einer kollaborativen Software erwartet. Die Lehrer sind motiviert und das Arbeiten ist sehr Konstruktiv.
    Natürlich ist nicht alles Perfekt (langsame Internet-Verbindung, Schulausstattung wird aktiv ausgebaut), aber die Schule hat seit Corona sehr viel geschaft.

    Zusätzlich ist die Software nicht von amerikanischen “Quasi-Monopolisten”, sondern sie wird von eine deutschen Firma auf Basis von Open-Source-Software entwickelt und betrieben, so dass auch heimische Arbeitsplätze unterstützt werden.

    Viele Grüße
    JohannesG

    • Jörg Schieb am

      Danke für diese Schilderung. Ja, es gibt positive Beispiele. Das ist dann dem Engagement einzelner Schuleb zu verdanken. ?☘️

  6. Lieber WDR,

    man kann den Lehrern keine Vorwürfe machen, da diese wenigstens versuchen das Beste heraus zu holen. Was man wieder einmal kritisieren muss ist, dass wir in diesem unserem Land durch Politiker unterwandert werden. Nach 4 Jahren ist dann Schluss mit Arbeiten, unvermittelbar für den privaten Arbeitsmarkt, da die lebenslange Rente wartet. Auf der anderen Seite kein Rückrat für Entscheidungen, d.h. mache ich etwas falsch muss ich auch dafür gerade stehen. Das traut man sich nicht zu. Mein Vorschlag wäre wie in der privaten Wirtschaft die Politiker mit Ihrem gesamten privaten Vermögen für Fehlentscheidungen und Fehlausgaben haftbar zu machen. Dann überdenkt man Vetternwirtschaft und Geldverschwendung, bevor diese entstehen. Ebenfalls keine Rentenansprüche nach 4 Jahren Arbeit, Transparenz bei den Einnahmen und damit verbundenen Interessengemeinschaften, um in keine Interessenskonflikte zu geraten. Dann könnte es funktionieren. So wie es gelaufen ist ist “scheißt gelaufen” nicht mal ansatzweise ein Beschreibung. Wenn Ihr das noch verbessern wollt vergesst es bitte und beendet bitte Eure politische Karriere!

    • Jörg Schieb am

      Ich habe den Lehrern auch keinen Vorwurf gemacht. Das Problem liegt in der Politik/in Ministerium.

  7. DerMitdenker am

    Ich sage nur GeH!Bauer, sonst bekommen wir das nicht ans Laufen – und nimm die Verhinderungsjuristen und Pädagogikverwalter gleich mit. Das Problem ist aus meiner Sicht weniger „die Politik“, sondern eher die Kombination aus unfähiger Führung und Mißmanagement einer sich am Liebsten selbst bestätigendem „Verwaltungselite“ . So lange die „Verwaltungsfürsten“ nicht verstehen, dass sie nicht nur Para-Grafen sondern auch mitreißende Mehrwertmacher sein müssen, wird sich daran nichts ändern. Gut in Erinnerung ist mir noch ein länger zurückliegendes Interview mit einem Referatsleiter im Bildungsministerium. Auf meine Frage nach dem Sinn einer unsinnigen Personalverschickung durchs ganze Land, kam (sinngemäß) die einfache Antwort.: „Weil wir darüber zu entscheiden haben.“ Ich denke, an der Gutsherrinnenart hat sich wenig geändert. Da ist die fehlbesetzende Frau wohl nur die Spitze des inkompetenten Eisbergs.

  8. Ilana Marder am

    Ich habe noch vor eine Woche hier kommentiert, dass NRW sich noch in dem mittelalterlichen Niveau befindet, was um die Digitalisierung geht.
    Es umfasst den verschiedenen Aspekten des Lebens- das Gesundheitssystem, die Stadtverwaltung und auch die Schule. Auch ohne Corona ist jetzt die höchste Zeit, um diesen blamierende Rückstand zu nachholen und unsere Gesellschaft richtig digital zu ausrüsten.

