Wer hätte gedacht, dass ein eher langweilig wirkendes Thema wie “Urheberrecht” so viel Aufmerksamkeit bekommen, so viele Menschen aufwühlen und zu einem politisch brisanten Thema werden könnte? Monatelang hat sich kaum jemand um die EU-Urheberrechtsreform gekümmert. Doch jetzt, wo die Sache konkret wird, beherrscht das Thema die Schlagzeilen und Diskussionen. Denn nun wird deutlich: Urheberrecht geht uns alle an – nicht nur die Urheber.
Urheberrecht betrifft uns heute alle
Früher war Urheberrecht eine Sache für Profis. Die einen haben künstlerische Werke erschaffen – Musiker, Fotografen, Autoren, Filmer -, die anderen haben sie genutzt. Also Verlage, Redaktionen, Sender, Veranstalter. Profis kennen sich aus mit der Frage, wie mit Urheberrechten umgegangen wird – und leiten bei einer Nutzung die nötigen Schritte ein, damit Urheber angemessen entlohnt werden. Ob über Agenturen, Verwertungsgesellschaften oder direkt beim Urheber.
Das hat natürlich auch in der Vergangenheit nicht immer perfekt geklappt. Doch das Internet stellt die Sache auf den Kopf. Plötzlich kann jeder zum Urheber werden – und vor allem kann jeder Verwerter sein. Nun nutzen also auch Nicht-Profis Werke und Inhalte – etwa Fotos, Texte, Designs, Musik oder Filme -, ohne zu wissen, dass diese möglicherweise geschützt sind, und dass man lizensieren müsste und/oder dafür auf irgend eine Weise bezahlen. Das ist ein riesiges Problem.
Aktuelle Stunde: Was bedeutet die EU-Urheberrechtsreform?
Eine Chance für kluge Lösungen
Jene, die mit dem Internet groß geworden sind, halten es für eine Selbstverständlichkeit, dass allen alles zur Verfügung steht und machen sich wenig Gedanken ums Urheberrecht. Eher darüber, dass sie sich im Netz frei äußern können – ohne Einschränkungen und Regeln. Alle, die schon vor dem Internet mit Medien umgegangen sind, kennen noch die “alten” – und deshalb sicher nicht automatisch falschen – Regeln, die ihre absolute Berechtigung haben.
Die Herausforderung ist ja nun, die durchaus berechtigten Interessen der Urheber in die neue Zeit zu überführen. Und anzuerkennen, dass heute jeder Kreativer sein kann. Wie bekommt man das gut unter einen Hut? Darüber hat sich die Politik leider zu wenige Gedanken gemacht. Sie ist entschlossen in Richtung Urheberschutz losgestartet, ohne aber eigene Ideen oder Vorstellungen zu haben, wie das funktionieren kann oder soll. Das musste zwangsweise zum Konflikt führen, weil kein ernsthafter Dialog stattgefunden hat.
Aber: Es gibt aber noch eine (kleine) Chance. Axel Voss, CDU-Abgeordneter im Europaparlament und maßgeblich an der Urheberrechtsreform beteiligt, hat in der Aktuellen Stunde deutlich gesagt: Er will nicht zwingend Upload-Filter, sondern eine angemessene Entlohnung für die Urheber.
Die Bundesregierung wäre daher gut beraten, nun intelligente(!) Lösungen zu entwickeln, die alle zufrieden stellen. Die konform gehen mit der Reform. Die den Urhebern die angemessene Entlohnung zukommen lässt, ohne allzu schmerzhafte Einschnitte in die Gewohnheiten der Internet-User. Das geht durchaus: Die Onlineriesen haben prall gefüllte Taschen und können sich angemessene Abgaben leisten. Ob pauschal oder automatisch bei jeder Nutzung. Ohne Upload-Filter.
Sie müssen es sogar, denn sie profitieren von der Kreativität anderer – rund um die Uhr.
Kommentar von Jörg Schieb zum EU-Urheberrecht
11 Kommentare
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Wichtiger Beitrag, Danke
Man hat nun schon einige Zeit nichts mehr von dem Thema gehört. Aber es sollte bald wieder aufkommen. Schließlich müssen die Beschlüsse ja auch umgesetzt werden. Eventuell könnte man hier ein Update zu den Thema veröffentlichen.
Die Nazischweine werden es schon hinbekommen, dass man am Ende das Internet zu nichts mehr brauchen kann.
Es ist so nervend, dass so viele im Netz keine diskutablen Meinungen äußern, sondern mit dicker Lippe irgendwelche scheinbar ultimativen “Welterkenntnisse” mit platter Ironie gepaart in die Welt prusten, wie Dino.
