Safer Internet Day: Warum macht Ihr immer uns verantwortlich?

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Safer Internet Day: Warum macht Ihr immer uns verantwortlich?

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Es ist mal wieder Safer Internet Day. Wieder eine dieser Aktionen, die dazu führt, dass wir überall lesen, hören und sehen, was wir User alles besser machen können – und sollen.

Solide Passwörter auswählen. Auf Hatespeech eifrig mit Counterspeech reagieren. Unsere Daten verschlüsseln. Die Onlinekonten absichern. Und natürlich unsere Kinder fit machen fürs Netz – das ist dieses Jahr das Hauptthema des SID. Wie dem Thema Hatespeech im Netz begegnen?

Wir haben also eine Menge zu tun, wir User.

SID: Jede Menge Gefahren - und wir sollen uns wehren; Rechte: klicksafe.de

SID: Jede Menge Gefahren – und wir sollen uns wehren

Medienkompenz ist wichtig – aber nicht das entscheidende Problem

Doch das ist totaler Blödsinn! Natürlich ist Medienkompetenz wichtig und richtig. Nicht nur, aber auch bei Kindern,. Doch mit solchen Aktionen, im Falle des Safer Internet Day (SID) sogar europaweit, wollen die tatsächlich Verantwortlichen doch nur von ihrem Versagen ablenken, indem sie den Eindruck erwecken, es wäre unsere Schuld. Als ob wir das Projekt Internet retten könnten. Der unangenehme Unterton lautet: Wenn wir, die User nur nicht so faul und dumm wären.

Eine Frechheit ist das. Denn verantwortlich sind andere: Allen voran die Politik, die für die Rahmenbedingungen zuständig ist – aber bei Digitalthemen durch die Bank durch Ahnungslosigkeit, Arglosigkeit und vor allem Konzeptlosigkeit auffällt. Aber natürlich auch die Industrie, die sich aufgrund des durch die Politik zu verantwortenden Machtvakuums eine goldene Nase an uns verdient. Jeder unnötige Aufwand wird vermeiden. Etwa, um unsere Daten angemessen zu schützen. Aber wir sollen uns einmal im Jahr für unsere angeblichen Nachlässigkeiten geißeln?

https://vimeo.com/315437807

Der Safer Internet Day will seit 2004 für mehr Medienkompetenz werben

Vielleicht sollten wir die Anonymität einschränken

Kein einziger Datensatz der mehr als 2,2 Milliarden betroffenen Onlinekonten im Collection-Leak ist durch Phishing oder Nachlässigkeit der User in die Hände von Kriminellen geraten, sondern durch Einbrüche in Onlinedienste und Cloud-Dienste, die bei der Abwehr solcher Angriffe kläglich versagt haben. Was eindeutig belegt: DIE sind schuld und müssen besser werden. Und die Politik müsste sie dazu zwingen.

Auch das Problem Hatespeech hat eine ganz andere Dimension als immer der Eindruck erweckt wird. Dass es überhaupt Hatespeech gibt, ist ein gesellschaftliches Problem. Facebook ermuntert zum Counterspeech, zur Gegenrede. Klar, denn was kann Facebook Besseres passieren, als dass wir noch mehr Zeit im Netzwerk verbringen? KI und Online-Meldesysteme sind der Sache offensichtlich nicht gewachsen.

Aber es gibt eine Maßnahme, die würde ganz sicher helfen – ist aber unpopulär: Schluss mit der Anonymität in den Sozialem Netzwerken. Jeder muss sich offiziell registrieren, dann haben sich mindestens 95 Prozent der Hassreden und Pöbeleien von selbst erledigt. Jede Wette!

Warum wird das nicht mal diskutiert – am Safer Internet Day? Weil es das Internet safer machen würde? Oder Mühe macht?

https://vimeo.com/310745075

Wurde ich schon mal gehackt?

Über den Autor

Jörg Schieb ist Internetexperte und Netzkenner der ARD. Im WDR arbeitet er trimedial: für WDR Fernsehen, WDR Hörfunk und WDR.de. In seiner Sendung "Angeklickt" in der Aktuellen Stunde berichtet er seit 20 Jahren jede Woche über Netzthemen – immer mit Leidenschaft und leicht verständlich.

