Klimagipfel: Wir müssen umdenken – auch bei Smartphones

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Klimagipfel: Wir müssen umdenken – auch bei Smartphones

Kommentare zum Artikel: 14

Seit Anfang der Woche wird in Glasgow über Klimaziele diskutiert – und über die nötigen Maßnahmen gestritten. In Wahrheit müssen wir uns wohl so ziemlich alle Bereiche unseres Lebens und vor allem unseres Konsums anschauen. Dazu gehören zweifellos auch die digitalen Lifestyle-Produkte. Allen voran das Smartphone.

Denn das Smartphone ist alles andere als klimaneutral. Allein die Produktion eines Smartphones verursacht im Schnitt(!) 54 Kilogramm CO2-Äquivalent.

Aktuell werden weltweit jährlich rund 1,4 Milliarden Smartphones gekauft – und noch mehr hergestellt. Europäer nutzen ihre Geräte durchschnittlich 26 Monate lang.

Wir müssen mehr recyceln – fachkundig

Es macht einen erheblichen Unterschied, wie häufig wir unser Modell gegen ein Neues austauschen – und was wir denn mit dem “alten” Modell machen. In der Schublade liegen lassen ist die denkbar schlechteste Alternative. Denn dann lagern wertvolle Rohstoffe in einer dunklen Ecke.

Leider machen das die meisten Menschen so. Lediglich 15 bis 20 Prozent der Geräte gehen ins Recycling. Der Rest lagert irgendwo oder wird entsorgt.

Das ist katastrophal, denn in einem Punkt sind sich alle einig: Die wertvollen Rohstoffe sollten idealerweise in einen vollständigen Wertstoff-Kreislauf gelangen.

Das wird natürlich nicht von heute auf morgen gelingen. Aber wir müssen loslegen.

Das Fairphone ist modular aufgebaut und lässt sich leicht reparieren; Rechte: WDR/Schieb

Das Fairphone ist modular aufgebaut und lässt sich leicht reparieren

Fairphone gilt als Musterschüler

Eine Art Musterschüler in dieser Hinsicht ist Fairphone. Der kleine Smartphone-Hersteller aus den Niederlanden hat sich von Anfang an zum Ziel gesetzt, möglichst nachhaltige Geräte zu bauen. Die verwendeten Rohstoffe sollten idealerweise aus fairen Quellen kommen. Also fair bezahlte Mitarbeiter und möglichst umweltschonende Gewinnung der Ressourcen.

Wichtig aber auch: ein perfekter Recycling-Vorgang. Das kann heute noch nicht zuverlässig gelingen, sollte und muss aber das Ziel sein.

Das neue Fairphone 4, das seit einigen Tagen auf dem Markt ist, versucht, diese Ansprüche so gut es eben geht zu erfüllen. Für jedes neu verkaufte Geräte will der Hersteller ein Altgerät (auch anderer Hersteller) recyceln oder wieder aufbereiten. Außerdem lassen sich die Geräte mühelos von jedem selbst reparieren. Denn das Fairphone 4 ist modular aufgebaut. Das ist es kinderleicht, einzelne Komponenten auszutauschen. Es gibt Ersatzteile – garantiert für wenigstens fünf Jahre.

Daisy kann 200 iPhones pro Stunde zerlegen; Rechte: WDR/Schieb

Daisy kann 200 iPhones pro Stunde zerlegen

Wenn Roboter alte Geräte zerlegen

Das ist bislang einzigartig in der Branche. Doch die EU-Kommission will genau so etwas in Zukunft vorschreiben: Elektrogeräte müssen fünf Jahre repariert werden können, es muss Updates geben, und die Hersteller müssen recyceln.

Ein anderer Hersteller, der bei dem Thema erkennbar investiert, ist Apple. Das Unternehmen verzichtet zunehmend auf Plastik, nimmt Altergeräte zurück, möbelt sie wieder auf, wenn das geht, und recycelt sie, wenn es nicht geht. Viele Rohstoffe der neuesten iPhones stammen zu großen Teilen aus dem Recycling. Und mit “Daisy” hat Apple einen Roboter, der vollautomatisch 200 Geräte pro Stunde zerlegen kann.

Das sind schöne Beispiele. Es braucht dringend einen Wettbewerb um die besten Ideen in Sachen Nachhaltigkeit – nicht immer eine noch bessere Kamera, die am Ende sowieso längst nicht alle nutzen können.

Das Fairphone4 versucht, vieles richtig zu machen

Über den Autor

Jörg Schieb ist Internetexperte und Netzkenner der ARD. Im WDR arbeitet er trimedial: für WDR Fernsehen, WDR Hörfunk und WDR.de. In seiner Sendung "Angeklickt" in der Aktuellen Stunde berichtet er seit 20 Jahren jede Woche über Netzthemen – immer mit Leidenschaft und leicht verständlich.