Vielen Dank für die Blumen. Zum Glück gibt es ja Netzpolizisten, wie Sie und Ihresgleichen, die Netz-“Pruster”, wie meinesgleichen, gekonnt und mit charmanter Selbstüberschätzung Ihrer eingebildeten, omnipotenten Meinungs- und Deutungshoheit erfolgreich und publikumswirksam in die Schranken zu weisen wissen.
Tatsächlich “nervend” sind, m.E., Kommentatoren im Netz, die nicht checken, dass man man auf einen Kommentar auch direkt (mit Linksklick auf das Feld “Antworten”) antworten kann. Aber in einem Thread “ganz oben” zu stehen, gehört zweifellos zum Standesdünkel eines selbsternannten Netzpolizisten und sei sein Nick, noch so dümmlich.
Dennoch: herzliche Grüße an Sie und bitte vergessen Sie nicht, Ihren NetzDG-Orden auf Hochglanz zu polieren.
“Kluge” bzw. “intelligente Lösungen” in einem Atemzug mit der Erwartungshaltung an die (zumindest aktuelle D/EU-)”Politik” verknüpfen zu wollen, käme wohl einer Quadratur des Kreises gleich. Zwei absolut konträre Begriffspaare; etwa wie Hirnchirurgie und Schlachtbetrieb. Auch das Flughafenprojekt Berlin Brandenburg/Willy Brandt/BER (im Bau befindlich seit 2006, geplanter Flugbetrieb 2011) wartet bereits sei über 7 Jahren auf “kluge/intelligente” Lösungen durch die genannte “Politik”. Fehlanzeige – bis auf weiteres. Vielleicht hilft ja weiteres, festes Glauben an den Weihnachtsmann?
Der Kern des Problems ist doch die Abkehr vom Verursacherprinzip. Bildlich gesprochen macht man VW dafür verantwortlich, daß Frau Müller mit 100km/h durch die Stadt fährt. Dies ist schon schlimm genug. Geradezu haarsträubend wird es, wenn man an die Konsequenzen denkt: Man fordert die großen Ami Firmen geradezu dazu auf, Kontent zu prüfen und zu filtern. Ich habe das Internet in Deutschland mit aufgebaut und habe seit 1996 immer nur die eine Erfahrung gemacht: Was misbraucht werden kann, das wird auch misbraucht. Ihr werdet Euch wundern, was demnächst alles gefiltert wird, weil es angeblich gegen Urheberrechte verstößt.
Aber VW IST doch (zusammen mit seinen autofetischistischen Komplicen der Branche) dafür verantwortlich, daß Frau Müller mit 100km/h durch die Stadt fährt! Wenn die Automobilsuchtbranche den Leuten nicht seit 100 Jahren erfolgreich einreden würde, daß das Stinkroß die einzig akzeptable Möglichkeit wäre, sich fortzubewegen, und daß immer schneller dasselbe sei wie immer besser – DANN würde Frau Müller NICHT mit 100km/h durch die Stadt fahren.
Und ebenso, wie jetzt eingesehen wird – langsam genug! – , daß das Auto eher eine Pestilenz denn ein Segen ist, muß man jetzt endlich einsehen, daß es sich mit dem Sucht-, Verblödungs-, Demokratiezerstörungs- und REGRESSIONSinstrument (“Ich-will-überall-alles-jederzeit-sofort”)-Mittel Internet ganz genau so verhält.
@ Off_Leiner
Tun Sie sich und uns doch bitte den Gefallen, dem “Sucht-, Verblödungs-, Demokratiezerstörungs- und REGRESSIONSinstrument (“Ich-will-überall-alles-jederzeit-sofort”)-Mittel Internet” den Rücken zu kehren und abstinent zu werden.
Oder sind Sie selbst schon dermaßen süchtig oder/und verblödet, dass Sie nicht mehr davon lassen können, so wie Sie es ständig anderen Menschen zum Vorwurf machen?
Es ist kein “Vorwurf”, sondern eine Diagnose aufgrund eines Wahrnehmens, zu dem ich als Nichtabhängiger noch im Stande bin – und, by the way, ich bin zum Glück damit keineswegs allein.
Und vielleicht erreichen wir ja doch den einen oder anderen erkrankten und verführten Menschen, der dann zu Besinnung und Abstinenz kommt oder sich wenigstens erst einmal fachliche Hilfe sucht; Und wo, wenn nicht im Netz, erreicht man Online- und Suchtphone-Süchtige…?
“Die Onlineriesen haben prall gefüllte Taschen und können sich angemessene Abgaben leisten.”
Das mag sein. Aber was ist denn mit den ganzen kleinen (Foren- / Community-) Betreibern? Die werden in der Diskussion leider ständig ausgeblendet. Diese Anbieter haben keine vollen Kassen – im Gegenteil. Dort ist das Betreiben der Community häufig ein Zuschussgeschäft (das die Admins versuchen, über Werbung zu finanzieren – und somit nicht als private Plattform gelten).