Ein Vorschlag für Menschen, die sich vor dem kommenden Corona-Winter gruseln, weil sie sich fragen: Was kann man tun, wenn es zum Draußensitzen zu kalt wird? Eine Möglichkeit statt Serien zu streamen oder Bücher zu lesen wäre das Hören – und zwar von Thomas Pynchons opulentem Meilenstein “Die Enden der Parabel”: Dieser Klotz von einem Roman, ein Höhepunkt der Postmoderne, der auf seiner ganz eigene Weise aus der endenden Weltkriegs- wie der Nachkriegszeit in England und Deutschland erzählt, scheint eigentlich unverfilm- und entsprechend unvertonbar. Der SWR hat es trotzdem geschafft, in jahrelanger Arbeit ein Hörspiel draus zu machen, sogar mit expliziter Zustimmung des nur phantomhaft existierenden Autors – insgesamt 811 Minuten, in Serienstruktur, die einen in dieser extrem facettenreichen Geschichte versinken lassen, und zwar gerade auch akustisch extrem beeindruckend, auf der Höhe der Kunst. Mehr zu dem Roman und zu dem Projekt demnächst auf diesem Blog. (Das Hörspiel ist in einer schön gemachten Box mit 13 CDs bei Hörbuch Hamburg erschienen, kostet Euro 79,99 – seit dem 17.9. ist das Projekt bis auf weiteres auch als Download auf der Netzseite des SWR kostenlos verfügbar, und zwar HIER.)
Erich Maria Remarque, der von 1898 bis 1970 lebte, ist einer der erfolgreichsten Schriftsteller der deutschsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts – und einer der verkanntesten. Sein Antikriegsroman “Im Westen nichts Neues” ist einer der meistverkauften Romane überhaupt. Trotzdem (oder deswegen?) bekam er für sein facettenreiches Werk nie die Anerkennung als “Klassiker”, die ihm eigentlich gebührt hätte, geriet auch immer wieder mal vorübergehend fast in Vergessenheit. Ein weiterer Grund dafür ist neben seinem schillernden “Promi”-Leben sicher auch die Tatsache, dass er sich nicht scheute, gravierende Themen auch mit Mustern und Methoden der Unterhaltungsliteratur zu erzählen, was für Gralshüter der wahren Kunst früher noch viel stärker ein Ausschlußkriterium war als heute. Sei´s drum. Eines der Themen, die Remarque umtrieben, auch auf Basis eigener Erfahrung, ist das Schicksal der EmigrantInnen, die Verlorenheit derer, die im eigenen Land nicht mehr erwünscht sind. Davon zeugt zum Beispiel sein Roman “Die Nacht von Lissabon” – in dem er das Schicksal von zwei Paaren, die zur Emigration aus Deutschland gezwungen sind, als Liebesgeschichte erzählt, teils mit tragischem Ausgang, teils mit Happy End. Sowohl der Roman “Im Westen nichts Neues” wie auch “Die Nacht von Lissabon” sind vom Radio Bremen neu als Hörspiel produziert worden – und jetzt auch als CD verfügbar, sehr hörenswert. (Der Audio Verlag, jeweils Euro 15,–)