E-Ausleihe: Bibliotheken müssen digitaler werden

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E-Ausleihe: Bibliotheken müssen digitaler werden

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Die Bibliothek von Alexandria ist legendär. Im 3. Jahrhunderts vor Christus entstanden, vereinte sie bis zu ihrer Zerstörung jahrhundertelang die wichtigsten Schriften der Gelehrten unter einem Dach. Ein Weltwunder, ein Sinnbild für Bildung – bis heute.

Aber damals gab es auch noch kein Amazon. Heute wäre es kaum möglich, eine solche Bibliothek aufzubauen.

Bibliothek; Rechte: WDR/Schieb

Geringe Auswahl: E-Books lassen sich in wenigen Bibliotheken ausleihen

Digitale Werke anders behandelt als gedruckte Werke

Eine steile These, zugegeben. Aber tatsächlich werden Schriften und Bücher heute oft – teilweise ausschließlich – digital veröffentlicht. Das scheint ungemein praktisch, vor allem für eine Bibliothek. Denn E-Books verbrauchen weniger Stauraum und sollten sich auch leichter katalogisieren und pflegen lassen.

Es gibt allerdings ein erhebliches Problem: Während Bibliotheken problemlos physische Bücher kaufen und verleihen dürfen, ist das bei E-Books und digitalen Publikationen anders. Hier sind Bibliotheken auf die freiwillige Zustimmung von Verlagen angewiesen, die für Bibliotheken mitunter horrende Gebühren vorsehen. Und hier kommt Amazon ins Spiel: Der Gigakonzern verkauft nicht nur Bücher und E-Books, sondern verlegt selbst immer mehr Titel (vor allem E-Books).

Die moderne Bibliothek: Auch E-Books verleihen; Rechte. WDR/Schieb

Die moderne Bibliothek: Auch E-Books verleihen

Amazon verhindert Volksbildung

Laut Washington Post verhindert der Konzern in den USA, dass Bibliotheken E-Books und/oder Hörbücher prominenter Autoren ausleihen dürfen.

Bei uns ins Deutschland ist es leider auch nicht viel besser. Der Bundesrat kritisiert [PDF], dass die Bundesregierung es versäumt hat, eine praktikable Lösung für das Problem zu erarbeiten. Es müssen neue und vor allem verlässliche Regeln im Urheberrecht her, damit Bibliotheken in der Lage sind, digitale Werke zu verleihen.

Denn die Realität ist traurig: Insbesondere populäre Titel sind auch bei uns oft in Lizenzvereinbarungen ausgeschlossen. Oder die Bibliotheken müssen die Rechte zeitlich befristet einkaufen – nach Ablauf der Frist sind alle E-Books wieder futsch.

Das ist natürlich kein Zustand. Denn vor allem all jene Bevölkerungsschichten, die auf Stadtbibliotheken angewiesen sind, leiden unter der Gier von Verlagen und vor allem Amazon. Gerade jetzt – in Zeiten der Pandemie – wäre es sinnvoll und nützlich, wenn sich Schüler und Studenten legal online mit Publikationen versorgen könnten. Kostengünstig oder kostenlos.

Mal wieder nicht so digital

Die Verlage machen Druck. Sie behaupten, die Möglichkeit zur öffentlichen Ausleihe (E-Lending) verhindere Bestseller. Was natürlich Unsinn ist. Es hat schon immer Bibliotheken gegeben – und Bestseller. Und es ist am Ende natürlich auch eine Frage der Ausgestaltung – und der Höhe der Lizenzzahlungen.

Bildung – ein Thema, das ständig unter den Tisch fällt. Und wieder gilt leider: Die Regierung redet ständig von Digitalisierung, bringt aber kaum etwas auf den Weg.

https://vimeo.com/156265846

So funktionieren E-Books

Über den Autor

Jörg Schieb ist Internetexperte und Netzkenner der ARD. Im WDR arbeitet er trimedial: für WDR Fernsehen, WDR Hörfunk und WDR.de. In seiner Sendung "Angeklickt" in der Aktuellen Stunde berichtet er seit 20 Jahren jede Woche über Netzthemen – immer mit Leidenschaft und leicht verständlich.

5 Kommentare

  1. Ich halte den Digitalen Wandel für gefährlich, da wir abhängig werden von Dingen, die die meisten von uns gar nicht mehr verstehen. Stichworte Sonnensturm, Stromausfall, Online-Banking, Wissen digital gespeichert, etc. Geht da was kaputt, gibt es Chaos, weltweit.

    • Abhängigkeiten beinhalten Risiken keine Frage.
      Den digitalen Wandel an sich sehe ich aber als alternativlos, will Deutschland in der Welt weiterhin bestehen.
      Oder nein es gibt eine Alternative, die Amish z.B. leben diese vor. Doch will man das? Ist es überhaupt möglich für ein so dicht besiedeltes Land.
      Oder noch konsequenter Gedacht, wie hilflos wäre man gegenüber anderen Staaten, die in einer zunehmend nationalistischen Welt, mehr und mehr nur auf die eigenen Vorteile schauen.
      Also doch alternativlos ?

      • Hurra! Heute ist “Welt-Backup-Tag”! Nur eine der vielen, zeifelhaften Errungenschaften der “alternativlosen”? Digitalgesellschaft. Angehörige, z.B., der Amish, der Amazonasindianer oder der tibetischen Mönche würden sich schwer tun, den Sinn dieses Gedenktages überhaupt zu erfassen … und ich wette, dass sie trotzdem glücklicher leben (und sterben), als jede/r fremdbestimmt Digitalgetriebene auf ständiger Updatesuche nach neuen Konsum- und Selbstoptimierungsquellen sowie der quadratisch-praktisch-guten Selbstdarstellung in den narzistischen Netzwerken.
        “will Deutschland in der Welt weiterhin bestehen” und “in einer zunehmend nationalistischen Welt” widerspricht sich übrigens, wenn man es zu Ende denkt. Ist aber eh bald hinfällig, weil sämtliche Filetstücke “Made in Germany”, ohnehin alsbald in ausländischer Hand sind. Totalausverkauf! Auch egal: bei 10 Milliarden Welt(über)bevölkerung kollabiert dieser Planet – im digitalen “Wohlstand”?, nach vollzogenem Klimawandel!
        Hurra! Heute ist “Welt-Backup-Tag”! ;)

  2. DasHeimnetzwerkDe am

    1. Inwiefern tritt Amazon als Verleger auf ? Ist es evtl. mehrheitlich selfpublishing ? Wenn ja, dann könnten die etablierten Verlage ebenfalls hier aktiver werden und das Feld nicht Amazon überlassen.
    2. Im Internet gibt es durchaus respektable kostenlose Bildungsangebote. Bibliotheken haben sich hier, teilweise, überlebt. Interessant dabei, viele scheinen solche Angebote oft gar nicht zu schätzen zu wissen.
    Am Ende ist es also die Gemengelage aus Geschäftsinteressen (Verlage), gebundenen Händen (Bibliotheken), nicht wirklicher Priorität bei digitalem (Politik) aber auch eine fehlende Wertschätzung der Gesellschaft bezüglich Bildung die zu solchen Situationen führen.
    P.S.: Kleine Annektode, ich hatte mal mein eigenes Buch der lokalen Bibliothek als Spende angeboten. Es wurde aufgenommen, aber wirklich willkommen gefühlt habe ich mich nicht.

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