Tag 155: Ist frustrierend

https://blog.wdr.de/loveparade-prozess/tag-155-ist-frustrierend/

Tag 155: Ist frustrierend

Kommentare zum Artikel: 0

Auch am dritten Tag seiner Vernehmung ist von dem Zeugen, einem Mitarbeiter des Duisburger Bauamts, nur sehr wenig zu hören. “Sie reden sehr wenig, merke ich gerade”, sagt einer der verärgerten Nebenklageanwälte. Wo der ehemalige Angeklagte damals, als die Loveparade auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs genehmigt wurde, den Eingang zum Veranstaltungsgelände verortet habe, will ein anderer Anwalt wissen.

“Den Begriff Veranstaltungsgelände gibt es im Baurecht nicht”, erklärt der Zeuge. Der Anwalt bessert nach: “Versammlungsstätte.” Das sei die Rampe gewesen, ringt sich der Mann dann doch noch eine Antwort ab. Aber für den Tunnel sei das Ordnungsamt zuständig gewesen, es habe sich um eine öffentliche Verkehrsfläche gehandelt. “Das war für mich so selbstverständlich, dass ich das damals gar nicht thematisiert habe.”

Keine weiteren Fragen

Nach etwa einer halben Stunde werfen die Rechtsbeistände der Nebenklage das Handtuch. Wir bekommen ohnehin immer entweder zu hören, das Bauamt sei nicht zuständig gewesen, oder aber ein Sachverhalt sei baurechtlich nicht relevant und deshalb damals in der Abteilung auch kein Thema gewesen. Und auch die Verteidigung stellt nach wenigen Fragen lapidar fest, dass der Zeuge bei den zu klärenden Fragen nicht weiterhilft. Ich fühle mit den Juristen, sie wirken frustriert, ich bin es. Diese Haltung, möglichst wenig zu sagen und wenn, stereotyp zu antworten, regt mich auf.

“Jetzt wird es erst richtig interessant”

Nach einer Stunde ist der Zeuge entlassen und der Richter nutzt die Zeit, die Vernehmungsprotokolle eines inzwischen verstorbenen Zeugen zu verlesen. Das bereitet uns auf den nächsten Zeugen vor. Er war der Mensch im Bauamt, der eigentlich mit der Genehmigung befasst war und alle – von Staatsanwaltschaft über Nebenkläger bis hin zu den Verteidigern – gehen davon aus, dass dieser Mann mehr Licht ins Dunkel des Behördenhandelns bringen kann. “Jetzt wird es für uns erst richtig interessant”, stellt einer der Verteidiger fest. Wir müssen uns allerdings alle noch etwas gedulden, denn die nächsten Verhandlungstermine liegen erst nach den Herbstferien.

Über den Autor

Geboren 1969 in Bremen, Mensch- und Journalistenwerdung in Rheinland und Ruhrgebiet und seit 2008 für den WDR als Reporterin in Düsseldorf, Duisburg und Umgebung unterwegs. Das Unglück bei der Loveparade habe ich von Anfang an immer wieder journalistisch begleitet, vom Folgetag an viel Zeit im Tunnel verbracht, Eindrücke gesammelt, Menschen befragt, berichtet. Auch über die politischen Folgen, wie die Abwahl des Oberbürgermeisters Sauerland und das juristische Hickhack im Vorfeld dieses Prozesses.

Top