Gefährden Google, Facebook und Co. die Demokratie?

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Gefährden Google, Facebook und Co. die Demokratie?

Kommentare zum Artikel: 8

Es ist wie Magie: Wir geben einen Suchbegriff ein – und Google präsentiert Fundstellen im Netz, die erstaunlich gut passen. Oder wir fragen einen Assistenten wie Siri oder Alexa und bekommen Ergebnisse vorgelesen. Soziale Netzwerke verbandeln alte und neue Freunde – und verteilen Nachrichten unter ihnen. Wir können überall unsere Meinung sagen und Fotos wie Videos sehen, die andere gemacht haben. Wunderbar, oder?

Regieren per Twitter: US-Präsident nuttz das Netzwerk intensiv; Rechte: WDR/Schieb

Regieren per Twitter: US-Präsident nutzt das Netzwerk intensiv

Schaden oder Nutzen für die Gesellschaft?

Weil die großen Onlinedienste so praktisch, so allgegenwärtig und mittlerweile so unverzichtbar sind – oder zu sein scheinen, das reicht ja schon -, machen wir uns kaum Gedanken, welche Wirkung das alles hat. Wie das funktioniert. Ob uns das als Gesellschaft eher nützt oder eher schadet. Deshalb ist es klasse, dass der Initiativkreis öffentlich-rechtlicher Rundfunk zu einem Symposium aufgerufen und die Frage gestellt hat: Bedrohen Facebook, Google und Co. unsere Demokratie?

Es wurden interessante Positionen und kluge Gedanken dazu ausgetauscht. Ein Vorteil, wenn auf einem Podium Menschen sind, die sich mit dem Thema auskennen und sich Gedanken gemacht haben – und es nicht, wie leider so häufig im Netz, nur darum geht, den anderen zu “dissen”. Denn das ist ein üblicher Reflex im Netz: Hat jemand eine andere Meinung oder Gedanken, die nicht gefallen, hat er oder sie schlichtweg keine Ahnung. Ist gestört. Fremdgelenkt. Schon wird er oder sie geteert und gefedert. Das kennen wir alle.

Auf der Bühne gibt es so etwas zum Glück eher selten. Damit sind wir schon bei einem sehr wichtigen Punkt: Viele glauben, das Internet an sich wäre automatisch gut, weil nun jeder sagen kann, was er denkt und fühlt und meint – Demokratie. Nicht mehr nur die Großen und Mächtigen. In der Tat ist dieser Gedanke charmant: Die Mehrheit ist nicht groß und mächtig und bekommt so also mehr Möglichkeiten geschenkt. Natürlich ist das charmant und reizvoll.

Kompetentes Panel diskutiert die wichtige Frage; Rechte: WDR/Schieb

Kompetentes Panel diskutiert wichtige Fragen

“Eine Gefährdung für die Demokratie”?

Aber führt das zu mehr Demokratie? Ist das gut für uns? Prof. Dr. Armin Grunwald – als Technik-Philosoph einer der Experten im Panel – sagt klar: Nein. Klipp und klar: “Facebook ist eine Gefährdung für die Demokratie.”

Weil sie unsere Kommunikationsgewohnheiten auf eine Weise verändern, die für die Demokratie nicht gut ist. Demokratie braucht eine offene, eine lebendige, eine wahrheitssuchende Öffentlichkeit. Das wird schwieriger. Und Demokratie braucht Meinungen, die frei entstehen können. Stattdessen sorgen diese Konzerne dafür, dass wir immer vorgefertigte Meinungen bekommen, Manipulation. Dass wir weniger frei entscheiden können, als es ohne diese Firmen der Fall war.

Das ganze – aus meiner Sicht sehr interessante Gespräch – findet Ihr im Video.

Das Problem scheint überdeutlich: Eben dass Konzerne wie Facebook oder Google tief in unsere Meinungsbildung eingreifen, bestimmen, was wir sehen – aber ganz eigene Vorstellungen haben, was richtig und wichtig ist. Ihnen geht es um Optimierung des Umsatz – nicht darum, die Demokratie zu fördern. Das kann nur die Politik ändern. Entschlossen. In Europa.

https://vimeo.com/376374636

Das komplette Interview mit Prof. Dr. Grundwald

Über den Autor

Jörg Schieb ist Internetexperte und Netzkenner der ARD. Im WDR arbeitet er trimedial: für WDR Fernsehen, WDR Hörfunk und WDR.de. In seiner Sendung "Angeklickt" in der Aktuellen Stunde berichtet er seit 20 Jahren jede Woche über Netzthemen – immer mit Leidenschaft und leicht verständlich.

8 Kommentare

  1. Wie meinte Roger McNamee, der bei Facebook und früher ein Freund Zuckerbergs war:
    “Facebook hat zusammen mit Google und Twitter die freie Presse untergraben. Auf Facebook sehen Informationen und Desinformationen gleich aus; der einzige Unterschied besteht darin, dass Desinformationen mehr Einnahmen generieren, so dass sie von Facebook eine bessere Behandlung erhalten. “

  2. DollyToll am

    @Ralf: Adolf Hitler hat seine Filterblase verlassen; nach dem 1. Weltkrieg arbeitete er in der Propagandaabteilung der USPD …

    Ist das hier Meinung oder Propaganda für die AFD und Höcke?

