Unterricht muss digitaler werden

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Unterricht muss digitaler werden

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Die meisten Schülerinnen und Schüler haben seit Wochen keine Schule mehr von innen gesehen. Corona zwingt sie, zu Hause zu bleiben – und auf den Kontakt mit Freunden zu verzichten. Schwierig genug. Da wäre es doch schön, wenn es mit dem Unterricht zu Hause gut klappen würde. Doch in den allermeisten Fällen gibt es viele Schwierigkeiten.

Den Lehrern ist da kein Vorwurf zu machen: Die meisten tun ihr Bestes – und versuchen, mit der Situation klarzukommen. Denn jetzt ist Improvisation angesagt: Lernplattform einrichten, Videokonferenzen erwägen, Lerninhalte zusammenstellen, Kontakt mit den Schülern pflegen, neue Unterrichtskonzepte erarbeiten.

Es reicht nicht, Schulen nur mit Tablets auszustatten; Rechte: WDR/Schieb

Es reicht nicht, Schulen mit Tablets auszustatten

Schule und Ausbildung haben nicht den nötigen Stellenwert

Doch es ist wie bei der Corona-App und vielen anderen Dingen, die gerade schief laufen – wir müssen die Frage stellen: Warum ist das so? Warum wurden nicht längst Konzepte erarbeitet, auf die nun zurückgegriffen werden kann? Digitales Lernen ist kein neues Thema. Es wird viel darüber gesprochen, aber offensichtlich nicht genug entwickelt.

Bitte nicht missverstehen: Unter “digitalem Lernen” verstehe ich nicht, die Schüler mit Tablets auszustatten und dann alles auf Display und Whiteboard zu verlagern. Das wäre Unsinn. Es geht darum, die Chancen zu nutzen, die Vernetzung, digitale Lerninhalte, Feedback-Möglichkeiten etc. bieten (können). Dazu müssten aber alle Lehrpläne, alle Lerninhalte mal durchgerüttelt und neu aufgestellt werden.


Virtueller Unterricht nacht Stundenplan: So kann es gehen – wenn alles gut vorbereitet ist

Warum gibt es nicht längst digitale Lerninhalte?

Eine Mutter sagte mir im Interview, wie es an der International School in Neuss läuft: Da haben die Kinder einen Stundenplan – wie vorher auch. Und jede Stunde wählen sie sich in einen virtuellen Klassenraum ein. Sehen Lehrerin oder Lehrer, können Fragen stellen, haben immerhin virtuellen Kontakt zu ihren Freunden – und sie haben eine Tagesstruktur.

Ja, es handelt sich um eine Privatschule. Aber das ist doch erst mal egal, denn es zeigt: Es geht – wenn man will. Natürlich muss das alles bezahlt werden. Also dann: Bitte! Es geht um alle Kinder.


Schülerinnen erklären, wie sie ihren Home Schooling Alltag erleben

Hier sind ausdrücklich auch Landesregierung und Kommunen gemeint, die für die Ausstattungen der Schulen zuständig sind – und diese Aufgabe erkennbar sträflich vernachlässigen.

Auch sollte nicht jede Schule bei Null beginnen und alles selbst entwickeln und aufbauen. Hier sind kluge Konzepte gefragt: Mit Staatsgeldern entwickelte Plattformen und Lösungen sollten bundesweit OpenSource sein, damit alle anderen Schulen im Land davon profitieren können. Das eine Bundesland entwickelt eine Hausaufgaben-Plattform, das andere eine Lösung für Sprachunterricht, wieder ein anderes ein System für Mathe-Aufgaben. Nur ein Beispiel. Doch es sollte mal endlich losgehen.

Cosmotech 26: Wie digital sind wir eigentlich?; Recht: WDR/Schieb

Cosmotech Podcast Ausgabe 26: Wie digital sind wir eigentlich?

 

Über den Autor

Jörg Schieb ist Internetexperte und Netzkenner der ARD. Im WDR arbeitet er trimedial: für WDR Fernsehen, WDR Hörfunk und WDR.de. In seiner Sendung "Angeklickt" in der Aktuellen Stunde berichtet er seit 20 Jahren jede Woche über Netzthemen – immer mit Leidenschaft und leicht verständlich.

