Wenn der E-Scooter Deine Daten verrät

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Wenn der E-Scooter Deine Daten verrät

Kommentare zum Artikel: 10

Die Innenstädte bei uns sind voll davon: Überall stehen (oder liegen) geparkte E-Scooter herum und warten auf Mieter. Doch wer einen E-Scooter von Lime, Bolt, Tier oder Voi zum Cruisen “ausborgen” möchte, muss zwingend eine App des jeweiligen Anbieters installieren und sich dort registrieren. Die E-Roller-Anbieter wickeln alles über die Apps ab – vor allem die Bezahlung.

Es hat schon immer den Verdacht gegeben, dass die meist noch jungen Verleih-Firmen sich nicht mit den Gebühren begnügen, sondern auch mit Daten der Kunden Geld verdienen. Genau das hat jetzt das Portal mobilsicher.de untersucht – und das Ergebnis ist eindeutig: Alle vier großen Anbieter geben Daten an Drittfirmen weiter – und verstoßen damit gegen den Datenschutz.

Wer eScooter fährt, hinterlässt einige Daten; Rechte: WDR/Schieb

Wer E-Scooter fährt, hinterlässt eine Menge Daten – bei jeder Fahrt

Alle Anbieter geben Daten weiter

Untersucht wurde das Verhalten von den E-Scooter-Verleihern Lime, Tier, Bolt und Voi. Die Experten haben die vier Apps geladen und Mietprozesse durchgeführt. Sie haben aber auch genau analysiert, an wen Daten fließen. Und siehe da: Alle Anbieter teilen ungefragt Daten mit Drittfirmen, darunter Facebook, Paypal und einige Analyse- und Marketingunternehmen.

Es ist ein Skandal: Alle Leihfirmen geben persönliche Daten weiter. Darunter Name, Kontaktdaten (etwa Adresse, Telefonnummer und E-Mail-Adresse) – und natürlich auch die Ortsdaten. Einige geben auch die Advertising-ID des Smartphones weiter. Das ist eine Identifikationsnummer, die jedes Handy eindeutig identifizierbar macht – eine Art Nummernschild.

Selbst das WLAN, in das man gerade womöglich eingebucht ist, wird übermittelt. Und dann kommen natürlich noch die Ortsdaten dazu: Wo habe ich den E-Roller geliehen, wo bin ich lang gefahren – sowie die Tatsache, dass ich einen E-Scooter fahre. Das sind schon eine ganze Menge Daten. Jeder der Leihfirmen überträgt andere Daten – aber alle geben Daten weiter.

Bei jedem Mietvorgang mit App einchecken; Rechte: WDR/Schieb

Bei jedem Mietvorgang mit App einchecken

Daten gehen an externe Marketingunternehmen

Die Daten gehen an unterschiedliche Unternehmen. Vor allem an Marketingfirmen, die Daten aus den unterschiedlichsten Quellen sammeln und verarbeiten. Je mehr Daten dort über eine Person anfallen, desto präzisere Profile lassen sich anfertigen – auf diese Form der Datenausbeute haben Facebook, Google und Amazon kein Monopol, das machen auch andere. Konkret haben fast alle Verleiher Daten beim US-Unternehmen Braze Inc. abgeliefert, das darauf spezialisiert ist, Daten zu sammeln und zu Marketingzwecken anzubieten.

In den Datenschutzerklärungen der Anbieter finden sich zwar Hinweise, dass Daten zu „Analyse- und Marketingzwecken auch an Drittanbieter“ weitergereicht werden dürfen. Aber wenn man das liest, denkt man natürlich an Analysezwecke des Verleihers, nicht, dass damit Marketingunternehmen mit Daten gefüttert werden. Keiner der vier überprüften Anbieter nennt die  Datenempfänger konkret namentlich. Keiner!

Ein Skandal und eine Zumutung

Auch wird keine angemessene Möglichkeit eingeräumt, dem Ganzen zu widersprechen – was das gute Recht eines jeden ist, der sich auf einen E-Roller stellt. Nur Anbieter Lime gibt überhaupt eine Kontaktadresse an, wo sich Kunden melden könn(t)en. In punkto Datenschutz eine absolute Zumutung.