    @Ralf: Ob Buchdruck oder Internetforum, missbrauchen kann man aber jede Kommunikationsplattform

    Fragt sich nur, wer dann bestimmt, was ‘wahr’ ist?, Gelle!

    Was sagt denn der Medienstaatsvertrag dazu? Der ÖR als Steigbügelhalter des ‘System-Wechsels’?

    Herr Schieb, es ist doch klar, dass die Oxford-Studie in der Time-Line erscheint! Das selbe haben ‘wir’ doch bei Glyphosat und den fragwürdigen Studien! Und da ist es doch auch noch so, das es ‘Verbandelungen’ von BASf und dem BfR auf Vorstandsebene gibt!

    Die eigentlichen Entscheidungen werden doch im Hinterzimmern oder von Ideologen der AFD getroffen! Dem Volk spielt man etwas vor, damit die auch “etwas zu meckern” haben und meinen es sei ‘frei’.

    Siehe Kanzlerin: Erst großspurige Bildchen mit Eisbären und dann der Dieselskandal = staatlich verordneter Betrug am Wähler! Jetzt besetzt sie geschickt wieder das Thema mit der Jugendlichen und kassiert somit wieder die Meinungshohheit ein!

    Algos entziehen sich der menschlichen Realität und der sukzessiven Beurteilung für die vielfältige Meinungsbildung der Menschen!

    Daher sind sie Teufelszeug!

  3. Facebook is out of control and politicians have no idea what to do … McNamee reached out to the company and was unsatisfied with the response. … his explanation of the conditions that enabled Facebook and other companies to threaten the economy, democracy, and public health.

  4. Natürlich gefährden diese amerikanischen Konzerne unsere Demokratie. Wer von diesen Firmen lebt, wie es viele Online Marketer tun, der kennt das Problem. Demokratie gibts hier gar nicht. Es wird einem diktiert, was man darf und was nicht.
    Aber wir leben eben nun mal alle davon, deswegen beschwert sich auch keiner.
    Schade eigentlich :-)

  5. OFF_LEINER am

    Ich bin erleichtert, daß das Problem hier endlich einmal sozusagen “offziell” aufgegriffen wird.
    So lange ICH das hier geschrieben und dazu aufgerufen habe, die asozialen Netzwerke zu verlassen und am besten das Smartphone gleich mit wegzuschmeißen, kam mit (un-)schöner Regelmäßigkeit ein gewisser Dennis Horn daher und löschte meine (für ihn) unbequemen Kommentare als angemaßter und anmaßender Zensor selbstherrlich weg.
    Der obige – ein weiteres Mal: ausgezeichnete, Herr Schieb ! – Artikel sollten Herrn Horn zu der Einsicht bringen, daß vielleicht doch nicht er, sondern die digitalkritischen Menschen recht haben – aber VIEL Hoffnung habe ich da, ehrlich gesagt, nicht….
    (Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt!)

  6. Da kann man eine Menge hinzufügen:
    Mit gleichen Recht könnte man behaupten, der Buchdruck gefährdet die Demokratie. Ohne Buchdruck kann man seine 95 Thesen nur an eine einzige Kirchentür nageln. Mit dem Buchdruck konnte man die komplette Bibel in deutscher Sprache weit verbreiten, was dem Mainstream zu der Zeit bestimmt nicht gepasst hat. Vor einiger Zeit war der Mainstream eine gleichgeschaltete Presse, zu der die Flugblätter der Geschwister Scholl nun überhaupt nicht gepasst haben.
    Meinungsbildung ist immer ein Problem und auch die Filterblasen, wenn man nur Zeitungen der eigenen Richtungen kaufte oder zu Vorträgen einer Richtung ging. Adolf Hitler hat seine Filterblase verlassen; nach dem 1. Weltkrieg arbeitete er in der Propagandaabteilung der USPD, wie man bei Wikipedia nachlesen kann. Das ist jetzt aber als Beispiel oder Vorbild eher suboptimal, zeigt aber das man auch immer die Möglichkeit hatte seine Filterblase zu verlassen.
    Facebook, Google und Co. sind nicht mehr oder weniger Filterblasen als öffentlich rechtliche Medien und es ist förderlich für die Demokratie, wenn die öffentlich rechtlichen immer mehr an Deutungshoheit verlieren. Als Linker stört mich weitgehend einseitige Darstellung von Erfolgen der Agenda 2010 auf der Grundlage gefakter offiziellen Arbeitslosenstatistiken. Als Rechter stört mich die weitgehend einseitige Darstellung von Migranten als Flüchtlinge. Als Demokrat stört mich die teils krasse Manipulation durch öffentlich rechtlichen Haltungsjournalismus.
    Wegen privater Werbe-Spionage erlaube ich US-Unternehmen keine Scripte und blocke meinen Browser so gut wie möglich gegen Facebook, Google und Co ab. Ob Buchdruck oder Internetforum, missbrauchen kann man aber jede Kommunikationsplattform.

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