14 Kommentare

  1. Vielen lieben Dank für diesen großartigen und informativen Artikel! Ich freue mich auch zukünftig weitere Artikel von euch zu Lesen.
    Grüße Daniel

  2. Meinen Windows-PC kann ich auf- und umrüsten. Mehr RAM, andere Grafikkarte, größere/schnellere HD, bei Laptops Akkutausch etc. Geht alles bei Apple nicht. Von daher halte ich Apple für die Umwelt deutlich schlechter als andere Hersteller …

    • Das wird auch immer fraglicher. Ich hatte neulich ein “HP Stream” in den Fingern: eine Platine, alles aufgelötet, bis aufs WLAN-Modul und den Akku (nach ca. 12 Schrauben und Gewalt beim Aufhebeln) ist gar nichts zugänglich oder austauschbar. Ein Wegwerfprodukt.
      Okay, man kann Windows 10 drauf laden (x86 – klar). Man kann’s auch noch leidlich benutzen (mit viel Geduld – aber davon brauchte man auch im Neuzustand schon etwas). Jedoch haben die Äpfel da eindeutig mehr Reserven, so dass man eine Aufrüstung unter Umständen nicht mal braucht (na gut, vielleicht mal etwas RAM – was übrigens meistens geht, genau wie eine SSD; es ist halt nur nicht billig).
      Nicht falsch verstehen, ich als Bastler kaufe mir auch keine Macs, aber dafür muss ich eben _öfters_ mal in Hardware investieren (typischerweise: Kauf, Aufrüstung, nochmalige Aufrüstung, Tausch) statt 1x richtig dick zu zahlen. Nur, _ich_ habe auch keine Arbeitskosten zu entrichten! Für den Normalo-User ist das allerdings nicht immer der richtige Weg, und der entsorgt dann auch noch recht gute Geräte, weil sich die Investition (für ihn) nicht mehr lohnt.
      Also so pauschal kann man da nicht gegen Apple wettern.
      Höchstens, dass nach Ende der Unterstützung seitens des OS auch mit Basteleien nicht mehr viel zu holen ist (ich hatte versucht, iPads 3 und 4 zu verkaufen – aber mehr als die Hälfte der Apps geht einfach nicht mehr) und ein massiver Wertverfall einsetzt. Aber bis dahin hat man einige Jahre investitionsarmen Nutzwert.

  3. Carsten Mohr am

    Ich glaube, das sind mit den Smartphones rund 75 Mio. Tonnen Co2. Der Schell Konzern verursacht laut einem Bericht Ihres Redaktionsnetzwerkes 1/10 des gesamten CO2-Ausstoßes in DEUTSCHLAND.. Also, was sind da. bei 750 Mio. Tonnen die 75 Mios. für Handys? Jetzt bin ich kein großer Freund dieser Apparate, aber wo ist die Verhältnismäßigkeit? Setzen wir das Skalpell nicht an der falschen Stelle an? Im Übrigen, Shell hat in Deutschland nur 3.000 Beschäftigte. Zahlt denen das Geld weiter und die Handys gibt es CO2-mäßig für lau.

    • Ich kann keine Zeile finden, in der gefordert wird, Handys abzuschaffen. Und es ist meiner Ansicht nach ein Fehler, immer nur dahin zu schauen, wo noch mehr CO2 “verballert” wird – und dann irgendetwas für belanglos zu halten.

      Es geht vor allem um eine Verlängerung des Lebenszyklus und um einen optimalen Wertstoffkreislauf. Das ist mehr als “nur” CO2-Ausstoß zu verringern. Das ist Umweltschutz im besten Sinne und sollte auf jeden Fall Ziel sein. Ich habe zwei Hersteller genannt, die auf dem richtigen Weg sind.

