Der ehemalige Verbindungsbeamte der Polizei in der Sicherheitszentrale der Lopavent ist heute 37 Jahre alt. Er wirkt wesentlich jünger auf mich. An viele Dinge aus seinen vorherigen Aussagen bei der Polizei kann er sich heute nicht mehr erinnern.
Der Verbindungsmann
Der Zeuge berichtet, dass er mittags seinen Dienst in der Sicherheitszentrale der Lopavent antrat. Seine Aufgabe sei es gewesen, Informationen, die beim Veranstalter zusammenliefen und von Bedeutung für die Polizei waren, weiterzugeben. Seine Tätigkeit bis zum Unglück schildert er wie folgt: Wenn beispielsweise die Ordnungskräfte des Veranstalters meldeten, dass sie bei einem Besucher Drogen gefunden hatten, Feuerwehr- oder Rettungskräfte bei ihrer Arbeit von Besuchern behindert wurden oder Prügeleien entstanden, kamen die Informationen bei den entsprechenden Abteilungen in der Sicherheitszentrale an. Der Zeuge gab diese Informationen dann weiter an seine Kollegen im Führungsstab. Diese schickten dann die entsprechenden Beamten zur Einsatzstelle.
So weit, so gut, denke ich. Dann drängt sich mir aber die Frage auf, warum der Zeuge nicht genau in diesem Sinne Informationen über die sich zuspitzende Situation im Tunnel weitergegeben hat, bevor es zur Katastrophe kam? Oder warum diese Informationen nicht an die richtige Stelle gelangt sind? Doch der heutige Prozesstag liefert keine eindeutige Antwort darauf.
Kein direkter Draht
Der Zeuge erklärt, dass er in telefonischem Kontakt zu seinen Kollegen gestanden habe, soweit das teilweise überlastete Handynetz dies zuließ. Für seine Tätigkeit habe er eine Telefonliste mit den Polizeikontakten und zwei Handys mitgebracht, ein dienstliches und ein privates. Außerdem sei ihm ein Funkgerät für die Kommunikation mit der Feuerwehr zur Verfügung gestellt worden. Die Einzelverbindungsnachweise seines Diensthandys scheinen seine Aussage zu belegen, obwohl der Zeuge in der vergangenen Woche behauptet hatte, dass der heutige Verbindungsbeamte gar keinen Kontakt zur Polizei herstellen konnte. Aus den Einzelverbindungsnachweisen geht also hervor, dass von seinem Diensthandy zwischen 14:30 Uhr und etwa 1 Uhr nachts mehrfach Gespräche geführt wurden. Diese Anrufe gingen in der Regel an den Führungsstab.
Er hat also nicht direkt mit den Beamten im Tunnel, an den Einlässen oder der Rampe gesprochen. Außerdem ist der Zeuge kein Entscheidungsträger, sondern nur Verbindungsbeamter gewesen. Selbst, wenn die Lopavent-Mitarbeiter in der Sicherheitszentrale von ihm verlangt haben sollten, dass beispielsweise eine Polizeikette aufgelöst werden sollte, hätte der Zeuge die Entscheidung darüber nicht treffen können. Die Informationen habe er, sofern er durchkam, immer weitergeleitet.
“Subtile Antipathie”
Die Arbeitsatmosphäre in der Sicherheitszentrale sei anfänglich harmonisch und locker gewesen. Doch heute sagte der Polizeibeamte: “Nach dem Vorfall wendete sich das Blatt. Ich spürte eine subtile Antipathie.” Er habe das Unglück für sich aufgearbeitet. Wie genau, das kann er nicht erklären. Er wirkt manchmal etwas hilflos auf mich, so wie jemand, der seine Aufgabe nicht erfüllen konnte – wie ein Verbindungsbeamter, der keine Verbindung herstellen konnte.