Zimmer frei in der alten Staatskanzlei

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Zimmer frei in der alten Staatskanzlei

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Das große Stadttor unweit des Landtages war einmal das modernste Büro-Hochhaus Europas. Als es im Mai 1998 eingeweiht wurde, hatte es längst große Architekturpreise abgeräumt. Und von 1999 gewann es auch noch an politischer Bedeutung. Da zog der Ministerpräsident samt Staatskanzlei in die Mitte des Glasbaus.

Wolfgang Clement wollte NRW wie ein Unternehmen führen. In einer Regierungserklärung von 2000 sprach der damalige SPD-Politiker vom “politischen Dax“, an dem sich die Regierung messen lassen müsse. Kein Wunder, dass da der Glasbau direkt über der Mündung des Rheinufer-Tunnels den Geschmack Clements traf. Die Zeiten rund um das Millennium waren geprägt von “Privat vor Staat” und das Stadttor symbolisiert diesen Spirit. (Unnötig zu erwähnen, dass sich natürlich als Nachbarn der Landesregierung auch Beratungsfirmen in das Gebäude einmieteten.)

20 Jahre nachdem das Land zur Miete ins Stadttor zog, schien es mit dem “Glamour” des Gebäudes bergab zu gehen. Armin Laschet (CDU) tat kurz nach Amtsantritt das, was Clements Nachfolger Peer Steinbrück (SPD), Jürgen Rüttgers (CDU) und Hannelore Kraft (SPD) am liebsten auch gemacht hätten – sich aber wegen der Kosten nicht trauten: Er zog mit der Staatskanzlei aus, zurück ins eigene Landeshaus direkt am Rheinufer. Damit folgte er dem Motto von Johannes Rau, der mal zum Stadttor formulierte: “Ein Ministerpräsident wohnt nicht zur Miete!”

Ein Verkehrsminister allerdings schon. Der Mietvertrag in der alten Staatskanzlei läuft nämlich noch bis 2029, entsprechend muss das kühle Ambiente des Büroturms von der Landesregierung genutzt werden. Und so zog Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) samt Mitarbeiter in die elfte Etage des Stadttors. Ein Zwischenmieter zwar, aber halt eben auch deutlich weniger prominent als eine Staatskanzlei. In der NRW-Politik ist das Stadttor längst kein Highlight mehr.

Diese ganze Vorgeschichte geht einem wieder durch den Kopf, schaut man auf das große Plakat, das vor dem Gebäude aufgebaut wurde. Darauf bietet eine Immobilienfirma die letzten Büroflächen im Stadttor an. Natürlich provisionsfrei. Und da wären wir wieder bei Wolfgang Clement. Der nannte das Gebäude noch 2017 “unschlagbar”. Und wer weiß: Vielleicht mietet sich ja bald die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft ein – der Chef des Stiftungskuratoriums ist nämlich Clement selbst. Das Angebot wirkt nämlich ebenfalls “unschlagbar”: provisionsfreie Büros in bester Düsseldorfer Lage? Soll es ja nicht mehr so häufig geben…

Über den Autor

Geboren 1980, aufgewachsen am linken Niederrhein. Im WDR seit 2006 als Nachrichtenmann und politischer Berichterstatter unterwegs. Aktuelle Schwerpunkte bei SPD, AfD, Hochschul- und Sportpolitik im Land. Und sogar mit eigenem landepolitischen Podcast.

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