Seit wann gibt es eigentlich Brandbriefe? Was genau ist das überhaupt. Auf jeden Fall ist ein Brandbrief etwas, auf das wir Medienschaffende ganz schön aufgeregt reagieren – wie jetzt beim Schreiben der Kommunen an Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Die Chance, mit einem Anliegen im Fernsehen, Radio, Online oder in der Zeitung zu landen, steigt exorbitant, wenn man das Ganze mit der Überschrift “Brandbrief” versieht.
Natürlich braucht man für so einen Brandbrief einen Adressaten. Am besten den Bundeskanzler oder zumindest einen Ministerpräsidenten oder Bürgermeister. Und anders als es sonst beim Briefeschreiben üblich ist, gilt beim Brandbrief ein ehernes Gesetz nicht: Das Briefgeheimnis wird gerade nicht gewahrt. Zwar könnte man sein dringliches Anliegen genauso in einem vertraulichen Schreiben artikulieren, aber dann bekäme ja keiner etwas davon mit. Adressat eines Brandbriefes ist eben nicht der, an den er gerichtet ist. Sondern es ist die Öffentlichkeit.
Das ist auch gar nicht verwerflich. Allerdings stimmt die Flut der Brandbriefe, die aktuell durch die Gegend geschickt werden, doch nachdenklich. In Bad Wörishofen hat der Einzelhandel einen an die Stadtpolitiker geschickt, weil die Käufer ausbleiben. In Brandenburg haben Lehrer sich per Brandbrief über rechtsextreme Vorfälle an ihrer Schule beschwert, in Schleswig-Holstein gibt es Klagen der Kommunen wegen Überlastung durch Flüchtlinge – per Brandbrief an die zuständige Ministerin. Und vor drei Wochen appellierten Wissenschaftler und Digital-Verbände an die Bundesregierung, endlich die Digitalisierung voranzutreiben. Wie? – Natürlich per Brandbrief. Im Sommer gab es auch einen, ebenfalls an die Bundesregierung, in dem sich Tierheime beschwerten, weil sie nicht genug Personal haben. Und mit Brandbriefen zur Lage in den KiTas kann sich der Kollege im Nachbarbüro inzwischen die Wand tapezieren…
Es brennt in Deutschland – überall möchte man meinen angesichts der Flut der Brandbriefe. Früher hieß das übrigens “offener Brief”, wenn man sein Anliegen nicht nur dem Adressaten mitteilen wollte. Eher langweilig, dieser Begriff – Brandbrief ist da schon dramatischer.
Aber sind wirklich alle diese Probleme, die es ohne Zweifel gibt, einen Brandbrief wert? Geht’s nicht auch mal ne Nummer kleiner?
Übrigens: Im 19. Jahrhundert wurde das Schreiben eines Brandbriefes mit Gefängnis bedroht. Damals war der Brandbrief eine Schrift, die mit Brandstiftung drohte…
2 Kommentare
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Schon die Herleitung passt nicht.
Nichts gegen das Lexikon aus Papier aber Brandbrief als Drohung ist nur eine Erklärung. Bei Wikipedia findet man den „Brandbettelbrief“; man ist durch Feuer abgebrannt und kommt aus eigener Kraft nicht mehr auf die Beine und das passt genau als Herleitung.
Jetzt ist Feuer im Mittelalter bei viel Brennbares in der Nähe von offenen Flamme eher Schicksalhaft. Wenn Einnahmen und Ausgaben nicht mehr passen ist das nicht Schicksalhaft, Ursache sind politische Fehlentwicklungen auf Landes-, Bundes- oder EU-Ebene; der Landesfürst ist nicht immer verantwortlich aber erster Ansprechpartner.
Corona kam aus Asien aber für den Umgang damit ist Deutschland verantwortlich, was anfangs vielleicht noch zu verzeihen (Spahn) war, aber der Umgang mit Omikron war meist absurd.
In der Ukraine gibt es einen Bürgerkrieg, weil die EU unbedingt auch das Land noch anbinden wollte. Unterstützung von Ost und West machte daraus einen Stellvertreterkrieg. Aber der russische Angriff macht daraus keinen Angriffskrieg. Wir zahlen Geld und Waffen für einen überflüssigen Krieg und die eigenen Sanktionen sind für Inflation die Ursache.
Migration war schon vor Willkommenskultur ein Problem, mit Merkel eskalierte das völlig. Das Asylrecht beinhaltet nicht das Recht sich ein Land auszusuchen und Krieg ist überhaupt gar kein Grund nach Definition der Genfer Konventionen.
Aber hier geht es nicht darum warum Geld fehlt und wer die Schuld trägt, es geht um die Form und da ist ein „offener Brief“ ist völlig in Ordnung. Vor allem wenn er nicht nur vom politischen Konkurrenten kommt sondern auch von eigenen Parteifreunden. Der Begriff Brandbrief hat auch nicht den Begriff offener Brief abgelöst, es ist lediglich ein offener Brief mit dem Inhalt, dass es überall brennt. Und wenn es überall brennt bei so vielen Themen darf nicht Konsequenz sein einfach aufzugeben. Viel Geld über hat das Land auch nicht, aber für bessere Politik könnte NRW sich einsetzen, wenn man wollte.
Vielleicht hatten wir in den letzten hundert Jahren – mit Ausnahme der Merkel-Diktatur – keine so miserable Verwaltung (“Regierung” kann man so etwas kaum nennen)