Geschichten – haben nach wie vor keine allzu guten Chancen auf einem literarischen Markt, der fast voll und ganz auf Romane setzt. Die, nebenbei gesagt, mitunter auf Hunderten Seiten nicht mehr Substanz aufweisen, mitunter sogar weniger – als eine richtig gute Kurzgeschichte. Um so erfreulicher also, dass auf dem neuen “Weltempfänger”, der Bestenliste für Literaturen aus dem globalen Süden, gleich drei von sieben Empfehlungen Bände mit Stories sind. Die, versprochen, allesamt auf verschiedene Weise jede Menge Essenz aufweisen. Lesley Nneka Arima ist mit ihrem Debüt “Was es bedeutet, wenn ein Mann aus dem Himmel fällt” (Culturbooks, übersetzt von Zoe Beck, Euro 20) auf Nummer Eins gelandet; sorgsam komponierte und dicht konzipierte Stücke, die sehr einfallsreich aus dem Migratonsmilieu zwischen Nigeria und den USA erzählen, sozusagen analog zur Biographie der Autorin. Direkt dahinter der Brasilianer Geovani Martins mit seinem Debüt “Aus dem Schatten” (Suhrkamp, übersetzt von Nicolai von Schweder-Schreiner, Euro 18,–), noch so eine Entdeckung, ein weiteres Top-Talent; er erzählt rauh und straff und konzentriert aufs Allernotwendigste vom Leben in der Favela und trifft damit mitten in die brasilanische Gegenwart. Auf Rang Sechs last not least Sara Rai mit “Im Labyrinth” (Draupadi Verlag, übersetzt von Johanna Hahn, Euro 18) – erstmals auf Deutsch mit diesem Band eine Auswahl von Erzählungen der indischen Schriftstellerin, die in Allahabad lebt und auf Hindi, auf Urdu und auf Englisch schreibt, eine stilistisch breit aufgestellte Chronistin der Umbrüche, die der Turbo-Wandel für die indische Gesellschaft bedeutet – auch sie jedenfalls eine spannende Entdeckung. Und zum kompletten “Weltempfänger” geht´s hier …
Vom aktuellen “Weltempfänger”: Geschichten aus Nigeria/den USA, Brasilien und Indien
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