  9. Kreidefinger am

    Lieber Jörg Schieb,
    ein guter Beitrag. Ein Wink in die richtige Richtung. Aber bestimmt nicht so, wie es sich viele Schüler/-innen und Lehrer/-innen wünschen würden.
    Die öffentliche Diskussion um Schule ist politisch instrumentalisiert und verstellt die Tatsachen. Viele meinen es gut mit der Schule und fordern Verbesserungen, nicht alles davon macht es besser.
    Eine kleine Reaktion:
    Wieder „nur“ Fernunterricht? Das wäre ja schön! Hätten wir den doch bloß! Man könnte ihn wenigstens klar strukturieren!
    Was wir in NRW seit dem 14.12. haben, ist ein sogenannter Hybridunterricht, der den Namen nicht verdient – er ist weder hybrid, sondern einfach nur unstrukturiert, weil sich digitaler Raum und Präsenzunterricht in der Klasse auf sinnwidrige Weise zeitgleich abspielen sollen. Funktionieren kann dieser sogenannte Hybridunterricht nicht. Er taugt nur als Täuschungsmanöver.
    Kolleginnen und Kollegen berichten: So lässt sich die Präsenzgruppe nicht störungsfrei und effizient unterrichten, weil man nicht weiß, wie viele fehlen werden und die Vorgaben schneller kommen, als man umplanen kann. Klassenarbeiten werden plötzlich abgesagt und das führt dazu, dass Eltern ihre Kinder noch tagelang nachträglich abmelden.
    Ebensowenig lässt sich aus der Gruppe, die zuhause arbeitet, ein Team bilden, das entweder ganz unabhängig ist oder mit der Präsenzgruppe zusammenarbeitet – allein schon weil keiner über mehr als einen Tag hinaus weiß, wer in welcher Gruppe ist.
    Es trifft die Schulen, die Lehrer/-innen, die Klassen unvorbereitet, mitten im Zusammenhang des gerade laufenden Unterrichtsgeschehens. Statt planbarer Umstellung auf Teil- oder Volldistanz nur noch verplemperte Planungszeit. Obendrein fehlt vielen Schülerinnen und Schülern, die auf diesen plötzlichen Wechsel nur unzureichend vorbereitet waren, das methodische Handwerkszeug um all die vorhandenen digitalen Tools richtig und ohne Hilfe ihrer Eltern zu handhaben.
    Zu alledem die Erwartung, die Schule möge bitte für einen geregelten Tagesablauf der zuhause Lernenden sorgen – am besten natürlich zu den üblichen Schulzeiten – und dafür Sorge tragen, dass sich niemand absentiert.
    Dieses pseudo-hybride Unkonstrukt ist das Ergebnis der wochenlangen Weigerung, Schulen in einen kontrollierten WEchselbetrieb übergehen zu lassen. Eltern wurde mit dem irreführenden Begriff „Schulschließung“ Angst gemacht vor einem Lockdown 2 – nichts davon war geplant, niemand hat das ernsthaft gefordert, allenfalls könnte das nun unaufhaltsam beschleunigte Infektionsgeschehen am Ende dazu führen, dass es doch noch so kommt.
    Wechselunterricht? Ja, auch das wäre ein schwieriges Konstrukt. Nicht für jedes Alter gleich geeignet, nicht für alle Schülerinnen und Schüler, nicht für jede Schulform gleich. Es wäre kompliziert gewesen. Und doch besser als der unplanbare Unsinn, auf den man die Schulen jetzt loslässt.
    Wechselmodelle sehen vor, dass ein Teil der Schülerinnen und Schüler Aufgaben selbstständig und außerhalb der Schule bearbeitet, und dass dies nicht automatisch dieselben Aufgaben sein müssen, die die andere Gruppe bearbeitet. Wechselmodelle können auch gemischte Teams vorsehen, die einen zuhause, die anderen in Präsenz – Hausaufgabe: besprecht es zusammen im Team und stellt eure Fragen in der nächsten Stunde, in der dann ein anderer Teil des Teams im Unterricht sitzt. Das ist organisatorisch schwierig und setzt ein Höchstmaß an Planbarkeit voraus – nichts davon ist unter dem jetzt ausgebrochenen Irrsinn machbar.
    Was derzeit in den Klassen 1-7 in NRW bleibt, ist, die Schülerinnen und Schüler entweder in eine widersinnige, scheinbare Anteilnahme am Geschehen in der Klasse zu fesseln (etwa indem zuhause lernende Schülerinnen und Schüler über eine Videokonferenz das Klassengeschehen mitbekommen sollen) oder beides voneinander zu trennen, also den Unterricht doppelt zu machen – erst für die in der Schule Anwesenden, danach für die zuhause. Ersteres zerstört und überfordert die Struktur jeder planbaren Unterrichtsstunde, letzteres überfordert Lehrkräfte zeitlich, weil sie dann keine Zeit mehr haben, irgendeine dieser Stunde angemessen zu planen. Noch mehr überfordert es die noch recht jungen Schülerinnen und Schüler, die mit dem Lernen zuhause dann die gewohnte Arbeitszeitstruktur verlieren, wenn sich die Distanz-Unterrichtsstunde außerhalb der Präsenzzeiten in der Schulklasse abspielt. Teillösungen, also etwa verkürzte Stunden für die Schülerinnen und Schüler in Präsenz, beeinträchtigen bloß die Zeit und die Intensität, mit der die Lehrer/-innen mit ihren Schüler/-innen in echten Kontakt treten können.
    Lösungen, wie so etwas besser ablaufen kann? Ja, mit Klugen, von langer Hand vorbereiteten Wechselmodellen, die es auch teilweise schon gibt. Das allein hätte ein mehrwöchiges Training von Schüler/-innen und eine Umstellung der Arbeit von Lehrer/-innen erfordert. Es hätte nicht bloß eine massiv verbesserte technische Ausstattung erfordert, sondern auch die Erlaubnis, je einen Teil der Schülerinnen und Schüler zum Arbeiten nach Hause zu schicken, das Arbeiten zuhause also ebenso zu trainieren das Arbeiten in der Schule. Es hätte Zeit erfordert, um Teams zu bilden, Arbeitsgruppen, selbstverantwortliches Lernen in Einheiten planen zu können, die größer sind als Einzelstunden, verbindliche Präsenz- und Distanzzeiten, methodische Unterrichtseinheiten zur Handhabung von Medien und zum korrekten Verhalten im digitalen Raum, Beherrschung von Tastatur, Scanner und ganz nebenher noch der eigentliche fachliche Stoff. Es hätte klare Planungsvorgaben für den kontrollierten Übergang in einen Teil- oder Volldistanzbetrieb geben müssen.
    Das wäre vielleicht zu schaffen gewesen, hätte man die goldene Spätsommerzeit nicht mit überflüssigen Maskendiskussionen verplempert, von denen man im Nachhinein nur sagen kann, dass jeder generelle Verzicht auf eine klare Maskenpflicht angesichts der jetzigen Zahlen unverantwortliche Beliebigkeit war.
    Es hätte dazu auch Hilfen und entsprechende, zielgenauer Fortbildung aus der Hand des dafür verantwortlichen Ministeriums geben müssen, nicht nur spärlich kleckernde und obendrein oft schon überholte Hinweise auf die dreizehnte Lern-App. Die „Handreichung zur lernförderlichen Verknüpfung von Präsenz- und Distanzunterricht“ tat nichts weiter als das zusammenzufassen, was sich jeder aufmerksame, den Schülerinnen und Schülern zugewandte Kollege, jede findige, digital affine Kollegin (oder Vice versa) im Lockdown 1 selbst oder im Kreis der Kolleginnen und Kollegen aneignen konnte. Eine Entscheidung darüber wann wie welche Einschränkung des zunächst angeordneten Präsenzunterrichts zu machen wäre, fehlte darin, ebenso wie in den oft wortreichen, aber inhaltlich oft wenig klaren, dafür aber nicht selten sehr überraschenden Schulmails des Ministeriums. Die systematischste und umfassendste Fortbildungsinitiative zu digitalen Unterrichtsmedien ging bezeichnenderweise von der Firma Apple aus und dürfte mehr Kolleginnen und Kollegen erreicht haben als die chronisch unterbesetzte staatliche Fortbildung es je können wird.
    Nun der zweite „Fernunterricht“ – aber wieder schön beliebig. Wieviel Infektionsschutz darf es denn sein? Sie dürfen Ihr Kind natürlich zur Schule schicken. Planbarkeit für Schulen? Also für den Unterricht, den Ihre Kinder bekommen? Peanuts! Mit beliebiger Abmeldung auf Wunsch der Eltern, ach, das wird sich schon machen lassen. Anfangs doch Klassenarbeiten, nach der Bund-Länder-Konferenz plötzlich keine mehr.
    Entsprechend irrsinnig sah die Entwicklung der Anwesenheit der Schüler/-innen an meiner Schule aus: In meiner fünften Klasse waren es am Montag noch 25 Schülerinnen und Schüler, am Dienstag 23, morgen werden es 16 sein – wenn sich nicht doch noch einer mehr abmeldet. Und wieso jetzt noch der Unterrichtsausfall an den zwei Tagen bis zum ursprünglichen Ferienbeginn? Sind nicht sowieso alle zuhause? Nein? Ach, da war ja noch was: Klausuren werden am 21. und 22. nämlich doch noch geschrieben! Lehrer/-innen und Schulleitungen, aber auch Schülerinnen und Schüler sind also noch in den Schulen. War da nicht was von wegen Selbstisolation vor Weihnachten? Fernunterricht – ach, das wäre ein Fortschritt gemessen an diesen Zuständen.

