Der Verhandlungstag beginnt mit einer kurzen Unterbrechung. Denn die Erklärung der Staatsanwaltschaft zum Vorschlag des Gerichts, die Verfahren einzustellen, ist lang. So lang, dass sie den anderen Verfahrensbeteiligten erst zugemailt werden soll, damit diese folgen können. Ich wäre auch gern im Verteiler, denn die Erklärung ist nicht nur lang, sondern auch komplex und kompliziert.
Einstellung vertretbar
Gott sei Dank bekommen wir in der danach folgenden 30-minütigen Pause eine Zusammenfassung, so dass ich noch mal nachlesen kann. Danach hat die Staatsanwaltschaft den Vorschlag des Gerichts – Einstellung der Verfahren gegen sieben Angeklagte wegen hypothetisch geringer Schuld sowie Einstellung der Verfahren gegen drei Angeklagte unter Zahlung einer Geldstrafe – eingehend geprüft. Sie halte eine Einstellung unter diesen Bedingungen für vertretbar, heißt es in Erklärung und Pressemitteilung.
Vielschichtige Ursachen
Unter anderem, weil so viele verschiedene Faktoren für das Unglück ursächlich gewesen seien. Es fallen minutenlang Adjektive wie “fehlend”, “fehlerhaft”, “mangelnd”, “unzureichend” und “nicht fachgerecht”, zusammen mit Begriffen wie “unterschätzt”, “überschätzt”, “Informationen”, “Sachverstand” und “Auswahl des Veranstaltungsgeländes”. Es ist gruselig – eine Erzählung völligen Versagens.
Prozessziel erreicht?
Es sei unmöglich, das für ein Sachurteil nötige Beweisprogramm noch vor der Verjährung der angeklagten Taten Mitte kommenden Jahres zu absolvieren, meint die Staatsanwaltschaft. Zudem sei man im bisherigen Verfahren einem wichtigen Ziel des Prozesses, nämlich der öffentlichen Aufklärung der Ursachen des Unglücks, ein wesentliches Stück näher gekommen. Einen gravierenden Erkenntnisgewinn verspreche man sich von einer weiteren Beweisaufnahme nicht.
Nebenkläger verärgert
Die Vertreter der Nebenklage sind erkennbar verärgert, wirken aber nicht wirklich überrascht. Auch wenn sie später in verschiedenen Stellungnahmen fragen, warum die Staatsanwaltschaft überhaupt das Verfahren eingeleitet hat, wenn sie jetzt plötzlich einstellen wolle. Obwohl es keine neuen, überraschenden Fakten gebe, die nicht schon in der – unglaublich umfangreichen – Akte ständen.
Sieben Mal Ja, drei Mal Nein
In der anschließenden Befragung der Angeklagten erklären die sieben, gegen die das Verfahren ohne Auflagen eingestellt werden soll, sich damit einverstanden. Die drei anderen stimmen nicht zu – ihre Anwälte geben dazu verschiedene Erklärungen ab. Im Wesentlichen läuft es darauf hinaus, sie seien unschuldig. Ihr Mandant verzichte nicht auf das Recht, freigesprochen zu werden, erklärt eine Anwältin.
Gericht will morgen beraten
Um drei Uhr hat für den Augenblick augenscheinlich niemand mehr etwas zu sagen. Richter Plein vertagt auf morgen. Dann darf ein Nebenkläger eine Erklärung abgeben. Danach will sich das Gericht zur Beratung zurückziehen und entscheiden, wie und für wen der Prozess weitergeht.