  4. “wir müssen umdenken / wir müssen loslegen”. Sorry, Herr Schieb, die Ressourcenschonung hätten wir schon spätestens! mit der ersten Öl(preis)krise 1973 angehen müssen. Da kam das Thema nicht nur in Deutschland erstmalig prominent ins Gespräch. Jetzt, in 20-30 Jahren errreichen zu wollen, was man mindestens 50 Jahre lang mehr oder weniger (des vorgeblichen “Wohlstandes” wegen) hat schleifen lassen, ist mehr utopisch, denn optimistisch, geschweige erreichbar. Stattdessen, wie es schon unten jemand beschrieb, vielerorts reine Feigenblattsymbolik von Firmen/Typen, die sich als grüne Weltenretter präsentieren und feiern lassen. Wie z.B. ein Musk, mit “seiner” sauberen Elektromobilität (im brandenburgischen Wasserschutzgebiet), die er aber selbst ad absurdum führt, indem er (wie auch Bezos, Branson, Boeing & Co.) Raketenstarts -so ziemlich das klima- und atmosphärenschädlichste Einzelereignis aus Menschenhand- durchführt; neben der geplanten Flutung des Weltalls mit Kommunikationssatelliten (und dem damit verbundenen Schrottaufkommen), u.a. auch für besonders wohlstandsverwöhnte Weltraumtouristen, die nicht wissen, wie und wo sie ihre Knete noch loswerden sollen.
    Nee, Herr Schieb, dieses tragische Spiel haben wir, ganz nüchtern betrachtet, schon längst verloren:
    Habgier + Klimachaos + Ressourcenplünderung + Überbevölkerung = Ende Gelände!
    Und Hand auf’s Herz: haben Sie Ihr iPhone denn schon gegen ein Faires eingetauscht? Bitte a l l e n gründlichst den Kopf waschen, aber bitte macht m i c h dabei bloß nicht nass! ;)

    • Zum Wasserbrauch in Brandenburg empfehle ich mal, nachzusehen, wieviel Wasser der Braunkohleabbau in der Region verbraucht, wo dort das Wasser bleibt, was im Vergleich dazu Tesla mit dem Wasser macht. Da findet man schnell heraus, wie absurd dieses Argument ist.

      Ihren Fatalismus teile ich im übrigen nicht. Er ist auch nicht angebracht. Selbst wenn wir es nicht mehr schaffen unter den 1,5° zu bleiben, hilft jedes Zehntelgrad vermiedene Erhöhung, um die Kosten zu senken, die wir aufbringen müssen, um uns an die Klimaerhitzung anzupassen.

      Das teuerste, was wir machen können, ist nichts tun. Und wie teuer das wird, werden wir noch zu unseren Lebzeiten merken, nicht erst die kommenden Generationen.

      Es scheint eine typisch deutsche Eigenschaft zu sein, mit grossem Ehrgeiz Gründe zu finden, warum etwas nicht geht.

      • Umso absurder ist es doch, dann ausgerechnet auch noch in einem ausgewiesenen Trinkwasser s c h u t z gebiet, in einer ohnehin schon duch den Tage- und Stahlbau gebeutelten Region, eine Gigafactory zu errichten! Sie scheinen unvollständig informiert zu sein; ich empfehle z.B. zur Lektüre: „Kontaminierung des Grundwassers nicht ausgeschlossen”, Handelsblatt, 14. Oktober.
        Und die “typisch deutsche” Eigenschaft scheint mir mehr zu sein, zu meinen über allen Dingen zu stehen und zu glauben, dass man die ganze Welt mir deutschem Wesen (und Geld) zum Genesen bringen könnte – blicken Sie dazu mal in den letzten bzw. noch aktuellen Koalitionsvertrag; nicht nur zur Klimathematik.
        Im übrigen ist es anmaßend, dass eine Spezies, die nachweisbar gerade mal, vergleichsweise, 300 000 junge Jahre auf der Erde verweilt (und diesen und sich dabei, sonst bräuchten wir wohl keinen Glasgow-Gipfel, immer mehr kaputt macht) glaubt, einen geschätzt 4,4 Milliarden Jahre alten Planeten ihr Eigen zu nennen. Es gab mal einen großen Fisch, Megalodon genannt, der lt. Wissenschaft vor rd. 3 Millionen Jahren plötzlich ausstarb, nachdem er rd. 18 Millionen Jahre lang der Herrscher der Ozeane war und sogar mehrere Klimawandel unbeschadet überlebte. Und wir glauben allen Ernstes, dass könnte uns nicht passieren; nur, weil wir Smartphones bauen und auf dem Mond landen können!? Diese arrogante (auch “typisch deutsche”) Überheblichkeit ist es, die wirklich absurd ist. Unsere Nachfolgespezies macht es hoffentlich besser … ;)

  5. Ich bin beileibe kein Fan von Apple, doch in Bezug von kontinuierlicher Bereitstellung von SW-Updates für Ihre Produkte steht Apple sehr gut da.

    Die Android Konkurrenz bietet durch die Bank erheblich weniger.

    Der Druck scheint aber gewirkt zu haben und für diesen Artikel interessant. Mit dem Pixel 6 garantiert Google jetzt 5 Jahre lang Sicherheitsupdates. Ferner werden die Google Geräte naturgemäß zuerst mit Updates versorgt. Bei der Konkurrenz dauert das manchmal ein wenig. Für Android Updates evtl sogar Jahre.

