Die Nazijäger

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Die Nazijäger

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Es beginnt mit einer Ohrfeige, aber da sind wir im Grunde schon mittendrin: Im November 1968 trickst eine junge Frau namens Beate Klarsfeld sich ohne offiziellen Zugang auf den CDU-Parteitag – und verabrecht dem amtierenden Bundeskanzler Kiesinger sehr öffentlichkeitswirksam diese berühmte Schelle, die, wenn man so will, in die Geschichte eingeht. Warum? Weil er einer von vielen Funktionären der NSDAP und des “Dritten Reiches” ist, die in der Nachkriegszeit mehr oder weniger unbeschadet Karriere machen konnten, bis hin in höchste Ämter der Bundesrepublik.
In einem Schellprozess wurde Beate Klarsfeld zu einem Jahr Gefängnis verurteilt; die Strafe wurde allerdings nicht vollstreckt, weil sie neben der deutschen auch die französische Staatsbürgerschaft hatte, und es galt noch das Besatzungsrecht. Diese doppelte Staatsbürgerschaft hatte Beate Klarsfeld deshalb, weil sie ein paar Jahre zuvor in ihrer Au-pair-Zeit in Paris einen jungen Franzosen kennen gelernt hatte: Serge Klarsfeld, angehender Historiker. Die beiden verliebten sich, heirateten irgendwann, bekamen Kinder, sind heute noch ein Paar.
Und zwar ein ganz besonderes Paar: Serge Klarsfeld hatte in seiner Kindheit als jüdischer Franzose die deutsche Besatzung nur mit Glück überlebt, sein Vater wurde nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Durch die Begegnung mit ihm realisierte Beate, die junge, verliebte Deutsche in Paris erst, welche unfaßbaren Gräuel die Besatzer zu verantworten hatten. Zusammen arbeitete das Paar dann in der Nachkriegszeit und im Prinzip ein Leben lang daran, die Verantwortlichen aufzuspüren und vor Gericht zu bringen – die berühmten Nazijäger … die zum Beispiel Klaus Barbie in Südamerika aufspürten, wo der einstige “Schlächter von Lyon” mit neuer Identität mehr oder minder ungestört lebte.
Er war ziemlich gespannt, ob das funktionieren würde, diese so komplexe wie besondere Lebensgeschichte als Comic zu erzählen, sagt Serge Klarsfeld – und er ist überrascht, wie gut es geklappt hat: “Hier sind wir also in einem historischen Comic, den unsere Enkel Seite für Seite durchblättern werden, bevor sie unsere Erinnerungen lesen, und sie können sich sagen, dass, auch wenn Opa und Omi vielleicht nicht Superman und Superwoman waren, sie doch ganz schön was geleistet haben.”
Und die Ohrfeige? Omi war irgendwie auch eine frühe Influencerin, würden die Enkel vielleicht sagen. Ganz schön was geleistet haben jedenfalls auch Pascal Bresson & Sylvain Dorange, die für “Die Nazijäger” verantwortlich zeichnen: Exzelltente thematische Gewichtung und Priorisierung des Wesentlichen, man merkt, dass sie eng mit den Klarsfelds zusammen gearbeitet und dabei gut zugehört haben. Und sowohl die graphische Umsetzung wie auch die Dramatisierung ist exzelltent gelungen – eine der besten biographischen Graphic Novels, die mir bislang untergekommen sind.

Ein Kommentar

  1. Line Azémar am

    Hallo! Höre ganz begeistert Eure Sendung zu und wollte so gerne das Deutsch-Französische Buch-Paket mit Krimi und Grafik novel gewinnen, leider finde ich die Rufnummer nicht, snif ! Bin selber Drei-Französisch und lebe in Berlin (vorher in Paris, da sagt mir die gare d Austerlitz was 😉
    Liebe Grüße
    Line

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