    Das ganze riecht nach Kopflosigkeit und lässt überhaupt kein Szenario zu, in dem sich auch nur irgendein geordneter Unterricht abbilden ließe, geschweige denn Fernunterricht. Und wie geht es nach den Ferien weiter? Weiß keiner. Mag sein, dass der Ministerpräsident nicht mehr als vier Wochen im Voraus planen möchte – na, wenn er multiple Szenarien mit zwei oder drei verschiedenen möglichen Entwicklungen nicht planen kann oder will, dann sollte er zumindest nicht Lehrer werden. So etwas lernen Referendarinnen und Referendare.

    Nun ist ja hybrider Unterricht eigentlich gar keine falsche Idee. Das setzt aber voraus, dass man den Hybridunterricht nicht etwa als häusliche Betreuung über Videokonferenzen ansieht, sondern als etwas, das gerade nicht zeitlich synchron laufen soll, dann bekommt es Hand und Fuß. Freilich, man erreicht gerade das nicht das Ziel, besorgten Eltern einreden zu können, dass ihre Kinder ja von der Schule von jetzt auf gleich zu üblichen Zeiten fernversorgt würden, während eine beliebig große Teilgruppe gleichzeitig andächtig von der Tafel abschreibt.
    Was man im Hybridunterricht erreichen kann, und was den Aufwand wirklich wert ist, das zeigen fortschrittliche Didaktiker und Praktiker wie Philippe Wampfler aus der Schweiz oder Tim Kantereit aus Bremen. Das funktioniert aber nicht in einem unplanbaren Chaos wie es jetzt in diesem Bundesland besteht. Um ernsthaft hybrid unterrichten zu können, darf man nicht zulassen, dass eine unvorhersehbare Anzahl von Schülerinnen und Schülern von ihren Eltern in die Schule geschickt bzw. daheim behalten wird.
    Kein Team verträgt es, wenn die Teilnahme der Mitglieder und die jeweiligen Arbeitsumfelder und -Bedingungen sich täglich wandeln und kein Teamleiter kann damit arbeiten – erst recht nicht, wenn dieser Teamleiter den Auftrag hat, seinen Teammitgliedern das Arbeiten erst noch beizubringen. Ein hybrider Unterricht, wie er in den nicht einmal neuen Konzepten des flipped classroom oder blended learning vorkommt, benötigt klare Teambildung, klaren Wechsel zwischen selbstverantwortlichen Phasen der Erarbeitung und Phasen des gemeinsamen Austauschs, klare Zuordnung von Aufgaben, Medien und Zusammenarbeit.
    Keine Bildungspolitik der Welt kann erwarten, dass sich Teams von 30 Leuten einfach mal von Tag zu Tag umstrukturieren lassen, ohne dass die Ergebnisse darunter leiden – noch dazu, wenn das Ergebnis in 6, 8 oder 10 verschiedenen Fächern erzielt werden soll, bei verschiedenen Lehrern und mit jeweils verschiedenen Medien, Arbeitsmitteln und Methoden. Bitte, welches Team in einem Unternehmen (von der Größe einer normalen Realschulklasse) käme ohne klare interne Strukturen aus, auf die sich die Leitung des Teams zumindest für 6-8 Wochen stützen kann, ohne dass der CEO alles von Freitag auf Montag umschmeißt?

