Ein junger Mann liegt im Schützengraben. Ein Geschoss hat ihm den Bauch zerfetzt. Keine Chance. Sein Schmerz ist unermeßlich. Immerhin, sein bester Freund ist bei ihm. Der Sterbende bittet den Lebenden, ihn zu töten, sein Leiden zu beenden. Drei Mal. Der Überlebende kann seinem Freund diesen Dienst nicht erweisen, er schafft es einfach nicht, ihm bleibt nur, dem Anderen zuzusehen, wie der langsam, qualvoll sein Leben aushaucht. Später, nach dem Tod des Freundes, wird er unerbittlich sein, kein Risiko scheuen – keine Gnade walten lassen. Mit den Feinden, die er einzeln aus ihren Schützengräben zieht, um sie ebenso grausam zu töten wie das bei seinem Freund der Fall war.
Eine so grausige wie alltägliche Geschichte, mit Blick auf den Stellungskampf im Ersten Weltkrieg. Der Roman “Nachts ist unser Blut schwarz” (Übersetzt von Andreas Jandl, Aufbau Verlag, Euro 18,–) ist ein Antikriegsroman, der den Wahnsinn dieses Krieges exakt fokussiert, und zwar aus konzentriert subjektiver Perspektive: Es gibt keine Chance (für die “kleinen” Männer an der Front), dem Töten und dem Sterben zu entrinnen. Das kennt man schon aus vielen anderen Romanen, allen voran dem Klassiker “Im Westen nichts Neues” von Erich Maria Remarque. Das Besondere an dieser Geschichte, für die David Diop jetzt mit dem International Booker Prize ausgezeichnet wurde, sind die Protagonisten, auf denen der Fokus speziell ruht: So genannte “Senegalschützen”, Soldaten also aus den französischen Kolonialgebieten, um die 180.000 waren es – ihnen setzt David Diop mit seinem Roman ein Denkmal.