Zelba ist in Frankreich eine bekannte Illustratorin und Zeichnerin, mit “Im selben Boot” wurde jetzt erstmals ein Werk von ihr ins Deutsche übersetzt. Was erstaunlich ist, denn Zelba stammt aus Deutschland, sie heißt eigentlich Wiebke Petersen, lebt aber seit vielen Jahren in St. Etienne, der Liebe halber. Lange davor hatte sich ein ganz anderes Leben, Wiebke Petersen, die in Essen groß wurde, war nämlich Teil der ersten gesamtdeutschen Rudermannschaft und wurde 1991 sogar Juniorenweltmeisterin. Davon erzählt sie in “Im selben Boot” (Verlag Schreiber & Leser, Euro 22,80) sehr verschmitzt und mit einem tollen Blick für die Details. Eine sehr besondere Wendegeschichte zum 30jährigen Jubiläum der Wiedervereinigung – zugleich aber auch eine Coming of Age-Story, der man den Spaß an der Freude beim Zeichnen und beim Texten auf jeder Seite anmerkt.
Den Schauspieler George Takei, würde ich mal behaupten, kennt fast jeder – als Hikari Sulu, den Steuermann der Enterprise in zahllosen “Star Treck”-Filmen und – Folgen. Seine Kindheits- und Jugendgeschichte ist es vor allem, um die es in der Graphic Novel “They called us Enemy. Eine Kindheit im Internierungslager” (Cross Cult, Euro 25,–) von Justin Eisinger, Steven Scott und Harmony Becker geht. George Takei ist nämlich der Sproß japanischer Einwanderer in die USA – als Kind erlebte er nach Pearl Harbour und dem Kriegseintritt der USA die Hetze gegenüberüber japanischstämmigen AmerikanerInnen, die schließlich in eine jahrelange Internierung in Lagern weitab von allem mündete. Davon erzählt und berichtet diese Graphic Novell mit vielen Aha-Erlebnissen, insbesondere wenn es um die Strukturen des Rassismus geht, der diesen Internierungen zugrunde lag – sie erinnern in vielerlei Hinsicht an entsprechende Argumentationsmuster in der Gegenwart, wenn ganz Gruppen abgewertet werden sollen. “Star Trek” bzw. “Raumschiff Enterprise” war demgegenüber von Beginn an und gezielt ein Projekt, das Offenheit gegenüber Anderen und Vielfalt nicht bloß repräsentieren, sondern auch vertreten sollte, und George Takei wurde ganz gezielt wegen seiner Herkunft und seiner Kindheitsgeschichte für seine Lebensrolle besetzt. Ein sehr spannendes und aufschlußreiches Projekt.
Uli Oesterle ist einer der besten und anerkanntesten deutschen Illustratoren und Zeichner; für seine Geschichten um einen Typ namens Hector Umbru, die in Teilen in der Rave- und Clubszene handeln, wurde er auch weit jenseits der Grenzen dicke gefeiert, etwa in Frankreich und den USA, den wichtigen Comic-Ländern also. In seinem teils autobiographischen, teils auch fiktionalisierten Projekt “Vatermilch” (Carlsen, Euro 20,–) erzählt er von einem Typen, der eines Tages plötzlich aus dem Leben seiner Familie verschwand – und erst Jahrzehnte später mehr oder minder zufällig wieder “auftauchte” bzw. entdeckt wurde. Es geht, klar, um Uli Oesterles Vater, einen Lebemann, der nichts anbrennen lässt, dann aber einen großen und tödlichen Fehler begeht, so wird der Sohn sehr viel später herausfinden. Ein Fehler, der ihm, so glaubt der Vater, keine andere Wahl lässt, als die aus seinem Leben zu verschwinden – in die namenlose Obdachlosigkeit … “Die Irrfahrten des Rufus Himmelstoss” ist der erste von vier Bänden, in denen Uli Oesterle diese, seine Geschichte erzählen will, eine Vater-Sohn-Geschichte, eine Identitätsrecherche, auch eine zeitgeschichtliche Erkundung. Unfaßbar eigentlich, wie einen dabei die Bildebene in die (Un-)Tiefen er Geschichte zieht, jedes Einzelne im Prinzip, aber auch die Gesamtkomposition, das ist ganz große Comic-Kunst.