Kantinenkrise: Zwischen Parlament und Regierung geht es gerade um die Wurst

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Kantinenkrise: Zwischen Parlament und Regierung geht es gerade um die Wurst

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“Komm Christoph”, schreibt mir der empörte Mitarbeiter eines Ministeriums, “wir gönnen uns ab jetzt den Italiener hier, der hat ‘nen Mittagstisch”. Er ist schwer angesäuert, spricht von einem “Skandal”, den der Kölner Stadt-Anzeiger enthüllt hat und der dieser Tage hohe Wellen im Regierungsviertel schlägt. Was war geschehen? Landtagspräsident André Kuper (CDU) hatte dem Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminski (ebenfalls CDU), einen deutlichen Brief geschrieben. Selbstredend liegt mir das brisante Dokument vor.

Lange Schlangen und lautes Knurren

Hinter der Betreffzeile “Steuerung des Gästeaufkommens im Restaurant des Landtags” verbirgt sich nichts anderes als ein Angriff auf die wichtigste Gewohnheit eines Arbeitslebens. Es geht um die Frage: Wann gehst Du Mittagessen? Im WDR Funkhaus, unweit des Landtags, war lange Zeit gegen 12.15 Uhr die beste Zeit, um schnell an den Mittagstisch zu kommen.  Früher war das der sogenannte “Slot”, in dem alle TV-Kollegen und Kolleginnen noch an der Mittagsausgabe von WDR aktuell schraubten (die wird inzwischen aus Köln gesendet), und beim nun ebenfalls im Haus beheimateten ZDF hat sich noch nicht herumgesprochen, dass es bei uns kurz nach zwölf sowas wie ‘ne Fast-Lane an der Kantinentheke gibt. Würde ich in der Redaktion an dieser Zeit wackeln, ich würde den internen Frieden gefährden. In all den Jahren habe ich also gelernt: Lass den Leuten ihre Mittagszeiten!

Doch genau hier hat Parlamentspäsident Kuper den Hebel der Gewaltenteilung zwischen Parlament und Regierung angesetzt. Warum er das tut? Ganz einfach: Die Kantine im Landtag ist zwischen 12:00 und 13:00 Uhr oft überfüllt. Aus der Staatskanzlei und den umliegenden Ministerien strömen die Mitarbeiter in den Landtag und treffen dort auf den ebenfalls hungrigen Parlamentsbetrieb. Das Resultat: Lange Schlangen und lautes Knurren. Daher erinnerte der Landtagschef den Chef der Staatskanzlei an die Regel, dass die Exekutive erst ab 13:00 in die Kantine zum Essen schreiten soll.

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Auch ich habe mich schon – siehe oben – deutlich vor dieser Uhrzeit mit Leuten aus Ministerien dort zum Essen verabredet, fühle mich also mitschuldig. Und ich habe ein gewisses Verständnis für den Brief. Denn der Landtag steckt im Dilemma: Einerseits will man ja Schmelztiegel des politischen NRW sein, andererseits IST EINE LANGE SCHLANGE IN DER KANTINE NICHT IN ORDNUNG!!11!EINSELF!!!111 André Kuper hat das etwas freundlicher formuliert, an die “Nutzungszeiten” erinnert und “auf das Verständnis der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen” gehofft, wofür er sich “herzlich bedanke”.

Dass dieser Vorgang heiß diskutiert wird, hat wohl mehrere Gründe: Einerseits hat die Staatskanzlei aktuell keine Kantine – wegen des Umbaus. (Zu den Kosten sag ich jetzt an dieser Stelle mal nix). In vielen Ministerien wurden Kantinen über die Jahre dichtgemacht. Am Eingang des Landtags wird von Sicherheitspersonal stichprobenartig kontrolliert, wer vor 13:00 Uhr nur zum Essen kommt. Über die Schärfe dieser Kontrollen gibt es unterschiedliche Versionen. Die eine Seite (Landtagsverwaltung) spricht von freundlichen Hinweisen, die andere Seite (hungrige Ministeriumsmitarbeiter*innen) berichten von Kontrollen durch Security.

Vorsicht am Rheinufer

Wenn Sie also demnächst am Rheinufer zwischen 12:00 und 13:00 Uhr auf mürrische Menschen treffen, die irgendwas von “brauch jetzt Currywurst” murmeln (Wir sind in NRW, ein solcher Text ohne “Currywurst” wäre nicht seriös!), dann haben Sie bitte Nachsicht. Diese Leute haben es gerade nicht leicht.

P.S.: Es hätte für das Parlament sogar noch schlimmer kommen können, wenn nämlich auch noch die ausgehungerte Belegschaft des Funkhauses dort mittags einfiele wie ein Schwarm Heuschrecken. Beim Bau unseres Hauses 1991 hatte man nämlich zunächst vergessen, eine Kantine einzuplanen. Sie wurde erst nachträglich eingebaut.

Über den Autor

Geboren 1980, aufgewachsen am linken Niederrhein. Im WDR seit 2006 als Nachrichtenmann und politischer Berichterstatter unterwegs. Aktuelle Schwerpunkte bei SPD, AfD, Hochschul- und Sportpolitik im Land. Und sogar mit eigenem landepolitischen Podcast.

2 Kommentare

  1. ohne die nervende Genderei wäre es ein lustiger Beitrag gewesen.

    zur Erklärung
    das Plural ist für 0sman u.Elfriede Normalo schon lange kein Maskulinum mehr .
    fragt sich wann Journalisten auch endlich so weit sind …

    • @Bodo
      Übel sind Satzzeichen mitten im Wort wie Doppelpunkt und Sternchen. Das einzige Gendersternchen in den Klammern sieht nach Zitat aus. Doppelnennungen sind sperrig aber kein Schreibfehler.
      Aber so richtig lustig ist es für Arbeitnehmer nicht, wenn man jeden Tag mit Stress auf dem Weg zur Arbeit konfrontiert ist wird. Pendeln nach Düsseldorf habe ich als strenge Strafe des Himmels in Erinnerung und mit allgemeiner Verkehrswende, die Autos behindert aber ÖPNV zwar teurer macht aber nicht ausbaut, wird das heute nicht besser geworden sein. Kommt Stress auf dem Weg zur Kantine dazu ist der Arbeitnehmer voll ausgelastet.

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