    All das geht nicht bei der Kurzatmigkeit dieser Bildungspolitik in NRW. Schon im Sommer gelang es dem Ministerium nur wenige Tage vor Wiederbeginn der Schulen, also erst im August, Vorgaben für den Unterricht nach den Ferien zu veröffentlichen, also ganze zwei Tage, bevor an den ersten Schulen schon die Lehrerkonferenzen zusammentraten, um das ganze Schuljahr zu planen. Ein Plan für ein eventuell wieder verschärftes Infektionsgeschehen – Fehlanzeige. Klare Richtung zu den Hygieneregeln in der Schule – Fehlanzeige. Hygienekonzept, das allen Schülerinnen und Schülern Abstand ermöglicht hätte – Fehlanzeige. Die längst fällige Verkleinerung der viel zu großen Schulklassen – Fehlanzeige.
    Was ebenfalls fehlte, war ein klares Konzept und eine Testphase für die Nutzung digitaler Werkzeuge im Unterricht – egal von welchem Ort aus. Schon die Diskussion über mögliche Alternativen zur strikten Präsenz wurde mit Totschlag-Argumenten im Keim erstickt. Dabei der Zynismus, ausgerechnet den Anspruch der Kinder auf Bildung als Grund vorzuschieben – als habe jemand verlangt, den Kindern auch nur eine Stunde Unterricht vorzuenthalten.
    Präsenz, Präsenz, Präsenz wurde verordnet, auch als die Infektionszahlen schon wieder steil anstiegen, anstatt Schulen und Kommunen die Gelegenheit zu verschaffen, kontrollierte und planbare Wechsel- und Mischsysteme auf ihre technische Machbarkeit und ihren didaktischen Sinn hin zu überprüfen. Jedes, wirklich jedes Wechselmodell hätte schon in dieser Phase zu weniger Kontakten von Schülerinnen und Schülern sowie Lehrerinnen und Lehrern in der Schule geführt, hätte zur Dämpfung des Infektionsgeschehens nach den Herbstferien beigetragen.

    Freilich: Konzepte werden derzeit allseits angepriesen. Manch einer wünscht sich verständlicherweise ein einziges, klares Konzept für alle Schulen. Aber so einfach ist es nicht. Gewiss, klare Konzepte fehlten ganz und gar. Aber das Versäumnis dieses ersten Halbjahres besteht nicht darin, kein einzelnes Konzept für alle gefunden zu haben, sondern darin nur auf ein einziges gesetzt zu haben, nämlich auf den Präsenzunterricht solange wie möglich.
    Das ist symptomatisch für die Flachheit der Diskussion, die durch derlei platte Parolenpolitik gefördert wird. Ein einheitliches Konzept? Einheitsunterricht digital für Grundschulen, Gymnasien, Weiterbildungskollegs und Förderschulen? Jede dieser Schulformen hätte vermutlich jedes „eine“ Konzept für unzureichend empfunden. Und das zu Recht: Kinder, die das Lesen und Schreiben erst noch lernen, benötigen andere Unterstützung, mehr Präsenz von Erwachsenen, als es Schüler/-innen an einem Berufskolleg brauchen. Eine Lernplattform, die am Gymnasium die LK-Schüler fast schon zu Studentinnen und Studenten macht, mag für sich beanspruchen, selbstständiges Lernen zu fördern – Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Förderschulen wird das nicht helfen.
    Was das Land getan hat, war nur, die Komplexität der möglichen Szenarien einseitig und auf fahrlässige Art und Weise auf den Präsenzunterricht hin festzulegen und ansonsten den Frühstücksdirektor zu spielen bei den Konzepten und Strukturen, mit denen die Schulen unter rasch wechselnden Corona-Bedingungen zu arbeiten haben würden. So hatten die Schulen, Lehrer/-innen und ihre Ausbilder, aber auch Schulbuchverlage und schulische IT-Dienstleister weitgehend selbst zu enträtseln, was denn unter einem nicht absehbaren Infektionsgeschehen die beste Reaktion sein würde.

    Moodle bricht zusammen: Entschuldigung, nein. Moodle ist eine Software. Die kann nicht zusammenbrechen. Was erneut zusammengebrochen ist, sind die vielen regionalen und kommunalen IT-Dienstleister, die an den Schulen eine nicht immer dankbare und mühselige, weil chronisch unterfinanzierte Dienstleistung zu erbringen haben. Ihre Produkte und Dienste haben z. T. jahrelang tadellos funktioniert. Wo immer an einer Schule ein WLAN halbwegs gut läuft, steckt vermutlich dasselbe Unternehmen dahinter, das auch die Moodle-Instanz der jeweiligen Schule hostet – NetCologne, Regio-IT und andere von diesem Format. Sie sind schlicht dem geballten Irrsinn eines Lockdown übers Wochenende zum zweiten Mal nicht gewachsen gewesen. Dafür können sie herzlich wenig. Auch Moodle, das derzeit einzig weltweit anerkannte und per se erst einmal kostenlose, weil freie Lernmanagement-System, ist nicht Schuld am Zusammenbruch. Auch das viel gescholtene LOGINEO NRW basiert darauf, und es ist vielleicht der einzige Lichtblick in der ansonsten finsteren Bilanz des Corona-Bildungs-Krisenmanagements dieses Bundeslandes.

