Tag 117: Harter Ritt

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Tag 117: Harter Ritt

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Wieder sagt eine Zeugin aus dem Team von Loveparade-Veranstalter Rainer Schaller aus. Die heute 48-Jährige war kein Neuling mehr bei der Technoparade 2010 in Duisburg. Seit 2003 arbeitete sie bei Loveparade-Veranstaltungen (erst in Berlin, dann im Ruhrgebiet) mit. Auf dem alten Güterbahnhof in Duisburg kümmerte sie sich um Allerlei: etwa um externe Dienstleister wie Telekom oder den WC-Service. „Site-Coordination“ heißt das im Eventmanager-Deutsch.

Zu Beginn ist es im Prozess üblich, dass Zeugen ganz frei über ihre Erinnerungen zur Loveparade-Katastrophe berichten. Die Einlassungen der Zeugin hierzu sind so einsilbig und oberflächlich, dass der Vorsitzende Richter Mario Plein schnell mahnende Worte spricht. Sie möge sich bemühen, sich zu erinnern.

Stellt sich da jemand dumm?

Die Zeugin wird zu ihren Kenntnissen über die verbliebenen drei Angeklagten (allesamt alte Lopavent-Kollegen von ihr) befragt. Einen der Männer lobt sie als „pflichtbewusst”, “souverän“. Doch zu Fragen nach den genauen Tätigkeiten der Angeklagten bekommt sie kaum einen geraden Satz raus, sondern äußert sich vage und ausweichend. Auch Beobachter fragen sich: Stellt sich da jemand dumm?

„Was genau verstehen Sie an der Frage nicht?“, sagt Richter Plein. Die Zeugin wirkt nervös, aber auch angriffslustig. Sie fällt dem Richter mehrfach ins Wort. Das gefällt Plein gar nicht.

Eindringlich warnt der Richter sie vor einem „harten Ritt“, wenn sie so weitermache. Sie solle bitte nicht „blockieren“. „Das wäre fatal“, fügt er hinzu und unterbricht die Zeugenaussage sichtlich verärgert für ein paar Minuten.

Entscheidungen nach “Menschenverstand”

In der kurzen Pause wirkt die Zeugin angefasst. Nervös reibt sie sich mit einer Hand durchs Gesicht. Ein männlicher Begleiter redet leise auf sie ein.

Als es weitergeht, antwortet die Zeugin ausführlicher – aber an entscheidenden Stellen immer noch unpräzise. Die Frage, wer für die Herrichtung des maroden Güterbahnhof-Geländes für das Techno-Event konkret die Verantwortung getragen habe, scheint ihr unangenehm zu sein. Es habe keine Vorgesetzten gegeben, sagt sie. Man habe in einem längeren „Prozess“ gemeinsam entschieden – nach „Menschenverstand“. Konkrete Verantwortliche? Fehlanzeige.

Mehrfach antwortet die Zeugin dem Richter: „Ich kann Ihnen das nicht sagen.“ Bei Fragen dazu, was konkret am Gelände vor der Loveparade geändert und umgebaut wurde, kann sie sich dann aber an erstaunlich viele Details erinnern.

Am Veranstaltungstag selbst habe sie die Katastrophe nur aus der Ferne beobachtet, gibt die Zeugin an. Ihre Aussage ist noch nicht beendet. Am 25. April muss sie sich erneut den Fragen des Gerichts stellen.

Über den Autor

Jahrgang 1974. Geboren im westlichen Münsterland. Ich berichte seit 2002 über Politik und News aus Nordrhein-Westfalen. Bis 2007 für die taz, danach knapp fünf Jahre als Korrespondent der Nachrichtenagentur ddp/dapd. Seit 2012 arbeite ich für den WDR.

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