Tag 49: Ist kurz

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Tag 49: Ist kurz

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Heute wird die Vernehmung eines Ordnungsamtsmitarbeiters fortgesetzt. Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidigung hätten die Möglichkeit, Nachfragen zum vergangenen Prozesstag zu stellen. Es kommen aber nur wenige Präzisierungsfragen und nach nicht einmal einer Dreiviertelstunde ist der 64-jährige vorläufig aus dem Zeugenstand entlassen.

Einige Nebenkläger ziehen zurück

Im weiteren Verlauf geht es mit den Nebenklägern weiter. Vier von ihnen haben ihre Nebenklage widerrufen, so dass in ihren Fällen das Verfahren gegen die Angeklagten nicht fortgeführt wird. Richter Plein will auch den Anwalt eines durch viele Presseauftritte bekannten Nebenklägers davon überzeugen, auch seine Klage zu widerrufen. Denn die Recherchen eines Anwalts der Verteidigung haben erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Mannes und sein Anrecht auf Schmerzensgeld aufkommen lassen. Er selbst ist heute nicht anwesend, gesundheitliche Probleme heißt es.

Es geht um die Außenwirkung

Der Richter baut wahrhaft goldene Brücken: Worum es seinem Mandanten denn gehe, will er vom Anwalt wissen. Darum, als Nebenkläger aufzutreten, oder am Prozess teilnehmen zu dürfen? Eine ganze Zeit lang zählt Plein Möglichkeiten auf, wie der Mann sich elegant aus einer möglicherweise selbst gebauten Falle – unter anderem Rückzahlung von Prozesskostenhilfe – herausziehen könnte. Zum Beispiel, indem er gesundheitliche Probleme geltend mache. Der Anwalt sagt nur, er werde das seinem Mandanten vortragen. Aber dieser habe auf Seiten der Nebenkläger schließlich eine exponierte Stellung eingenommen. Wenn er jetzt die Klage offiziell widerrufe, könne das womöglich ein falsches Bild in der Öffentlichkeit erzeugen.

Dem Staatsanwalt platzt der Kragen

Ein weiterer Nebenklage-Vertreter meldet sich zu Wort: Man gewinne den Eindruck, der Mann solle als „eine politische Symbolfigur“ dieses Prozesses aus dem Verfahren gedrängt werden. Da platzt dem Staatsanwalt der Kragen: Wenn der Nebenkläger unbedingt wolle, dass sein Verhalten, seine Integrität und seine Krankengeschichte vor Gericht auseinandergepflückt würden, nur, um in der Öffentlichkeit sein Gesicht zu wahren, dann werde man dies eben tun müssen.

Kräfte sammeln

Der Prozesstag endet noch vor der Mittagspause. Eine gute Gelegenheit, Kräfte für die kommenden Tage zu sammeln, sagt der Richter. Morgen beginnt die Vernehmung des Wissenschaftlers Michael Schreckenberg. Er hatte die Planungen, oder doch zumindest Teilbereiche der Planungen, zur Durchführung der Loveparade am 24. Juli 2010, begutachtet.

Über den Autor

Geboren 1969 in Bremen, Mensch- und Journalistenwerdung in Rheinland und Ruhrgebiet und seit 2008 für den WDR als Reporterin in Düsseldorf, Duisburg und Umgebung unterwegs. Das Unglück bei der Loveparade habe ich von Anfang an immer wieder journalistisch begleitet, vom Folgetag an viel Zeit im Tunnel verbracht, Eindrücke gesammelt, Menschen befragt, berichtet. Auch über die politischen Folgen, wie die Abwahl des Oberbürgermeisters Sauerland und das juristische Hickhack im Vorfeld dieses Prozesses.

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