    Ebenso knapp, aber doch daneben ist auch die Forderung nach dem landesweiten Video-Chat. Den gibt es nämlich schon, und zwar gleich mehrfach. Moodle & Co beheimaten ihn, und auch das LOGINEO-LMS wird immerhin durch einen Messenger ergänzt, dessen Qualität zwar umstritten ist, aber zumindest schon mal einen Schritt in die richtige Richtung geht. Der Irrtum hinter der Forderung nach einheitlichen Regeln und Tools besteht darin, dass die Videokonferenz oft weniger die Lösung des Problems ist als die Ursache. Zahlreiche Technik-Abstürze und sinnlos verpuffte Unterrichtszeit gehen auf den Irrglauben zurück, man müsse nur einen Videokonferenzraum anknipsen, alle Schülerinnen und Schüler schnell einladen und schon geht‘s los mit dem digitalen Unterricht. Mal ehrlich: Wer hat, trotz hoher Motivation und Angst um den Arbeitsplatz wirklich Bock darauf, einer Videokonferenz zuzuschauen, in der der Präsentator nicht nur schlecht zu hören ist, sondern gleichzeitig auch noch eine Präsenzgruppe unterrichten muss, in einem akustisch katastrophalen Setting, mit 30 Leuten in der Klasse, zu wenig Zeit schon im klassischen Tafelunterricht, um allen davon auch nur annäherungsweise in einer Stunde gerecht zu werden. Mal abgesehen davon, dass bis auf den heutigen Tag noch fast jede/-r Lehrer/-in dafür ein oder mehrere private Geräte verwenden muss, die sich für die Wiedergabe eines Unterrichtsgeschehens ohne Weiteres kaum eignen? Und selbst wenn man alle Schülerinnen und Schüler im Distanzunterricht versammelt, so wie derzeit in der Klasse 8 und aufwärts: Wenn ich 20 Minuten vorher noch eine 5. Klasse unterrichte, habe ich nicht Zeit genug, mein stabiles heimisches WLAN aufzusuchen (privat bezahlt…), um von dort aus dann den Leistungskurs zu unterrichten. Das mache ich dann vom schulischen WLAN aus und kann froh sein, wenn es funktioniert.
    Die Videokonferenz schafft auch didaktische und kommunikative Herausforderungen, die der Präsenzunterricht eben durch Präsenzpflicht löst: Niemand kann den Schüler oder die Schülerin dazu verpflichten, sich im Bild zu zeigen. VK-Szenarien setzen auch im Distanzunterricht eine enorme Vor- und Nachbereitung voraus – (auch) durch die Schülerinnen und Schüler. Mit der Videokonferenz allein ist es nicht getan. Keine Zweitklässlerin, die die Lehrerin doof findet und zuhause einfach nicht Schule spielen will, wird sich gegen ihren Willen von Mama oder Papa dazu bringen lassen, einer anstrengenden 45-Minuten-Videokonferenz zu folgen, ohne dass Papa oder Mama am Ende doch die Aufsicht führen. Digitales Lernen findet anders statt. Lass uns aufhören über Videokonferenzen zu reden. Reden wir über: digitale Moderationskarten, kollaboratives Schreiben, geteilte digitale Whiteboards, mehr landesweit verfügbare und für Unterrichtszwecke lizensierte Film- und Audiomaterialien, Tutorials zum Erstellen eigener Videos und Podcasts, digitale Schulhefte, auf denen die Kleinen, die noch keine Tastatur beherrschen, schnell und leicht einen Text erstellen und ihn der Lehrerin und dem Lehrer schicken können. Das gibt es alles mehr oder weniger schon. Der blödsinnige Trugschluss mit den Videokonferenzen ist der, dass die Schule vermeintlich die Aufgabe hat, die Kinder von Papas und Mamas Homeoffice weg in die Videokonferenz zu holen – der blödsinnige Trugschluss, dass Schule immer nur eine synchrone Veranstaltung innerhalb von 45- oder 60-Minuten-Rastern zu sein hat, der blödsinnige Trugschluss, dass ein abgefilmter Lehrer dieselbe Wirkung auf das Lernen hat wie einer, der mal eben zum Schüler gehen und ihm direkt ins Heft schauen und ihm helfen kann. Digital lernen muss ganz anders gehen und geht auch ganz anders als in Videokonferenzen, auch wenn man auf die nicht ganz verzichten kann und will.

    • Selten habe ich einen Kommentar so interessiert und mit so viel Zustimmung gelesen wie diesen hier und meine, er sollte als offener Brief an die zuständigen Verantwortlichen (m/w/d) gesandt werden. Hut ab!