Und wir wollen nicht vergessen: Die Kunden bezahlen für den E-Scooter. Ich persönlich finde, dass die Konzerne darüber hinaus Geld mit dem Ausschlachten von Daten verdienen, ist eine Zumutung.

Datenschützer Thilo Weichert warnt schon lange vor Datenmissbrauch bei E-Scootern

Über den Autor

Jörg Schieb ist Internetexperte und Netzkenner der ARD. Im WDR arbeitet er trimedial: für WDR Fernsehen, WDR Hörfunk und WDR.de. In seiner Sendung "Angeklickt" in der Aktuellen Stunde berichtet er seit 20 Jahren jede Woche über Netzthemen – immer mit Leidenschaft und leicht verständlich.

10 Kommentare

  1. Ein interessantes Phänomen sind Gewinnspielveranstalter, die Mobilität versprechen und im Prinzip sehr persönliche Daten mit verlosten Sachpreis verknüpfen können. Es ist sehr auffällig dass viele Gewinnspiele als Hauptgewinn ein E-Bike, einen E-Scooter oder ähnliche elektrische Fahrzeuge verlosen, die mit Ortung ausgestattet sind und theoretisch getrackt werden können.

    Ganz nebenbei haben die Teilnehmer solcher Gewinnspiele noch eine Menge persönliche Daten wie etwa Alter, Wohnort, Hobby und Interessen vorab preisgegeben. Oft sind die Veranstalter in ihrem Kerngeschäft aber überhaupt nicht mit Mobilität oder Glücksspiel in Verbindung zu bringen, zumindest nicht sichtbar. Etwa Burda, Focus, Müllermilch gehören zu den bekannten Marken, die regelmäßig ein E-Bike verlosen. Teilweise mehrmals im Jahr. Warum eigentlich?

  2. Herr Schlonz am

    Immer dann, wenn man ein Gerät nur mit einer App nutzen kann, werden Daten gesammelt und verarbeitet bzw. verkauft. Das ist so bei E-Scootern, bei Fitness-Armbändern oder bei Smart-TVs … Man kann als Käufer nur eines tun: Solche Geräte meiden oder sie zumindest vom Internet abklemmen, dauerhaft.

  3. Die E-Scooter-Datenerhebung würde eigentlich für die Polizei sehr viel Sinn machen, denn in den letzten 6 Monaten bin ich drei Mal von E-Scooter Fahren auf dem Gehweg angerempelt, fast angefahren und / oder übel beleidigt worden als, ich diese freundlich bat, doch auf der Straße zu fahren. Auch wenn der WDR den Kommentar nun löscht, weil unbequeme Wahrheiten enthalten sind, alle Fahrer waren männlich, unter 25 und hatten einen Migrationshintergrund. Also das gleiche Klientel wie bei den Auto-Posern oder Rasern. Da die Kennzeichen der Roller unverschämt klein sind, kann man eigentlich keine Anzeige gegen StVO-Verstöße auf den Weg bringen. Lediglich die Tracking-Daten wären hilfreich. Zu guter Letzt verstoßen diese Fahrzeuge auch gegen den Jugendschutz. Vielfach sah ich Minderjährige, unter 12 Jahren, die auf den Rollern im öffentlichen Verkehrsraum unterwegs waren, weil ggf. ältere Geschwister oder Freunde ihnen mit einem anderen Smartphone das Fahrzeug aktiviert haben. Mal sehen, wie lange es dauert, bis das erste Kind mit so einem Ding tödlich verunglückt. Übrigens, Stadtoberhäupter wollen gerne auf Kosten der Allgemeinheit mit der Förderung von Start Up Unternehmen glänzen. Allerdings verstehen sie nicht, das Start Up nicht die Übersetzung von Gut bedeutet.

    • Ich habe manchmal den Eindruck, dass manche E-Scooter-Gegner es kaum erwarten können, schlimme Nachrichten im Bezug auf E-Scooter zu lesen. Teilen Sie meine Ansicht?

