Tag 139: Die Zugpilotin

https://blog.wdr.de/loveparade-prozess/tag-139-die-zugpilotin/

Tag 139: Die Zugpilotin

Kommentare zum Artikel: 0

Die Zeugin ist eine 49 Jahre alte Werbegrafikerin aus Berlin. 1995 hat sie das erste Mal für die Loveparade gearbeitet. Sie hat als freie Mitarbeiterin über die Jahre verschiedene Aufgaben übernommen.  2010 hatte sie den Job der Zugpilotin, d.h., sie bestimmte, in welcher Geschwindigkeit die Musikwagen (Floats genannt) auf dem Gelände am Veranstaltungstag fahren sollten. Diese Aufgabe teilte sie sich mit einem weiteren Mann, der morgen als Zeuge geladen ist. Beide befanden sich während der Katastrophe in der Einsatzzentrale im Hochhaus am Hauptbahnhof.

Zu den Floats hielten sie über Funk Kontakt, erklärt die Zeugin. Jedes Fahrzeug hatte nicht nur einen Fahrer und einen Techniker, sondern auch einen sogenannten Funkbeifahrer. Dieser war für die Kommunikation zwischen Wagen und Zentrale da, sagt die Zeugin. Ihre Aussage heute könnte klären, welchen Einfluss die Steuerung der Wagen auf dem Gelände möglicherweise auf das Unglück hatte.

Hätten die Floats eine andere Route über das Gelände fahren müssen?

Die Floats  sind während der Loveparade auf dem alten Güterbahnhofsgelände im Kreis gefahren. Ihre Runde führte an der Rampe, dem Unglücksort, vorbei. Dort sollen viele ankommende Besucher stehen geblieben sein und so zu dem tödlichen Rückstau im einzigen Besucherzugang der Veranstaltung beigetragen haben.

Die Zeugin erklärt, dass ihr bewusst war, dass der Zugangsbereich einen kritischen Punkt darstellte. Dort kamen nicht nur viele Menschen auf das Gelände, auch die Musikwagen mussten an dieser Stelle eine Kurve fahren, sagt die 49-jährige. Das habe zusätzlich die Besucherströme an dieser Stelle verdrängt.

Hätten die Floats Lautsprecherdurchsagen machen können?

Die Musikwagen waren mit Lautsprecheranlagen ausgestattet. Jeder Wagen hatte einen DJ, der auflegte. So hat die Loveparade einmal angefangen. Als die Loveparade am 24. Juli 2010 in Duisburg eröffnet wurde, ertönte auf allen Wagen gleichzeitig die sogenannte Loveparade Hymne. Alle Lautsprecher beschallten das Gelände mit demselben UKW-Signal. Dieses hätte theoretisch auch für Sicherheitsdurchsagen genutzt werden können, sagt die Zeugin. Man hätte dafür alle Funkbeifahrer ansprechen und das Umschalten der Lautsprecheranlagen veranlassen müssen, erklärt sie.

Doch dazu kam es nicht. Warum man diese Anlagen nicht für Durchsagen genutzt hat, um die Menschen dazu zu bringen sich auf dem Gelände zu verteilen und den Druck im Eingangsbereich zu verringern, erfahren wir heute nicht.

Termine

Am Freitag wird das Gericht den Verhandlungskalender für das nächste Jahr bekannt gegeben. 51 Mal soll das Gericht 2020 noch zusammenkommen – bis zu einem Urteil, oder doch bis zur Verjährung?

Über den Autor

in Duisburg geboren. Nach einem Volontariat bei einem TV-Sender ging es weiter als freie Videojournalistin für verschiedene TV Sender und internationale Online-Plattformen. Seit 2016 im WDR Studio Duisburg zuhause.

Top