Frankenstein in Bagdad, das ist ein junger Mann, den ein anderer aus Teilen zusammengesetzt hat – Körperteilen von Menschen, die nach Bombenanschlägen nicht zugeordnet werden konnten. Oder die einfach liegen blieben. Irgendwie erwacht diese Gestalt zu einer Art von Leben, irrt und wirrt dann durch die Stadt, auf der Suche nach Seelenruhe, wird zum Rächer der Getöteten und so zum Serienmörder, dem Journalisten, die Polizei, der Geheimdienst, sogar amtlich bestellte Geisterjäger auf den Fersen sind.
Ahmed Saadawi erzählt die Geschichte dieses Wesens, zugleich die Geschichten vieler Menschen um den so genannten “Soundso” herum, die der Gesellschaft also; die Verhältnisse im Irak der Zeit nach der US-Invasion werden gespiegelt, und man darf annehmen, dass diese Spiegelung auch heute noch – bzw. wieder – über hinreichend Aktualität verfügt: Das Bild eines Landes, das an Chaos, Korruption und Wahnsinn zu ersticken droht, in dem man halt trotzdem zu (über)leben suchen muss, das letztlich aber bis auf weiteres nur einen möglichen Ausweg sinnvoll scheinen lässt, wenn man die Möglichkeit hat, ihn zu beschreiten: den der Emigration.
“Frankenstein in Bagdad” (Assoziation A, Euro 22, übersetzt von Hartmut Fähndrich) ist ein krasser und heftiger Roman, der auf eine merkwürdige Weise auch sehr unterhaltsam anmutet. Beeindruckend, auf welchem Nivaeu Ahmed Saadawi seine Geschichte auch stilistisch und erzähltechnisch umzusetzen weiß, als wilde Mischung aus Bestandteilen und Reminiszenen verschiedenster Genres und Gattungen. Insofern, bei aller Bitterkeit, was die die realen Verhältnisse angeht, die auf diese Weise reflektiert werden: Auch ein grandioses (Toten-) Fest des Erzählens.