11 Kommentare

  1. Ein hervorragender Punkt, den der Artikel anspricht, ist die Notwendigkeit, Digitalisierung in Schulen über das bloße Bereitstellen von Tablets hinaus zu denken. Zu oft wird Technologie als Allheilmittel angesehen, ohne die zugrunde liegende pädagogische Methode zu überdenken. Individuelle Softwarelösungen könnten hier einen wirklichen Mehrwert bieten, etwa in der Form maßgeschneiderter Lernplattformen, die sich nahtlos in den Unterricht einfügen. Es ist, als würde man die Qualität von Projektmanagement und Softwareentwicklung aus dem IT-Bereich direkt ins Klassenzimmer bringen. Der Punkt über die offensichtliche Vernachlässigung der Landesregierung und Kommunen ist ebenfalls bedenklich.
    Wäre es nicht sinnvoll, eine zentralisierte, Open-Source-Plattform zu schaffen, von der alle Schulen profitieren könnten? Jörg Schieb, hast du Vorschläge, wie dies auf politischer Ebene am besten vorangetrieben werden könnte?
    Die Digitalisierung im Bildungsbereich sollte nicht länger als Zukunftsmusik betrachtet werden; sie ist eine Notwendigkeit, die die Ausbildung unserer Kinder direkt beeinflusst. Nur wenn wir jetzt kluge und gut durchdachte Schritte unternehmen, können wir sicherstellen, dass die nächste Generation optimal vorbereitet ist.

  2. Ich möchte mich herzlich für den tollen Artikel bedanken! Ich habe ihn mit großem Interesse gelesen und konnte viele neue Erkenntnisse daraus gewinnen. Und ich freue mich schon auf weitere spannende Artikel von euch.
    Beste Grüße,
    Ralf

  3. Dieser Artikel hat viele meiner Fragen zum Thema „Unterricht muss digitaler werden“ beantwortet. Ich habe den Artikel sehr gerne gelesen und interessante Ideen daraus schöpfen können. Macht weiter so und schreibt interessante Artikel über Digital-Themen.

  4. Wir sind als Schule digital gut ausgestattet und wir Lehrer/innen lernen jetzt auch eine Menge darüber wie wir online unterrichten können.
    Das Ganze findet aber für zu viele Schüler/innen seine Grenze, wenn es zu Hause keine Endgeräte außer Smartphones gibt oder der eine Laptop von den Eltern im Home Office benötigt wird und die drei Kinder eigentlich alle ein Gerät für Homeschooling brauchen.

    • Tja, so ist das halt, wenn man in einer Lobbykratie lebt, in der man lieber denjenigen, die sowieso schon zu den eher Privilegierten zählen, die den Kauf eines Neuwagens ernsthaft erwägen können, dafür drei- oder viertausend Euro aus Steuermitteln in die Hand drückt, anstatt jedem Haushalt mit mindestens einem schulpflichtigen Kind wenisgtens ein Laptop für 500 Euro zu spendieren. Kinder und Lehrer sind halt nur unser aller Zukunft und nicht Teil der superwichtigen “Wertschöpfungskette Auto”.

  5. Mango Park am

    “Es geht darum, die Chancen zu nutzen, die Vernetzung, digitale Lerninhalte, Feedback-Möglichkeiten etc. bieten (können). ” –
    Das ist der Knackpunkt. Diese Chancen sind nicht so leicht in Worte zu fassen. Es klingt immer so abstrakt. Wenn man diese Chancen mal klar herausarbeiten würde, wäre man weiter und hätte gute Argumente. Es kann anderseits aber auch sein, dass man dann feststellt, dass das digitale Lernen gar keine so großen Vorteile bringt, wie viele Leute immer annehmen.–
    Klar, jetzt wo die Schulen geschlossen sind, gäbe es natürlich Vorteile – nach dem Motto: Besser per Laptop und Videochat lernen als nur eine Mail mit Aufgaben bekommen. Aber die Schulen öffnen bald wieder.

    “Dazu müssten aber alle Lehrpläne, alle Lerninhalte mal durchgerüttelt und neu aufgestellt werden.”
    Warum das? Damit die Lerninhalte zur Digitalisierung passen? Ich finde, es sollte umgekehrt sein: an erster Stelle stehen die Lerninhalte, und erst an zweiter Stelle sollte stehen, wie der Stoff vermittelt wird, ob nun analog, digital oder als Mischform.

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