Märchen mal anders

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Märchen mal anders

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Märchen? Da denkt man natürlich direkt an die Gebrüder Grimm. Oder an “Tausendundeine Nacht”. An alte, überlieferte Texte – und an Kinder, denn Märchen sind doch Texte für die Kleinen, oder? Nein, natürlich nicht; das ist, sagen wir, eine kulturelle Praxis, die sich so ergeben hat, der Sache aber nicht gerecht wird. Ein Irrtum. Denn Märchen haben jede Menge subersives Potential, das weit über eine Funktion als erbauliche Geschichtchen zum Vorlesen hinaus weist. Dann auf jeden Fall, wenn der österreichische Schriftsteller Michael Köhlmeier sie erzählt. Er ist ein leidenschaftlicher Anhänger und Verfasser von Märchen, schon seit vielen Jahren. Die Märchen, sagt er, seien die Primzahlen der Literatur, weil sie nur auf verquere Weise Sinn machen und sich dem Rationalen zugleich entziehen. Sie sind eine Geschichte in einem Bild, das meist nicht erklärbar ist und doch jede Menge Erklärungsversuche zulässt. Man kann sie nicht verstehen, weil sie sich dem Rationalen per se entziehen, ins Traumhaft-Unbewußte, doch bieten sie zugleich oft trotzdem jede Menge Verständnismöglichkkeiten. Sie glänzen mit Wendungen, Dilemmata, Paradoxien. Und häufig erschüttern sie einen damit auch, im produktivsten Sinne. “Die Märchen” von Michael Köhlmeier sind jetzt gesammelt in einem opulent gemachten Band erschienen, toll illustriert von Nikolaus Heidelbach – ein klasse Weihnachtsgeschenk, nicht bloß für Erwachsene. (Hanser Verlag, Euro 58).

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