Tag 75: Auch die Feuerwehr macht keine gute Figur

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Tag 75: Auch die Feuerwehr macht keine gute Figur

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„Dat bringt hier alles nix“, soll der Feuerwehr-Einsatzleiter sinngemäß gesagt und schon vor der Mittagspause kopfschüttelnd den Raum verlassen haben. Sein ehemaliger Kollege – heute wieder Zeuge im Loveparade-Prozess – berichtet von einem Sicherheits-Workshop im Frühjahr 2010. Auch er findet, der Vortrag des Seminarleiters sei viel zu allgemein gewesen. Interessant: Der Seminarleiter selbst hat bereits im August als Zeuge vor Gericht beteuert, eindringlich vor Planungsfehlern gewarnt zu haben. Wie sich die Wahrnehmungen unterscheiden.

Heute wird deutlich, dass auch die Feuerwehr bei Sicherheitsfragen zumindest ungenau gearbeitet haben dürfte. Eine mangelhafte Entfluchtungsanalyse – Teil des Brandschutzkonzeptes – ließ der Zeuge nach offenbar oberflächlicher Betrachtung durchgehen. Bei Fragen zur Sicherheit im Tunnel habe er sich außerdem darauf verlassen, dass das „bei Polizei und Veranstalter in guten Händen“ sei. Dass die Feuerwehr zur Abnahme des Geländes einen Tag vor der Veranstaltung nicht geladen war: Nicht groß hinterfragt. 

Verteidiger legen Fokus auf die Polizei

Die Verteidiger setzen in ihrer Zeugenbefragung den Fokus auf den Veranstaltungstag. Sie lassen Fotos auf die Leinwände projizieren. Es sind Bilder, die wir in ähnlicher Form längst kennen. Bilder von Menschenmassen, von umgerissenen Zäunen, von der vielbesprochenen Polizeikette: „Die Frage ist mir immer im Kopf geblieben: Warum diese Sperrung, diese Kette an dieser Stelle zu dieser Zeit?“ 

Genau hier wollen die Verteidiger den ehemaligen Feuerwehrmann wohl haben – bei der Polizei und ihrer möglichen Mitschuld an der tödlichen Massenpanik. So dreht sich die Befragung weniger um die Arbeit der Feuerwehr am Veranstaltungstag. Vielmehr zielen die Fragen darauf ab, wie der Zeuge die Aktivitäten der Polizei wahrgenommen hat.

Mit Toten gerechnet?

Die Feuerwehr habe für die Loveparade 40 Leichensäcke bereitgehalten, merkt ein Verteidiger an. Er will wissen, warum die Feuerwehrmänner nach den ersten Todesmeldungen schockiert waren. Worauf er hinaus will, scheint klar: Hatte die Feuerwehr mit der Katastrophe gerechnet? Der Zeuge erklärt, dass Empathie auch erfahrenen Feuerwehrmännern nicht fremd sei. Dann darf er gehen.

Polizist lässt viele Fragen offen

Für den Nachmittag lädt das Gericht, einen weiteren Polizisten. Leise, fast schüchtern schildert er seine Aufgaben bei der Vorbereitung des Polizeieinsatzes. Er beantwortet Fragen des Richters nach Zuständigkeiten und einzelnen Planungsbeschlüssen. Wirklich konkret wird er dabei allerdings nicht, wirkt oft ahnungslos, weil er sich nach eigener Aussage nicht erinnern kann oder nicht beteiligt war. Vielleicht werden wir morgen schlauer.  

Über den Autor

Geboren 1985 in Rees am Niederrhein. Studium in Bochum (Germanistik und Geschichte). Seit 2012 als Journalist in Duisburg. Onliner bei der WDR Lokalzeit aus Duisburg sowie Radiomacher (u.a. WDR5 und Deutschlandfunk Nova).

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