Vom früheren SPD-Chef Franz Müntefering sind ein paar einfache, oft kurze Sätze überliefert. “Opposition ist Mist”, heißt der wohl bekannteste. Die gerade noch regierenden und jetzt opponierenden SPD- und Grünen-Politiker im NRW-Landtag können davon ein Lied singen. Müntefering hat aber auch mal vom “Auf und Ab und Ab und Auf” gesprochen – und davon, dass in einer Demokratie kein Wahlsieg von Dauer sei. “Demokratie geht weiter”, so Müntefering. In der Demokratie gebe es immer nur Siege auf Zeit, aber auch nur Niederlagen auf Zeit
Wie eine Test-Version
Eine Prise dieser Müntefering-Erkenntnis durchzog auch die erste “richtige” (vorher ging es meist um Formalia, Wahlen usw.) Plenarsitzung des neuen Landtags am Mittwoch. Die frisch inthronisierten schwarz-gelben Minister verzichteten auf allzu laute Wahltriumph-Reden. Und die neuen Oppositionellen von SPD und Grünen holten (noch) nicht den empörten Rhetorik-Hammer gegen CDU und FDP raus. Beide Seiten müssen ihre vertauschten Rollen noch lernen. Viele sind neu im Landtag (u.a. auch die AfD). Der erste Debattentag wirkte eher wie eine parlamentarische Test-Version: Mal dran fühlen. Erstmal den neuen Stuhl probesitzen. Nach den bisherigen Kurz-Sitzungen war es heute auch der erste lange Plenartag.
Die Lage des anderen kennen
Interessant an diesem Machtwechsel ist, dass es für beide Seiten ein Déjà-vu ist: Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und seine Minister Andreas Pinkwart (FDP) und Karl-Josef Laumann (CDU) gehörten schon der alten schwarz-gelben Koalition an, die 2005 gewählt und 2010 abgewählt wurde. Auf der anderen Seite saß zum Beispiel die heutige Grünen-Fraktionsvorsitzende Monika Düker schon 2005 im Landtag, als Rot-Grün abgewählt wurde. Sie alle wissen, dass man in der Politik eine zweite (und manchmal auch dritte) Chance bekommen oder auch verspielen kann.
Handeln Politiker, die schon einmal eine Abwahl erlebt haben, anders? Verhalten sie sich vorsichtiger oder forscher? Möglicherweise entwickelt sich ja im neuen Landtag ein etwas anderer Politik-Stil – zumal bei knappen Mehrheiten. Weniger “Haudrauf” und mehr demokratische Debatte? Der neue Wirtschaftsminister Pinkwart lud die Opposition am Mittwoch immerhin ein, Vorschläge zu machen. Laschet sagte unlängst, seine Koalition wolle “nicht immer alles besser wissen”. Es bleibt abzuwarten, ob den Worten im harten parlamentarischen Alltag auch wirklich Taten folgen.
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