Ich fahre, wie so häufig, mit der U-Bahn zum Gerichtstermin. Die Strecke führt unmittelbar am Loveparade-Gelände vorbei. Dort, wo am 24. Juli 2010, hunderttausende Menschen die Eingangsschleuse West passiert haben, stoppt die Bahn an einer Haltestelle. Menschen steigen aus, andere steigen zu. Alltag. Und doch frage ich mich, ob auch die Autofahrer unweigerlich an die Loveparade denken müssen, wenn sie mit Blick in den Tunnel an der Ampel warten.
Keine “Anekdote”
Im Gerichtssaal geht es weiter mit dem heute 38-jährigen Polizisten, der im Jahr 2010 die Technik und Logistik des Loveparade-Einsatzes vorbereitet hat. Das geht schnell. Da die Nebenklage keine Fragen an den Zeugen hat, sind sofort die Verteidiger dran. „Die Male, die ich auf dem Veranstaltungsgelände war, im Vorfeld der Loveparade, lassen sich an einer Hand abzählen“, sagt der Zeuge auf Nachfrage. Am Veranstaltungstag habe er im Führungsraum der Polizei gesessen.
Ein Kollege des Zeugen sei am Veranstaltungstag in den Ruhestand verabschiedet worden, merkt eine Verteidigerin an. Sein letzter großer Job. Die Verteidigerin will wissen, ob es eine Zeremonie gegeben hat. Ich ahne, welche „Anekdote“ sie hören will. Nämlich die von Polizeibeamten, die sich nicht auf ihre Arbeit konzentrieren. Diese Anekdote bekommt sie aber nicht. „Ich glaube, an einen Kuchen oder einen Blumenstrauß hätte ich mich erinnert“, sagt der Zeuge. Die Verabschiedung sei nicht feierlich gewesen. „Dafür ist kein Raum in so einem Einsatz.“ Schon vor dem Mittag darf der Zeuge gehen.
Morgen: Lopavent-Zeugin
Das Gericht beginnt mit der Vorbereitung auf den morgigen Prozesstag und verliest Planungsdokumente und Sitzungsprotokolle der Veranstalterfirma Lopavent. Das muss sein. Denn nur wenn ein Schriftstück offiziell in den Prozess eingeführt wurde, hat es für die Verhandlung einen Wert. Morgen kommt also eine Zeugin aus Reihen der Veranstalterfirma.