Michael Connelly ist einer der wichtigsten internationalen Kriminalschriftsteller; er hat Dutzende Romane veröffentlicht und im Prinzip alle wichtigen Preise abgeräumt. Weltberühmt wurde er vor allem mit seiner Harry Bosch-Reihe, von der Amazon seit 2014 unter dem Titel “Bosch” mittlerweile sieben Staffeln als Serie veröffentlicht hat. Wie findet ein Mensch mit begrenztem Zeitvorrat Zugang zu solch einem immensen Universum? Mir wollte das trotz mehrerer Versuche bislang nicht so recht gelingen – deshalb habe ich neulich den Quereinstieg gewagt: Im vergangenen Jahr hat Connelly eine neue Reihe gestartet, mit der Ermittlerin Renée Ballard, die zur Nachtschicht der Polizei in Los Angeles strafversetzt wurde, weil sie einen Vorgesetzten wegen sexueller Belästigung angezeigt hatte. Das war “Late Show”, ein exzellenter, dichter Polizeiroman im Connelly-Stil, aber eben aus “junger” und weiblicher Perspektive erzählt. In diesem Jahr nun ist der Nachfolger “Night Team” erschienen, ebenfalls ein sehr konzentrierter, klasse erzählter Cop-Roman, und in dieser Geschichte kommt neben Renée Ballard nun eben auch Harry Bosch als weiterer zentraler Protagonist mit ins Spiel. Und das ist konzeptionell sehr gut gemacht, bestens geeignet zum Quereinstieg: Hier der alte Haudegen, immer noch präsent – aber auch demütig, denn ihm ist klar, nicht zuletzt durch die Geschehnisse der aktuellen Ermittlungen: Seine Zeit läuft langsam, aber sicher ab, den jungen Frauen im Team gehört die Zukunft. (Übersetzt von Sepp Leeb. Kampa Verlag. Euro 19,90)
Insel-Lektüre (04): “Night Team” von Michael Connely
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