Der Zirkus kommt in die Stadt. Am Sonntag (06.10.2019) zieht die Karawane der SPD-Bewerber weiter nach Duisburg. Dort findet dann die 21. von insgesamt 23 Regionalkonferenzen der SPD statt. Zuvor waren die sieben Kandidaten-Paare für den Parteivorsitz seit Anfang September quer durch die Republik getingelt.
Es ist ein regelrechter Regionalkonferenz-Marathon, den die SPD veranstaltet, um Nachfolger für die zurückgetretene Parteichefin Andrea Nahles zu finden. 23 Parteiversammlungen, 23-mal versuchen die Bewerber, etwas Originelles zu sagen. Ende Oktober soll das neue Spitzen-Duo feststehen, nachdem die rund 440.000 Parteimitglieder (davon ein Viertel aus NRW) per Urwahl abgestimmt haben.
Urdemokratisch, aber auch unverbindlich
Seit vielen Jahren gehören Regionalkonferenzen zum Repertoire der politischen Parteien. Zugespitzt könnte man sagen: Wenn die Parteiführung nicht mehr weiter weiß oder nicht mehr da ist, wird das Parteivolk zusammengetrommelt. Regionalkonferenzen sind urdemokratisch (alle interessierten Mitglieder dürfen vorbeischauen), aber auch komplett unverbindlich. Es gibt anders als bei Parteitagen kein Protokoll, keine Beschlüsse, keine konkreten Ergebnisse. Meist stellen die Mitglieder den Partei-Promis viele Fragen. Und die Partei-Promis bedanken sich anschließend artig:
Nach der Veranstaltung gehen die Gespräche weiter ?. Danke #Kamen! Volles Haus und gute Diskussionen! Morgen geht's weiter mit @klara_geywitz in #NRW in #Troisdorf.#unsereSPD #teamgeywitzscholz #geywitzscholz #SPDVorsitz #SPD pic.twitter.com/KJ3cUUwIKt
— Olaf Scholz (@OlafScholz) September 28, 2019
Für uns Journalisten sind Regionalkonferenzen nett. Ein paar Zitate fallen immer ab bei diesen Pow-Wows der innerparteilichen Gruppen-Therapie. Neulich bei der SPD-Konferenz in Kamen zum Beispiel meldete sich ein 13-Jähriger für eine Zwischenfrage. Der junge Jonas (noch nicht alt genug, um SPD-Mitglied werden zu dürfen) nutzte den Auftritt für ein flammendes Appell gegen die Große Koalition und für einen “klaren linken Kurs” der Sozialdemokraten.
Buhrufe für Blüm, Schelte für Rösler
Fast alle Parteien laden gern mal zu Regionalkonferenzen: 2010 lieferten sich Armin Laschet und Norbert Röttgen acht Rededuelle auf CDU-Konferenzen. Bei der FDP musste sich der damalige Parteichef Philipp Rösler (für jene, die sich noch an den ehemaligen Vizekanzler erinnern) 2011 die geballte Wut der Basis-Liberalen in Dortmund anhören. Und Ex-Bundesarbeitsminister Norbert Blüm wurde 2003 auf einer CDU-Regionalkonferenz in Düsseldorf ausgebuht, weil er den sozialpolitischen Kurs von Angela Merkel kritisiert hatte.
Wie repräsentativ ist die Stimmung auf Regionalkonferenzen? Meiner Einschätzung nach ist der Erkenntnisgewinn oft sehr überschaubar. Man kennt das aus jeder Jahreshauptversammlung eines beliebigen Vereins: Es kommen die, die immer kommen. Besonders die, die gerne meckern (oder einfach nur besonders gerne diskutieren). Repräsentativ für die große Mehrheit der Mitglieder ist das eher nicht.
Aber die nächste Regionalkonferenz kommt bestimmt. Gerade für Parteien im Krisenmodus ist der vermeintlich basisnahe Zirkus eine gute Show.