  10. “Warum gibt es keinen einheitlichen Klassen-Video-Chat im Land? Überall dieselbe Technologie. Dieselbe Methodik. Mit gut verständlichen, bebilderten Anleitungen für alle.”
    Wie wär’s mit dem “mexikanischen Weg”? Ich meine, wenn sogar so ein armes Land das “gebacken” bekommt, dann sollte das für eine führende Industrienation mit zig TV/Radio-Sendern doch eigentlich ein Kinderspiel sein!?
    [Quelle: 03.08.20, 19:03 dpa-AFX:]
    “Schule in Corona-Zeiten: Mexiko kündigt Unterricht per TV an
    Schüler in Mexiko sollen im kommenden Schuljahr per Fernsehen und Radio unterrichtet werden. Eine entsprechende Vereinbarung der Regierung mit vier privaten Sendergruppen wurde am Montag in der täglichen Pressekonferenz von Staatspräsident Andrés Manuel López Obrador in Mexiko-Stadt unterschrieben. Für die rund 30 Millionen Schüler des Landes sei es wegen der Coronavirus-Pandemie nicht sicher, zu Beginn des neuen Schuljahres ab dem 24. August in die Klassenzimmer zurückzukehren, sagte Bildungsminister Esteban Moctezuma. Das nordamerikanische Land hat weltweit die drittmeisten Todesfälle nach einer Covid-19-Erkrankung registriert. In Mexiko haben nach offiziellen Angaben nur 56,4 Prozent der Haushalte Zugang zum Internet, 44,3 Prozent verfügen über einen Computer. Trotz der Armut, in der viele Mexikaner leben, hätten aber 95 Prozent der Haushalte einen Fernseher, sagte Moctezuma. Die Schüler sollen ihm zufolge durch 4550 Sendungen im Fernsehen und 640 im Radio – auch in 20 indigenen Sprachen – Unterricht für alle Stufen erhalten. Die Inhalte würden von der Regierung abgesegnet. Der Unterricht sei verpflichtend, es werde auch Prüfungen geben. Schulbücher sollen kostenlos verteilt werden. Nähere Informationen zu den Formaten der geplanten Sendungen gab es zunächst nicht.”.

  11. Sogar die nach den Sommerferien (sic!) versprochenen Lehrerrechner sind bis heute noch nicht bei uns angekommen. Nicht jede Kollegin oder Kollege hat wie ich zu Hause 2 Rechner mit Internetzugang und noch 2 Laptops zur Verfügung. Selbst das haben sie nicht hinbekommen!

    • Wir haben gestern endlich die versprochenen Laptops für die Lehrer bekommen. Eigentlich ein schönes „Weihnachtsgeschenk“ in der Realität aber dann doch nicht so toll wie gedacht. Die Laptops sind nicht eingerichtet, man muss private Mailadressen verwenden, da es keine von der Schule gibt, ob es Lizenzen für Programme wie Word etc. oder Virenprogramme gibt, ist noch unklar. Ganz zu schweigen von Tools, die für das Lernen auf Distanz nutzbar wären. Auch sind auf den Laptops, da ja Neuware, keine verschlüsselten Partitionen eingerichtet, auf denen man sicher sensible Schülerdaten verwalten könnte. Fraglich ist auch, wie die weitere Pflege der Geräte vonstattengehen wird. Klar ist nur, dass die Kollegen erst einmal selbst mit den Geräten klarkommen müssen, egal welche Vorkenntnisse sie bereits haben. Ich bin gespannt wie das klappt und ob wir vielleicht doch noch Unterstützung von irgendwoher bekommen – sowohl in technischen Fragen als auch in Fragen der Schulung des Personals… Schön wäre es zumindest.

  12. Wir haben immer noch kein W-Lan an der Schule. Der IT-Dienstleister hat es ein halbes Jahr nicht geschafft aufzulaufen und den einzigen Lehrer-PC im Lehrerzimmer zu reparieren. Nachdem alle möglichen Zuständigen kontaktiert waren und immer noch nichts passierte, hat der Kollege seinen Handwerkskoffer mitgebracht und sich selbst darum gekümmert.
    Wir sind auf IPads als Tablets – wenn wir sie denn irgendwann einmal bekommen – festgelegt, da nur diese vom IT-Dienstleister supportet werden.
    Die Schüleraccounts sind zu Beginn des Halbjahrs oft nicht auf dem aktuellen Stand.
    Es gibt in der Schule keine Ausstattung um Video-Unterricht zu machen.
    Um entsprechende Ausstattungen zu bekommen muss man ewig begründen, wieso man das haben möchte und wie man das im Unterricht einsetzen will; den Punkt finde ich besonders albern, da ich keine Ahnung habe, wie ich z.B. ein Tablet im Unterricht einsetzen kann, wenn ich keins habe, um Dinge auszuprobieren. Die ganze Antragsstellung zieht sich, durch den ganzen Papierkram (indem jetzt hypothetische Dinge stehen), ewig hin.
    Ich habe die letzten Tage ein paar Stunden damit verbracht E-Mail-Adressen zusammenzutragen und Mail-Listen bei meinem privaten Mail-Anbieter zu erstellen…
    Wir haben zwar beschlossen, dass wir Logineo beantragen, aber es dauert, bis das dann endlich nutzbar ist.
    Über die Ausstattung/Fähigkeiten der Schüler müssen wir gar nicht sprechen…
    Bin frustriert.

  13. Home Office sehe ich grundsätzlich sehr kritisch. Da sollte man nichts übereilen egal ob Schule oder Beruf. Passend dazu haben falsche Microsoft-Mitarbeiter heute mal wieder versucht mich am Telefon zuzumüllen und der ganze Anrufspeicher war voll mit zweifelhaften Nummern. Ich glaube, da ist mal wieder eine Warnung sinnvoll und zwar besonders für Leute außerhalb von Digistalistan.
    Da werfe ich einfach mal einen Vorschlag in den Raum ohne Anspruch auf einzig beste Lösung aller Probleme:
    Betriebssystem von CD laden mit wenigen Funktionen ohne Verbindung zur eigenen Festplatte und das Geschehen spielt sich auf einem zentralen Server ab, der dann hoffentlich professionell gesichert ist. Das braucht natürlich reichlich Entwicklungszeit und halbwegs brauchbare Geschwindigkeit im Internet, also eher etwas für die nächste Pandemie.
    In Standard Textverarbeitung oder Tabellenkalkulation können die Makros schon zu viel Unheil anrichten und auch sonst kann alles Mögliche auf den privaten Rechnern installiert sein was später für Kopfschmerzen sorgt.
    @Carsten Mohr, Linux ist vom Grundaufbau sicherer und wenn viel mit Microsoft-Krempel funktioniert dann gilt das auch für Eindringlinge; in meinem Vorschlag soll auch sonst nichts weiter funktionieren.

