Macht Joe Biden die Netzpolitik europäischer?

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Macht Joe Biden die Netzpolitik europäischer?

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Was hat Joe Biden mit dem Internet vor? Gut zwei Wochen ist der neue Präsident in den USA jetzt im Amt, und noch immer ist die Antwort auf diese Frage nicht einfach.

Biden hat zwar schon deutliche Worte gefunden – über Facebook (“Ich war nie ein Fan”), Mark Zuckerberg (“Er ist ein echtes Problem”) und die Gesetzesvorschrift, die Social-Media-Plattformen von einer Verantwortung für die Inhalte befreit (“Sollte abgeschafft werden”). In der Netzpolitik gilt er aber eher als unbeschriebenes Blatt.

Ein bundesweites Datenschutzgesetz für die USA

Vermutlich wird es auch weniger die klassische Netzpolitik, sondern eher der Verbraucherschutz sein, um den es Joe Biden in seiner Präsidentschaft gehen wird. Was politische Beobachter dabei vor allem erwarten, klingt schon fast europäisch: ein bundesweites Datenschutzgesetz für die USA – was ein Novum wäre.

Seit Jahren versuchen Datenschützerinnen und Politiker vergeblich, ein solches Gesetz zu schaffen. ARD-Korrespondent Marcus Schuler sagt in der neuen Ausgabe unseres Podcasts COSMO TECH: Jetzt, wo die Demokraten zwei Jahren lang die Mehrheit in beiden Parlamentskammern der USA besitzen, könnte der Moment gekommen sein.

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Was hat Joe Biden mit dem Internet vor? – COSMO TECH

Ein Vorbild für dieses Datenschutzgesetz könnte Kalifornien sein. Der Bundesstaat, in dem die großen Internetkonzerne ihren Sitz haben, hat vor etwas mehr als einem Jahr ein Datenschutzgesetz auf den Weg gebracht, das den 40 Millionen Menschen dort zum ersten Mal ein Recht an ihren eigenen Daten einräumt – inspiriert wiederum von der europäischen Datenschutzgrundverordnung.

Wirkt der Druck aus der Europäischen Union?

Gleichzeitig wird die Diskussion um Paragraf 230 im Telekommunikationsgesetz der USA so laut geführt wie nie – also die Diskussion darüber, welche Verantwortung die Internetkonzerne für die Inhalte haben, die Nutzerinnen und Nutzer auf ihren Plattformen veröffentlichen. “Plattformprivileg” nennt sich das in Deutschland, und auch diese Diskussion ist eine bisher eher europäische.

Was in den USA passiert, klingt nach Datenschutzgrundverordnung, klingt nach Digital Services Act, klingt nach Europa. Das zeigt, welchen Einfluss die Europäische Union auch auf die Heimat der Internetkonzerne hat. So sehr Joe Biden betont, dass er die Konzerne auch vor Druck von außen schützen möchte – und zu diesem “Außen” dürfte auch die EU gehören: Es sieht aus, als hätte dieser Druck auch seine Wirkung.

Über den Autor

Dennis Horn, offline geboren 1981 in Köln, arbeitet als Digitalexperte in der ARD. Für Tagesschau und Morgenmagazin ordnet er die Entwicklungen in der digitalen Welt ein - und in Digitalistan bloggt er seit vielen Jahren darüber.

3 Kommentare

  1. Die USA haben bei Freiheit und Geschäft eine andere Mentalität, was sich auch in der Einstellung zu Datenschutz und Zensur widerspiegelt. Eine Menge ist dort erlaubt was hier verboten ist. Zustimmung, die „europäische Diskussion“ wird auch unter Biden nur begrenzt Berücksichtigung finden. Zuerst will man Geschäfte machen und einige Zugeständnisse sind zu erwarten. Da werden aber nationale Vorstellungen aus anderen Ländern schnell an Grenzen stoßen. Das gilt nicht nur für Vorstellungen europäischer Länder sondern auch für China, für die Türkei und natürlich auch für andere noch extremeren islam-fundamentalistischen Staaten.
    Neue europäischen Plattformen nach europäischen Vorstellungen hätten größere Chancen, wenn sich zum Beispiel schon mal die europäischen öffentlich-rechtlichen Medien zurückziehen würden. Wenn aber unter fast jeder Seite die Batterie von US-Unternehmen klebt, kann man das vergessen.

    • Ein über 70jähriger, stockkonservativer Wirrkopf, wurde durch einen fast 80jährigen ,nicht besonders vital wirkenden, Ultralinksdemokraten ersetzt. Ich bezweifele, dass der noch etwas bewegt bzw. bewegen kann. Wenn überhaupt, dann die erheblich jüngere Frau Harris (die Quasi-Präsidentin), aber die hat sich andere Prioritäten gesetzt (BLM, Migration, Rechtsextremismus, Waffenrecht etc.).
      Nichts, außer wohlwollenden Versprechen und ganz vielen diplomatic handshakes, wird sich in den paar Jahren unter Biden groß verändern: z.B. besetzt Frau Nuland (“F**k the EU!”/2014) auch unter Biden wieder einen hohen, diplomatischen Posten.
      Es gilt auch für Biden/Harris, wie seit jeher, den US-Weltmachtstatus zu verteidigen – mit allen Mitteln. Vgl. auch die historische TTIP-Farce; da blieb die EU zwar augenscheinlich im Spiel, aber nur als prall aufgepumpter Ball, nicht als vollwertiger Mitspieler. Ergo: Die USA lassen sich von niemandem Vorschriften machen; bestenfalls kleine(re) Zugeständnisse, die dem Gesamtgefüge nicht wirklich weh tun. Zudem (wenn nicht sogar zuvorderst) spielt der dominierende Status in der NATO, den USA jegliche Joker in die Hand. Diese EU (mit all ihren internen Grabenkämpfen – Brexit, Rechtsstaatlichkeitsklauseln, Türkei usw.) braucht m.E. eher noch Jahrzehnte, bis sie sich überhaupt auf US-Augenhöhe bewegen kann bzw. von denen vollwertig akzeptiert wird (s.o., das Nuland-Zitat).
      Aber visionäre Träume, über eine rosarote Netzwelt und -politik nach (stets uneigennützigem) EU-“Vorbild”, sind natürlich immer gestattet und herzlich willkommen. ;-)

      • Die EU ist gegenüber dem Staatengebilde U.S. of A. zwar noch in den Kinderschuhen, aber so einig wie die da drüben sind wir uns allemal. Was bei uns bürokratisch-gründlich-langsam läuft, wird bei denen durchgeboxt und nach 4 Jahren wieder rückabgewickelt.
        Immerhin stimmt jetzt wieder mal die Richtung, und auch wenn die Ziele vielleicht eher versanden als bei dem Komiker vorher, ist mir das allemal lieber, als wenn’s rasant rückwärts in die Wildwestzeit geht. (Reicht, wenn wir noch in anderen, viel näheren Ländern solche unzurechnungsfähigen Staatschefs haben!) Manchmal ist das kleinere Übel eben doch um Welten besser.
        Von daher hoffe ich sehr, dass Biden gesundheitlich noch ein paar Jahre mitmacht. Er wird die Zeit brauchen.

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