      • Kiu Mars am

        NEIN!
        Ich habe eher den Eindruck, das E-Scooter Nutzer den Prozess auf Biegen und Brechen verteidigen wollen!
        Es ist eine Tatsache, dass der Verleih nicht zu Ende gedacht ist.
        Wie sonst lässt sich erklären, dass eScooter von Jugendlichen mitten auf der Straße abgelegt werden “aus Spaß”
        So, wie Mietwagen beim Verleiher oder vom Mieter korrekt geparkt werden müssen, sollte dies auch beim eScooter sein!
        Da liegt noch vieles im Argen!

  4. Fußgänger am

    Der E-Scooter könnte das herausragende Zeichen für eine Klimahysterie sein, eine Hysterie die zumindest hier sicher mehr Schaden als Nutzen hat. Der Umstieg von Auto auf Scooter passiert so gut wie nie, meist ist es der Umstieg von Schuhsohle auf Reifen mit kleinen Durchmesser und der Batterie-Kram ist einfach nur eine zusätzliche Umwelt-Sauerei mit eigenen zusätzlichen Verkehrsproblemen. Dann habe noch gesehen, die Dinger werden mit großen Diesel-Transporter wieder eingesammelt der dafür zu allen möglichen Stellen durch die ganze Stadt fährt; die Bergung vom Grund der Flüsse habe ich noch nicht gesehen.
    Besser sind Leihfahrräder ohne Batterie, die man an bestimmten Stellen abholen und wieder parken kann. Die stehen nicht im Weg und man bewegt sich auch noch etwas dabei.
    Das spielt aber hier alles keine Rolle, bei E-Scootern und Leihfahrräder fallen Daten an die man verkaufen kann und wahrscheinlich hat Rolf Drewes recht, erst durch den Datenverkauf rechnet sich das.
    E-Scooter sind privat, bei den Leihfahrräder sieht das bei uns so aus als wäre die Stadt Betreiber. In meiner kindlichen Naivität gehe ich mal leichtsinnig davon aus, Städte sind beim Datenverkauf etwas zurückhaltender.
    Aber auch Städte verhökern hemmungslos Daten und auch da gibt es wenig Möglichkeiten zu widersprechen; ein Skandal seit Jahren den man auch mal hochkochen könnte. Daten durch Fahrradverleih dürften aber nicht unter das Melderechtsrahmengesetz fallen, höchstens unter eigene AGBs.

    • Rolf Drewes am

      Nur mal so nebenbei bemerkt…. das mit den Leihfahrrädern gab es schon vor den E-Scootern… vom Prinzip ganz ähnlich… und das ist grandios gescheitert.

    • „Der Umstieg von Auto auf Scooter passiert so gut wie nie“
      Weil Sie das sagen?

      „E-Scooter sind privat, bei den Leihfahrräder sieht das bei uns so aus als wäre die Stadt Betreiber.“
      Mit dem Leihfahrrad-Chaos hatten die Städte bereits zu kämpfen.

  5. Rolf Drewes am

    Naja, wer mal länger als 5 Minuten drüber nachgedacht hat dem müsste klar sein das man zu den Verleihpreisen kein wirtschaftlich funktionierendes Geschäft aufbauen kann. Zumal dann nicht, wenn es einem irgendwie auch egal ist das diese Gfährte in den Seen und Flüssen der Städte landen. Dann brauchts eigentlich nicht viel Gehirmmasse um drauf zu kommen wie diese Anbieter ihre Auskommen erwirtschaften. Aber bei diesen Bewegungsprothesen setzt es ja bei vielen aus. Wenn ich ein Kabel zum Laden meines E-Autos MIT Stoplerschutz über den Gehweg verlege um an die Steckdose im Keller zu kommen, dann bekomme ich es mit der geballten Ordnungsmacht der Stadtverwaltung zu tun. Diese Roller können kreuz und quer auf Gehwegen rumliegen und es kratzt keinen so wirklich… das ist dann eben so.

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