Fuck you, Coronaschutzverordnung!

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Fuck you, Coronaschutzverordnung!

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Wer hat überhaupt noch Lust, diese Bevölkerung zu regieren? Immer mehr Politiker in Deutschland stellen sich diese Frage. Nein, es macht wirklich keinen Spaß. In der Corona-Krise schon gar nicht.

Zwei besonders unangenehme Seiten des deutschen Nationalcharakters treten in diesen Zeiten brutal offen zu Tage: Da ist – seit alters her – die deutsche Regel-Fixierung. Wir sind geradezu versessen darauf, dass uns jemand etwas vorschreibt. Ohne Ordnungskataloge und Kontrollen sind wir wie Jack Russel Terrier allein zu Haus und zerlegen aus Frust die gute Stube. In der Corona-Krise steigert sich diese Regel-Versessenheit. In anderen Ländern heißt es einfach nur: Fuck you! In Deutschland reicht das nicht, wir wollen ganz genau wissen, wo genau das passieren soll: Ins Knie? Dann ist’s Okay!

Wir Schlupflochsucher

Dazu kommt – vermutlich seit 1968 – und sozusagen als Kontrapunkt: die ungezügelte Lust, Regeln in Frage zu stellen. Sobald eine Verordnung steht, wird sie sofort auseinander genommen und begutachtet. Wir suchen nach Regelungs-Lücken, nach Widersprüchen und Ungereimtheiten – und nach Schlupflöchern. Und natürlich finden wir immer alles davon.

Das Problem hat längst die da ganz oben erreicht. Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) ist es einfach leid. Anlässlich der neuen Coronaschutzverordnung bat der die Bürger des Landes fast flehentlich, jetzt nicht spitzfindig nach Umgehungsmöglichkeiten zu suchen. Ach, Armin. Träum weiter! Wir Deutsche sind für Regierende einfach das schlimmste Volk der Welt. Diese Kombination aus Regel-Sucht und Regel-Zerstörungswut macht uns einzigartig.

Selbst dem gemütlichen Gesundheitsminister von Nordrhein-Westfalen platzt mittlerweile der Kragen. In Karl-Josef Laumanns neuer Corona-Schutzverordnung steht der Satz: “Partys und vergleichbare Feiern sind generell untersagt.” Der Satz ist in seiner Einfachheit in Deutschland natürlich eine Provokation.

Reine Definitionssache

Wann genau und wo sind Partys verboten? Gilt das auch tagsüber? Auch für Familienmitglieder zweiten Grades? Und was überhaupt ist eine Party? Laumann meinte, jeder sei dazu in der Lage, ein Abendessen unter dem Weihnachtsbaum von einer Party zu unterscheiden. Man fragt sich: Wo lebt der Mann? Jedenfalls nicht im Land der Besserwisser und Paragrafen-Reiter, der Korinthenkacker, Bedenkenträger und Klugscheißer.

Aber ich mag jetzt erstmal nicht mehr mitmachen dabei. Ich flüchte mich unter den Weihnachtsbaum. Ich muss nur noch die To-Do-Liste vor dem Fest überarbeiten, die Wichtel-Regeln konkretisieren und die Reihenfolge festlegen, in der die Geschenke Heiligabend ausgepackt werden. Soll ja alles seine Ordnung haben. Deutsche Weihnacht. Ich freu mich drauf.

Über den Autor

Zwei Politikbetriebe durfte ich schon kennen lernen: den in Berlin und den in Brüssel, jeweils als Korrespondent für das WDR-Radio. Jetzt Düsseldorf. Erste Randbeobachtung: In Düsseldorf haut man sich heftiger. Im parlamentarischen Schlagabtausch werden die Kontrahenten auch gerne mal persönlich. Obwohl sich alle so gut kennen. Oder vielleicht gerade deshalb. Politikbetrieb Nummer Drei scheint spannend zu werden.

5 Kommentare

  1. “Deutsche Weihnacht. Ich freu mich drauf.”
    Und ich freu’ mich schon ganz besonders auf die Weihnachts- und Neujahrsansprache, die mir rührige Freudentränen in die Augen treiben und schiere Kraft geben werden … weit über den 10. Januar und meinen Impftermin hinaus.

  2. Sehr geehrter Herr Otto,
    einen für diese Diskussion ganz entscheidenden (nur deutschen?) Charakterzug haben Sie übersehen:
    Egoismus, Rücksichtlosigkeit, Verantwortungslosigkeit; ganz nach dem Motto „Freie Fahrt (z.B. nach Winterberg) für freie Bürger“! (Wäre es anders, würden wir in dieser Pandemie ganz anders dastehen und könnten auf die ganzen Regeln verzichten!)
    Aber gerade wegen der nicht funktionierenden Eigenverantwortung sind zum Schutz Aller Regeln erforderlich!
    Dass dann ganz sportlich nach Regelungs-Lücken, nach Widersprüchen und Ungereimtheiten und nach Schlupflöchern gesucht wird, darin ist die Politik ganz wesentlich mitschuldig, da sie solche ja teilweise sogar bewusst einbaut! Und da gibt es ja auch noch die „Flüsterer“ (landläufig „Lobbyisten“ genannt), die da fleißig mithelfen!

    Ich denke, wir sind uns in folgenden Punkten einig:
    Keinen Sinn machen Regelungen, die z.B. jenseits des gesunden Menschenverstandes angesiedelt sind, die realitätsfern sind, nicht oder kaum kontrollierbar sind (Laschet/Reul setzen dem noch die Krone auf: „Es wird nicht kontrolliert.“), deren Verhältnismäßigkeit / Sinnhaftigkeit äußerst zweifelhaft ist, unbestimmte Begriffe wie „Partys und vergleichbare Feiern“ juristisch wertlos sind, usw..
    Und davon wimmelt es nur so in der CoronaSchVO NRW.
    Unter diesen Gesichtspunkten stimme ich Ihrem Leitwort „Fuck you, Coronaschutzverordnung!“ letztendlich zu!

    Und trauriger Weise ist noch anzumerken, dass einmal gemeinsam gefasste Beschlüsse bereits am nächsten Tag in Frage gestellt werden und jeder nach seinem Gutdünken ausschert und was Eigenes macht. Da muss es keinen mehr wundern, wenn die Akzeptanz in der Bevölkerung gegen NULL tendiert!

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