    Jetzt muss nur noch der Kunde mitmachen ein entsprechend lang unterstütztes Smartphone kaufen und es dann auch 5, 6 oder 7 Jahre verwenden.

    • Carsten Mohr am

      Apple läßt in China produzieren. Wenn wir kein Apple kaufen würden, würde, unterstellt man kaufte Produkte aus anderer Länder produziert, China deutlich weniger CO2 produzieren. Und würden wir gänzlich auf manches verzichten, gar ganz a) CO2 einsparen und b) Produktivität zu Gunsten der Einkommensverbesserung vermeiden. Denn mehr Einkommen wird gleichgesetzt mit entweder Sparen (Geldanlage) oder mehr Konsum (CO2 fördernd). Manchmal ist wirklich weniger mehr.

  6. Also ich sehe kein Problem wenn wertvolle Rohstoffe in der Schublade lagern. Diese Rohstoffe werden dann ja vielleicht so wertvoll das man mir Geld dafuer gibt wenn man eines Tages keine Rente bekommt. :-)

    Olaf

  7. Wer wirklich ernsthaft Richtung Öko-Radikale tendiert und nicht nur heuchelt oder als Lifestyle zur Schau trägt, der hat kein Lifestye-Produkt wie ein Smartphone. Wenn überhaupt steht dann da zu Hause nur ein langsam getakteter Computer ohne Grafikkarte der ein paar Minuten am Tag läuft und zum Gaming sind die Brettspiele griffbereit. Das ist wie ein SUV mit 6 statt mit 8 Zylindern, mit dem man seine Kinder durch die halbe Republik zur FFF-Demo am Freitag fährt.
    Lassen wir das Framing weg, dann sind Lebensdauer und Wiederverwertung trotzdem Themen an denen man viel verbessern kann und auch sollte, da kann ich zustimmen. Bei mir halten Computer ziemlich genau 6 bis 7 Jahre. Einmal habe ich ein neues Netzteil einbauen lassen aber damit lief der Computer nur knapp ein Jahr länger, hat also nicht viel gebracht. Eine EU-Vorschrift, nach der Elektrogeräte 5 Jahre lang reparierbar sein müssen, hätte nach meinen persönlichen Erfahrungen nichts geändert.
    Egal was man von Apple hält, ein Roboter der Altgeräte zerlegt klingt zunächst nach einem guten Denkansatz; irgendwie flüstert mir aber mein 6. Sinn aber etwas von Feigenblatt zu.

    • Die 6-7 Jahre (als Haupt-PC) gehe ich mit, danach werden die bei mir meistens “weitervererbt” und das, was am Schluss dann außer Dienst geht, hat sich das Recycling meistens auch wirklich verdient.
       
      Seit den Smartphones hat sich die Nutzungsdauer der Geräte in der Familie übrigens massiv erhöht, 4 Jahre sollten mittlerweile gut drin sein. Allerdings fallen die dann meistens wegen der gesunkenen Arbeitsgeschwindigkeit raus, nicht wegen einem Defekt. Und selbst wenn: bei einem 120€-Gerät repariert nach 3 Jahren keiner mehr ein Display, sondern das wird ersetzt. Vor allem, weil die EU ja nur die Reparierbarkeit vorschreiben will (was bei den Unternehmen mehr Entwicklungs-, Fertigungs- und Lagerhaltungskosten verursacht, die mit Sicherheit an den Käufer weitergegeben werden – beim Kauf, den Teilekosten, oder beidem!), aber nicht deren Wirtschaftlichkeit.
      Den Weg, den Google jetzt mit den längeren Updategarantien beschreitet, finde ich dagegen wesentlich sinnvoller, denn das verteuert die Geräte nicht merklich (siehe Android One auf den Einstiegs-Nokias).
       
      Die Frage ist jetzt aber: wie kriegen wir die Mobilfunkanbieter dazu, das mit den Vertragslaufzeiten und den vergünstigten Endgeräten neu zu überdenken? Denn genau da gehört angesetzt – ich kenne etliche, die sich hier alle 2 Jahre nur deswegen ein Neuteil besorgen, weil sie ja sonst Geld verschenken würden, und nicht weil sie’s brauchen/unbedingt wollen (diejenigen, die das Vorgängermodell der Frau weitervererben, jetzt mal ausgenommen – so kommen wir ja auch auf 4 Jahre Nutzungsdauer, was okay ist). Gerade im geschäftlichen Bereich ist das viel zu oft der Fall (obwohl’s auch Rahmenverträge ohne vergünstigtes Endgerät gibt!).

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