Nochmal etwas ausführlicher: Krisha Kops und sein Debütroman “Das ewige Rauschen”

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Nochmal etwas ausführlicher: Krisha Kops und sein Debütroman “Das ewige Rauschen”

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Wo kommt Du denn her, also eigentlich? Eine bei Menschen mit Migrationsbiographie nicht sonderlich beliebte Frage, die trotz aller Diskurse zu dem Thema gleichwohl weiterhin häufig gestellt wird. Krisha Kops, Münchener Philosoph und Schriftsteller mit deutsch-indischen Wurzeln, reagiert darauf in seinem Debütroman „Das ewige Rauschen“ indem er die Not zur Tugend macht: Die Herkunftsfrage ist der Kristallisationspunkt der Geschichte, die sich aus vielen verschiedenen Lebens-Geschichten zusammensetzt, und zwar den die Geschichten seiner Vorfahren. Eine literarische Ahnenforschung, die quer durch Europa und nach Südindien führt – kombiniert mit einer zweiten substantiellen Fragestellung: Welche Rolle spielt dieses Herkommen möglicherweise dafür, dass ich der wurde, der ich bin?

„Das ewige Rauschen“ ist also ein Familienroman, der verschiedene spannende spannende Biographien erzählt, klug eingebettet in die Umstände der Zeitgeschichte, der Bogen reicht von der Kolonialzeit über den Zweiten Weltkrieg, die Phase des Kalten Krieges bis in die Gegenwart. Ein Füllhorn von Abenteuern und auch Anekdoten tut sich da auf; Begebenheiten und Erlebnisse, die immer wieder auch davon erzählen, dass ihre Heldinnen und Helden sich in ihrer Zeit fragen müssen, wer sie sein wollen – und sich dann auf den Weg machen, sich und die Welt neu zu erfinden, das führt von Pommern nach Hagen, aus dem südlichen Indien nach München, zugleich auch nach Italien und ins ehemalige Jugoslawien.

Wer dieses Ich ist, das in dieser Geschichte die Wer-bin-ich-Frage stellt, das ist natürlich auch so eine Frage – deren Antwort der Roman erfreulicherweise weitgehend verweigert. Der Erzähler, den Krisha Kops für seine Geschichte gewählt hat, ist eine Banyanfeige, ein Baum also, der durch Migration und Luftwurzeln in seiner Umgebung bestehen muss, bevor er sich richtig in der Erde verwurzeln kann. Die Geschichten, die dieser Banyanbaum wiedergibt, werden ihm von den Winden erzählt, für die es bekanntermaßen wieder zeitliche noch räumliche Grenzen gibt. Das macht Vieles möglich, auch so ein eigentlich ja fast unvorstellbares, zumindest höchst unwahrscheinliches Wunder wie das Resultat all dieser Geschichten, die Geburt des Deutsch-Inders Krisha Kops, der einst Schriftsteller werden wird und dabei den erzählenden Banyanbaum für seinen Debütroman erfindet.

Ein allwissender Erzähler also, der doch höchst zeitgenössisch aus dem Fragmentarischen schöpft; ein großes Ganzes, das des Romans, entsteht erst durch sein Erzählen. Wo kommst Du denn her? Na, aus der zeitgenössischen deutschen Literatur. Das ist aber noch nicht alles. Denn Krisha Kops ist ja nicht nur Schriftsteller, sondern auch Philosoph – der sich mit Fragen der interkulturellen Philosophie, des Dazwischen beschäftigt. In seinem Debütroman ist das sorgsam eingewirkt, das macht diesen „Familienroman mit Migrationshintergrund“ zu einem besonderen unter vielen. Das Erzählerische korrespondiert auf sehr gelungene Weise spielerisch mit dem Philosophischen: Eine Hommage an die Identitätspluralität.

(Krisha Kops: Das ewige Rauschen. Arche Verlag, 2021. 287 Seiten. ISBN 978-3-7160-2808-7. Euro 22,–)

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