    • Carsten Mohr am

      Ich wollte Linux nicht diskreditieren. Mir ist Linux gut bekannt, AIX ist/war auch sicher und andere Unix-Systeme auch, ich kenne sie nicht alle, aber ich habe einige administriert. Aber die auf diesen Plattformen betreibbare Software ist dann doch oft unbekannt und nicht mit der Windows/Mac-Welt vergleichbar.
      Sehr interessant die Ausführung von ” Kreidefinger am 17.12.2020 0:30 “, dass das System nicht das vordringliche Problem ist, sondern grundsätzlich der nicht erlernte Umgang mit dem digitalen Lernen als solches und dem Willen zur generellen Vereinheitlichung des Lernens.

  14. Digitalisierter am

    Den Kommentar von “Werner” finde ich ein wenig unterhaltsam und erfahrungsgemäß (leider) praxisfern.

    Ich unterrichte an einem Berufskolleg in NRW. Auf dem Papier sind wir vergleichsweise gut ausgestattet, zumindest was die Hardwareausstattung angeht. Wir verfügen – anders als der Kollege Bischof, leider nicht über MS365 + Teams, sondern nutzen die (vereinfachend gesagt) vom Land gehostete Lernplattform Moodle. Das System an sich wirkt zwar schon recht altbacken, wäre aber grundsätzlich tauglich.
    Leider bricht der betroffene Server seit Montag konsequent zusammen.

    DAS ist das Ergebnis des von Werner geforderten “staatlichen Systems”. Ich will damit wirklich nicht sagen, dass ein FUNKTIONIERENDES staatlich gehostetes System nicht die entschieden bessere Wahl wäre, ich stelle aber fest, dass die Ausfallsicherheit jener Systeme leider ungleich viel schlechter ist, als bspw. Google.

    In den letzten Jahren habe ich mein Material immer per Googledrive zur Verfügung gestellt. Mit Linkfreigabe brauchen SuS hierfür keine Accounts. Das ganze ist dann zwar “nur” ne Datenablage, aber immerhin!

    Dann kam Moodle und funktionierte im letzten Jahr zumindest halbwegs stabil, so dass ich – auch im Sinne des Datenschutzens – mein Material dort eingearbeitet hab. Das bedeutet aber auch, dass ich die vorhandenen Plugins ausführlich genutzt habe (man hat da wirklich gute Möglichkeiten die WEIT über “ich lad mal n PDF hoch” hinaus gehen.
    Das genau wird mir seit Montag zum Verhängnis: Ein Fallback gibt es leider kaum. Ich habe am Montagabend den ganzen (sorry: scheiß) wieder auf PDFs umgebaut um jetzt wieder an dem gleichen Punkt zu sein, wie vor 3 Jahren:
    Einfach PDFs und andere Dateien in Googledrive hochladen und den Schülern Links geben….

    JA es ist irgendwie Werbung, aber ganz ehrlich: Wenn ich sonst keine Vernünftigen Möglichkeiten habe, dann stelle ich den Datenschutz gegenüber der Möglichkeit meine Schüler überhaupt zu erreichen und zu beschulen gern temporär (!!!) zurück!

    Dies gilt vor allem auch für Videokonferenzsoftware: Selbige ist ebenfalls in der Lernplattform integriert und damit genausowenig nutzbar, womit wieder ein Fallback auf Zoom, Jitsi und Konsorten erzwungen wird… Bei mir ist’s jetzt Discord geworden….

    Alles in Allem: Irgendwie unbefriedigend trotz bester Absichten… aber naja: Es ist und bleibt einfach eine Ausnahmesituation

  15. Wenn man sich überlegt das die jungen Kinder nun teils an Firmen wie Microsoft oder Apple gebunden werden, grauenhaft. Eigentlich gilt in Schulen ja ein Werbeverbot. Wie kann der Staat das verantworten? Die Lösung: ein staatliches System welches das regelt. Warum ist das nicht umsetzbar??

    • Nun, bestimmte Produkte im Unterricht einzusetzen ist keine Werbung. Dann dürfte es auch keinen Cornelsen Verlag geben. keine Siemens Projektoren, keine Kreise von XYZ.

      • Es macht denke ich schon einen Unterschied ob ein Buchverlag Material liefert oder ein Konzern die Kinder in seine “App-Welt” einbindet bzw. die Geräte liefert welche die Zukunft der Geschäftswelt bestimmen. (Apple-Geräte z.B.) wenn jetzt alle Kinder ein Ipad in der Schule haben, was werden die heutigen Kinder wohl später für ein Gerät haben wollen? bzw. wenn sie nur dieses Betriebssystem kennen lernen, mit welchem wollen diese Arbeiten?

        das gleiche gilt für MS Teams. die leute sind dann so an dieses Produkt gewöhnt das ein Wechsel schwer fällt. Der Mensch ist halt faul und ein gewohnheitstier.