6 Kommentare

  1. Und man nennt sie Dienstleister. Hat was mit dienen zu tun. Seit der Administrator erfunden worden ist, gibt es da ein umgekehrtes Rollenverständnis: eigentlich ist doch der user nur für den Administrator da, ein armes Würstchen, das doch gefälligst immer nur machen soll, was es darf, ein notwendiges Übel, aber wird halt zum Geldverdienen und Machausüben gebraucht, sonst hat die Herrschaft kein Vergnügen. In der Theorie würde ein ordentlicher Dienstleister ein gutes Angebot kreieren und daraufhin mit seinem Produkt gutes Geld verdienen. Leider hat sich noch kein Anbieter gefunden, der den Bedarf an unkomplizierter Sicherheit bedient. Gesucht werden gestufte Sorglospakete aus einer Hand. Die Segment- und Insellösungen sind halt auch für den halbwegs informierten user, der auch bereit wäre Geld auszugeben, zu kompliziert, zu zeitaufwendig oder nicht überzeugend zukunftssicher. Aber wenn der Rechner einmal als das wahrgenommen wird, was er längst schon ist: ein Teil der Persönlichkeit, eine erweiterte Intelligenz ein Teil der eigenen Person und Zukunftsvorsorge, könnte ich mir vorstellen, dass sich das Blatt noch wenden kann, bevor es zu spät ist.

  2. “Jeder muss sich offiziell registrieren, dann haben sich mindestens 95 Prozent der Hassreden und Pöbeleien von selbst erledigt. Jede Wette!”
    Ganz sicher sogar! Dann hätte man zwar ein “sauberes”, ein (“Vorzeige”-)Netznetzwerk, in dem sich augenscheinlich alle lieb haben und ihre rosarote Weltbildpoesie austauschen können, aber man hat immer noch nichts für die Bekämpfung jener (gesellschaftlichen, kulturellen) Zustände getan, die für augenscheinliche Hassreden und Pöbeleien verantwortlich sind.
    Oder glauben Sie etwa wirklich, dass der Linksextreme, der Rechtsextreme, der religiöse Eiferer, der Terrorist oder der ordinäre Schulhofmobber, plötzlich ihren jeweiligen Hass einstellen, nur weil sie sich jetzt bei Facebook mit Echtdaten anmelden müssen?
    Nein, die suchen sich einfach andere Kommunikationskanäle/Frustschutthalden oder schlagen direkt im bzw. aus dem Verborgenen zu. Hass ist ein individuelles Gefühl, dessen Ursachen erforscht werden müssen. Symptome bekämpfen (z. B. durch NetzDG, Realnamen, Zensur) ist zwar einfacher und bequemer, aber letztlich nur von kurzer Erfolgsdauer und daher nicht zielführend.

  3. Jüngste Vorgänge deuten darauf hin das Politiker Menschen sind. Das halte ich zwar für eine Verschwörungstheorie, doch das Verhalten das durch Betroffenheit Reaktion entsteht ist menschlich. Und nach jüngsten Geschehnissen um die Veröffentlichung persönlicher Daten von Politikern, schien glaubhaft Betroffenheit zu herrschen.

    Nehmen wir nun einfach mal für einen Augenblick an das Politiker Menschen sind. Menschen haben nur eine begrenzte Wahrnehmung. Um diese Wahrnehmung zu steuern wird Marketing und Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Ein “Safer Internet Day” richtet sich da an jeden einzelnen Menschen, um das Bewusstsein ein wenig auf die Risiken im Internet zu lenken.

    So Politiker sind, wenigstens mal kurz angenommen, Menschen und der “Safer Internet Day” richtet sich an Menschen. Also bringt dieser Tag auch Politikern dieses Problemfeld mal wieder ins Bewusstsein und mehrt ein wenig die digitale Kompetenz. Das stete Vorhandensein eines Problems im Bewusstsein erhöht die Wahrscheinlichkeit des Handelns.

    Jeder einzelne kann jetzt sein Handeln besser einschätzen und, darunter auch Menschen, welche Politik als Beruf haben. Menschen welche Gesellschaftlich gestalten, können nun mit dem gewonnen Problembewusstsein in der 1. Ableitung Ihr eigenes Handeln abstrahieren und dann auf einer Ebene umsetzen, welche nicht nur Individuen miteinbezieht, sondern z.B. auch digitale Dienstleister.

    ** Somit ist der “Safer Internet Day” eine wunderbare Inititative und keine Ablenkung. **

    P.S.: Ein paar Passagen in diesem Text sind Ironisch gemeint.

  4. Ja, Sie haben recht, eine Aufhebung der Anonymität würde helfen, gleichwohl kann man die Verantwortung des Users ( muss ich immer und überall praesent sein) nicht wegdiskutieren. Insbesondere Kinder und Jugendliche sollten von den Eltern und niemand anderem streng und wohldosiert an das Thema herangeführt werden. Soziale Netzwerke als Randgebiet und nicht als hauptsächliche Freizeitbeschäftigung, Handyverbot in der Schule etc. Dann wird auch das Cybermobbing uninteressant und man verlagert Konflikte, die es schon immer gab, wieder in ihre natürliche Umgebung und trägt sie auch wieder so aus, wie es der normale Sozialisierungsprozess vorsieht.

    • Das stimmt natürlich. Aber es sollte nicht die einzige Maßnahme sein. Und viele Probleme ließen sich eben auf andere Weise lösen. Hass in der Gesellschaft? Das hat nichts mit Medienkompetenz zu tun!

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