Die SPD und Reuls rostender Sheriff-Stern

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Die SPD und Reuls rostender Sheriff-Stern

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“Sicherheitsrisiko”  – so umschrieb einst Armin Laschet (CDU) im Wahlkampf 2017 den amtierenden Innenminister Ralf Jäger von der SPD. Die Botschaft verfing – unter anderem das Festhalten an Jäger wurde der SPD damals zum Verhängnis und nach sieben Jahren im Amt musste Hannelore Kraft am Ende die Staatskanzlei besenrein der CDU übergeben. Eben auch, weil in Jägers Amtszeit die Kölner Silvesternacht fiel.

Nun war Ralf Jäger nicht der einzige Grund für die damals überraschende Niederlage, aber der Innenminister war ein wichtiger Baustein. Die CDU vermochte es, die Geschichte des Kriminalmolochs NRW zu erzählen, wo an jeder Ecke die Gefahr lauerte, weil der Innenminister seinen Job nicht machte.

Als Herbert Reul (CDU) die Amtsgeschäfte von Ralf Jäger übernahm, wurde dagegen das Bild vom “schwarzen Sheriff” geprägt, der mit “Law and Order” im Land die Bösewichte jagt und auch stellt. Dass auch dieses Bild nicht mehr so ganz der Wahrheit entspricht, wissen wir nicht erst seit der neuesten Kriminalstatistik. Die Zahl der erfassten Delikte ist auf dem Niveau der Jäger-Jahre.

“Apollo 13 wäre so nicht zurückgekehrt”

Und damit ist der Sound für die nächsten Jahre gesetzt. “Sein Sheriff-Stern hat Rost angesetzt”, sagt SPD-Fraktionschef Jochen Ott in einer Runde von Journalisten. Der Oppositionsführer sagt zwar, ihm sei es “zu billig, jetzt Payback zu spielen” – mit Blick auf Ralf Jäger.

Aber trotzdem liefern die Zahlen der Opposition eine Rampe für eine eigene Erzählung vom Scheitern eines Innenministers. Da sagt Jochen Ott, dass “Law and Order gescheitert ist”. Oder dass Reul immer nur Probleme umschreibe, aber die “Apollo-13-Crew nicht zur Erde zurückgekommen wäre, wenn sie Houston nur das Problem geschildert hätte, statt zu handeln.”

Innere Sicherheit müsse jetzt Chefsache sein, aber “Wüst ist auf Foto-Safari in den USA“, womit Ott die aktuelle USA-Reise des Ministerpräsidenten meint. Die Presserunde beim SPD-Mann Ott offenbart auch einen Blick in die Glaskugel des Landtags. Die Sozialdemokraten suchen seit der Wahlklatsche 2022 ein Thema, womit sie punkten können, ohne bei anderen Parteien zu klauen. Gerade die innere Sicherheit ist im Diskurs konservativ gesetzt, durch die AfD dominieren häufig rechte Rahmensetzungen die Wahrnehmung. Mit der Vorstellung der Zahlen zur sogenannten Ausländerkriminalität wollte Reul dem Ganzen ja zuvorkommen.

“Familien verlieren ihre Autonomie”

Für die SPD war da bisher wenig zu holen. Seitdem man dort aber weiß, dass auch die Kinder- und Jugendkriminalität über dem Vor-Reul-Niveau liegt, scheint man ein Thema gefunden zu haben. “Sicherheit ist schlicht eine soziale Frage”, so Ott. Man habe in der jungen Generation einen extrem hohen Zukunftspessimismus und so brauche es mehr Prävention, erklärt der Kölner Sozialdemokrat. “Aktuell verspüren die Familien einen Verlust an Autonomie bei Mobbing in der Schule, geschlossenen Kitas und Einbrüchen.” Natürlich müsse die Polizei auch durchgreifen, erklärt Ott, aber Prävention und Bildungsarbeit ist auch Teil der Innenpolitik.

Und so verbindet das die SPD mit einem Antrag nach einer “Task Force” beim Ministerpräsidenten oder mehr Geld für Präventionsprogramme wie “Kurve Kriegen” (ein Programm aus der Feder Ralf Jägers) und auch “Kein Kind zurücklassen” aus den frühen Kraft-Jahren liegt wieder auf dem Tisch. Aber es geht nicht um den Antrag, es geht um was anderes: Kriegt Herbert Reul mit den Kriminalitätszahlen nicht selber die Kurve, ist der Ton für die nächsten Jahre gesetzt. Und dann wäre die aktuelle Koalition nicht die erste, aber auch nicht die letzte, die über die Kriminalitätsrate stolpern könnte.

Über den Autor

Geboren 1980, aufgewachsen am linken Niederrhein. Im WDR seit 2006 als Nachrichtenmann und politischer Berichterstatter unterwegs. Aktuelle Schwerpunkte bei SPD, AfD, Hochschul- und Sportpolitik im Land. Und sogar mit eigenem landepolitischen Podcast.

Ein Kommentar

  1. Ex SPD-Wähler am

    Nichts rostet bei Sheriff Reul, das ist Wunschdenken der Opposition.
    Reul steht nicht nur einfach für „Law and Order“. Er steht für den Tabubruch gegen die Clankriminalität konsequent vorzugehen, die vor der Kölner Silvesternacht 2015 nicht mal erwähnt wurde obwohl es die schon seit Mitte der 80er Jahre gab; und dafür ist er länderübergreifend bekannt. Nach Jahrzehnten ungestörte Entwicklung durch Tabuisierung bleibt nur noch Schadensbegrenzung.
    Wie will denn die SPD daraus Kapital schlagen?
    Ausländische und eingebürgerte Kriminelle nicht mehr belästigen?
    Aber in der Vergangenheit gab es auch nicht so sehr viel Unterschiede zwischen Landesinnenministern der SPD und CDU.
    Wenn man heute nicht mehr „die Kurve kriegt“ egal welcher Innenminister liegt das an falscher Politik von beiden Parteien und Weglassen in Medien, was heute nicht mehr funktioniert; nicht in NRW, nicht in Deutschland und nicht mehr im Rest der EU. Und dann ist Reul eher Pluspunkt als Angriffspunkt.

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