        • Stefan Bischof am

          Der Einfluss der Schulbuchverlage darauf, was und wie unterrichtet wird, ist sehr viel größer als der der Softwarefirmen. Im Prinzip geben erstere mit ihren Lehrwerken Inhalte und Struktur von Unterricht vor, da Lehrer gar nicht die Zeit haben, eigenes Material zu entwerfen.

    • Lehrer Lämpel am

      Weil “der Staat” dazu einfach nicht in der Lage oder besser gesagt nicht willens ist. Wie kann man glauben, dass irgendwelche Amateure in der deutschen Verwaltung Systeme aufsetzen können, die z.B. MS Teams das Wasser reichen können???? Völlige Hybris!!! Und deshalb verwenden wir an der Schule seit März 20 MS Teams von Microsoft und alle Beteiligten sind happy. Und kommen Sie mir nicht mit Moodle…sorry ich kann diesen verkappten Antiamerikanismus nicht mehr ertragen.

      • Carsten Mohr am

        Sehe ich auch so! Albern, immer zu glauben, da stecke der Teufel hinter. Linux und co. sind, mit Verlaub, keine wirkliche Lösung. Manches ist vielleicht brauchbar, aber wenn es funktionieren soll, kommt man an den großen nicht vorbei.

        • Tino Wildenhain am

          Kommt man schon. Nur braucht es so oder so endlich Konzepte. Da helfen auch die Anbieter nicht weiter. Die Schulbuchverlage haben auch keine Ahnung. Deren Digitaleinsatz wirkt auch sehr hilflos – klar, schaffen sie sich doch damit direkt Konkurrenz.

          Digitales – oder besser digital unterstütztes Lernen ist wirklich keine Hexerei. Andere Länder können das doch offensichtlich auch.

  16. Carsten Mohr am

    Ich finde das ebenfalls sehr traurig. Zwar gackern im Nachhinein die Hühner, aber die Digitalisierung an den Schulen hätte schon längst gelebte Realität sein können. An Universitäten geht vieles, was an Schulen vermeintlich nicht gehen soll. Flipped Classroom wäre auch ein Stichwort. Nicht für alle Themen und jede Jahrgangsstufe geeignet, aber man darf sich davon abgucken. Hier ist aber leider der Lehrer alleine gefragt und mit allen Problemen alleine gelassen. Das kann ein Lehrkörper nicht leisten – und sollte Aufgabe der Länder oder besser des Bundes sein. Dort konzentriert man Fachleute, arbeitet Konzepte aus, erprobt sie und paßt sie an die Realität an. Kann das alles denn so sehr schwierig sein? Es geht um nicht weniger als die Bildung unseres wertvollsten Kapitals, unserer Kinder. Denn wie es vorgemacht wird verfahren sie später weiter. Projekte, die nicht abgeschlossen werden. Ziele aus den Augen verlieren. An der Überkomplexität der gestellten Aufgabe scheitern und innerlich aufgeben.
    Wie gesagt, traurig. Die Schüler können nichts dafür, die bekommen “nur” irgendwann die Quittung. Und damit zementiert man das gesellschaftliche Klassenmodel, ohne jetzt Links zu denken.

    • Tino Wildenhain am

      Der Bund darf nicht und das MSB hat sehr klar gesagt, dass sie es nicht wollen. Da hilft es auch nichts, dass es seit 2018 große Summen qua Digitalpakt gäbe, wenn man sie nicht beantragen kann oder von Seiten des Ministeriums sinnvoll zur Digitalisierung einsetzt. Und zwar für Inhalte, nicht nur für Ausstattung.

  17. Stefan Bischof am

    Hallo Herr Schieb,
    als Lehrer an einem Berufskolleg in NRW, das technisch ganz gut aufgestellt ist, stimme ich Ihnen voll zu. Wir unterrichten in Distanz mit MS365, und es läuft ganz annehmbar.

    Kennen Sie das Twitterlehrerzimmer? Da finden Diskussionen zwischen den Leuten statt, die sich die Digitalisierung auf die Fahnen geschrieben haben. #twitterlehrerzimmer

    @LZumbansen, @davidtepasse und @mediendidaktik_ bringen gute Beiträge.

    Viele Grüße,
    Stefan Bischof

    • Tino Wildenhain am

      Wie läuft das denn genau? Bisher sehe ich nur den Computer als Digitales Faxgerät im Einsatz. Also altbackene Arbeitsblätter (gern schief) eingescannt.

      Es kann auch nicht alles nur Video sein. Video entspricht ja dem Frontalunterricht, von dem man sich ja aus gutem Grund schon lange entfernt hat.

      • Lehrer Lämpel am

        Ich Unterrichte 5-Klässler per MS Teams. Alle haben ein einheitlich verwaltetes iPad. Die Möglichkeiten sind fast endlos…. Ich unterrichte über ein Laptop mit externem Monitor und verwende mein iPad als Whiteboard, das ich freigeben kann. Mein iPhone funktioniert bestens als Dokumentenkamera, die ich ebenfalls freigeben kann. Aufgaben können über Teams gestellt werden, am iPad bearbeitet und zurückgegeben werden. Ich gebe die korrigierten Aufgaben zurück. Alles innerhalb von MS Teams, Schüler gestalten innerhalb von Teams eine PowerPoint, können zeitgleich an Dokumenten arbeiten, besprechen sich in Breakouträumen, präsentieren…Video, Audio, Links können eingebunden werden. Schüler machen mit dem iPad ein Foto und stellen es ein….grenzenlos. Mit Moodle und Co. bin ich durch und konzentriere mich auf das Wesentliche: die Kinder

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