Tag 52: Der Koordinator kauft sich Know-how

https://blog.wdr.de/loveparade-prozess/tag-52-der-koordinator-kauft-sich-know-how/

Tag 52: Der Koordinator kauft sich Know-how

Kommentare zum Artikel: 0

Wolfgang Rabe sieht alt aus. Das ist nicht nett von mir, aber ehrlich. Der 64-jährige ist noch bis 2014 Ordnungsdezernent der Stadt Duisburg gewesen und seitdem schneller gealtert, als ich vermutet hätte.

Der ehemalige Oberbürgermeister Adolf Sauerland hatte ihn als Projektkoordinator für die Loveparade eingesetzt. Die Rolle passte. Denn bei der Loveparade handelte es sich immer um eine Veranstaltung, die im öffentlichen Raum stattgefunden hatte und deren Genehmigungsverfahren daher größtenteils in die Zuständigkeit des Ordnungsamtes der jeweiligen Stadt fiel.

Trägt der Projektkoordinator keine Verantwortung?

In Duisburg bestanden die Deutsche Bahn und Straßen NRW darauf, dass das Veranstaltungsgelände, das an den Bahnhof und die Autobahn angrenzt, von den Bahngleisen und der A59 getrennt werden musste. Bei einem eingezäunten Veranstaltungsgelände war verwaltungsrechtlich aber nicht mehr das Ordnungs- sondern das Baudezernat zuständig.

Trotz dieser Veränderung ist der Ordnungsdezernent Wolfgang Rabe leitender Projektkoordinator geblieben. Die Genehmigungen mussten aber vom Baudezernat unterzeichnet werden. Wie kann man aber die Planung für eine Großveranstaltung leiten, wenn man nicht das letzte Wort über Genehmigungen hat, frage ich mich. Und hat seine Funktion als Projektkoordinator für die Ermittlungen zu diesem Verfahren gar keine Rolle gespielt?

Gegen Wolfgang Rabe ist ermittelt worden. Anklage wurde nicht erhoben. Ich frage mich, ob er nicht mit auf die Anklagebank, statt in den Zeugenstand gehört?

Die Verpflichtung des Experten

“Ich bin kein Veranstalter, sondern Jurist und Ordnungsdezernent. Das gewisse Know-how habe ich dazugekauft.“ Das “gewisse Know-how“ sollte laut Rabe Professor Michael Schreckenberg einbringen. Rabe will Schreckenberg beauftragt haben, die Planungen der Zu- und Abwege, sowie des Veranstaltungsgeländes zu prüfen. Der Panikforscher hat in seiner Aussage bestritten mit einem so umfassenden Auftrag betraut worden zu sein.

Für das Honorar von 20.000 Euro will er lediglich einige Fragen beantwortet haben. Doch Wolfgang Rabe räumt ein, dass er den Panikforscher auch aus einem weiteren Grund engagiert hat.

Die Verpflichtung des Experten – oder – Wie man Kritiker zum Schweigen bringt

Rabe sagt, dass er Schreckenberg mit ins Boot geholt hat, damit dieser nicht kurz vor der Veranstaltung mit kritischen Äußerungen Schaden anrichten würde. Denn der renommierte Wissenschaftler wird bei Großveranstaltungen immer wieder um seine Einschätzung gebeten. Rabe wollte nach eigenem Bekunden nicht, dass Schreckenberg behauptet, die Veranstaltung sei nicht sicher.

Auf die Frage, wie man auf das Honorar von 20.000 Euro kommt, sagt Rabe:

“Ja, wir haben uns gedacht 10.000 ist vielleicht ein bisschen wenig. Machen wir 20.000.“

Ich bin sprachlos – für heute. In einem flüssigen Plauderton hat Wolfgang Rabe den Fragen des Richters geantwortet. Ich bin gespannt, ob er diese ausgelassen wirkende Stimmung in den kommenden zwei Tagen beibehält.

Über den Autor

in Duisburg geboren. Nach einem Volontariat bei einem TV-Sender ging es weiter als freie Videojournalistin für verschiedene TV Sender und internationale Online-Plattformen. Seit 2016 im WDR Studio Duisburg zuhause.

Top