Bislang bin ich ganz gern auf Weihnachtsmärkte gegangen – Glühwein, Bratwurst, bunte Lichter und Weihnachtslieder haben bei mir, ich gebe es zu, immer ein bisschen das Gefühl von heiler Welt erzeugt. Diesmal könnte das anders sein.
Es kann passieren, dass uns im Dezember engagierte Wahlkämpfer bunte Flugblätter in die Hand drücken wollen, vielleicht zusammen mit ein paar gebrannten Mandeln. Statt Luftballons gibt’s Lebkuchen mit Parteilogos. Und das übrigens dann künftig alle vier Jahre: Wahlkampfgetöse in der Weihnachtszeit. Für mich klingt das gruselig, es passt nicht zusammen.
Aber gut, wir haben im Moment auch keine ganz normalen Zeiten und die heile Welt gibt’s ohnehin schon lange nicht mehr. In der Ukraine führt Putin weiter seinen brutalen Angriffskrieg und bedroht auch unsere Freiheit und Werte. Und auf der anderen Seite des Atlantiks kann Donald Trump, der von ehemaligen Weggefährten als Faschist bezeichnet wird, die US-Demokratie nach seinen Vorstellungen umbauen.
All dem eine stabile und souveräne Regierung entgegensetzen? Unbedingt! Aber ein paar Wochen Ruhe bis zur Wahl ändern weltpolitisch auch nichts.
Wir müssten nach dem Ampel-Aus so schnell wie möglich neu wählen, wenn es nach NRW-Ministerpräsident Wüst geht. Das sei “ein Akt der politischen Vernunft”, sagte er am Donnerstag in Düsseldorf. Ein Blick auf die aktuellen Umfragen verspricht der Union einen großen Erfolg. Die AfD kann sich Hoffnungen auf Platz 2 machen. Mich überzeugen überhastete Neuwahlen nicht. Die Parteien müssen jetzt eh schon superschnell ihre Landeslisten aufstellen und Kommunen Wahlbüros- und Helfer aktivieren.
Manchmal ist es gut, mal kurz Luft zu holen, sich zu sammeln, neu nachzudenken und dann mit einem Plan zu starten. Das gilt auch für die Parteien. Aktuell versuchen alle, sich in die beste Position zu bringen. Die parteipolitischen Interessen scheinen wichtiger als die des Landes.
Es gibt ja tatsächlich ein paar Probleme, für die die Politik schnell Lösungen liefern muss. Die Wirtschaft schwächelt, die Industrie klagt über hohe Energiekosten und zu viele Menschen im Land haben schlicht zu wenig Geld im Portemonnaie bzw. auf dem Bankkonto. Laut aktuellem Sozialbericht wächst die Ungleichheit in Deutschland weiter. Die oberen 10 Prozent besitzen 56 Prozent des Vermögens. Am unteren Ende fehlt das Geld für Weihnachtsgeschenke.
Vielleicht können sich Friedrich Merz und Olaf Scholz doch noch darauf einigen, ein paar dieser Probleme gemeinsam anzupacken und durch den Bundestag zu bringen – und zwar bevor wir in einen hitzigen Wahlkampf einsteigen. Mein Kollege Jochen Trum sieht das mit der Neuwahl anders. Lesen Sie auch gerne seine Meinung.
Für mich ist klar: Scholz und Merz müssen aufeinander zugehen, was den Wahltermin und die Lösung der dringenden Probleme betrifft. Ich bin skeptisch, ob das den beiden gelingt.
Aber wünschen darf man ja mal, ist ja schließlich bald Weihnachten.
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2 Kommentare
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Ist Wahlkampf im Karneval besser als in der Weihnachtszeit?
Das war nur eines von vielen Scheinargumenten der SPD um das in die Länge zu ziehen. Die Ampel ist gescheitert weil Wunschdenken von Rot-Grün nur mit Geld drucken finanzierbar war. Ich kann nicht erkennen, dass sich mit Neuwahlen etwas bei Rot-Grün ändern würde, schon gar nicht wenn die SPD wieder Scholz ins Rennen schickt. Die SPD muss sich für die Wahl eine andere Politik einfallen lassen und Scholz kann schlecht erklären was er im Gegensatz zu Scholz anders machen würde (Tagesschau: es grummelt in der SPD). Egal wie lange man das hinauszögert, egal ob Weihnachten oder Karneval..
„..am Aschermittwoch ist alles vorbei.“
Aber ständige Wiederholungen im Framing nerven extrem.
Mit nur etwas kritischer Distanz müsste dem leichtgläubigsten Journalisten auffallen, wenn die Vokabel „Angriffskrieg“ wie eine Gebetsmühle abgeleiert wird kann damit etwas nicht stimmen.
Es gibt keinen „Angriffskrieg“, es gab 2013 einen US Regime Change der wie so oft im Bürgerkrieg endete. Unterstützung von USA, EU und Russland haben daraus einen Stellvertreterkrieg gemacht aber das wurde 2022 kein anderer Krieg. Und wenn Trump beenden kann was seine Vorgänger angezettelt haben, wäre er besser für den Friedensnobelpreis geeignet als Obama (Amtszeit 2009 bis 2017).
Auf den Weihnachtsmärkten stören mich die Taschendiebe, nicht Wahlkämpfer.