Mit dem ehemaligen Angeklagten und Mitarbeiter des Bauamtes, der aktuell im Verfahren aussagt, manifestiert sich ein bestimmter Eindruck, den ich und andere Prozessbeobachter hier gewonnen haben – das Verstecken hinter der Phrase: „Dafür war ich nicht zuständig. Das steht nicht im Baurecht.“
Wie bei anderen vorangegangenen städtischen Mitarbeitern sagt auch dieser Zeuge immer wieder auf konkrete und relevante Fragen: „Das war nicht meine Aufgabe“, „Das war kein Thema“, „Darüber hat mit mir keiner gesprochen“, „Da war ich nicht dabei.“
Und ich frage mich, wer dann? Denn mittlerweile sitzen wir beinahe zwei Jahre in diesem Prozesssaal und keiner will während der Planung für die Sicherheit im Tunnel und auf der Rampe zuständig gewesen sein.
Dabei macht der 57-jährige Beamte im Zeugenstand einen offenen und kommunikativen Eindruck. Er spricht aufgeweckt, seine Körpersprache bleibt positiv und zugewandt – und das obwohl er die Zuständigkeit oftmals von sich weist. Nur als die Nebenkläger – von denen sich heute wesentlich mehr zu Wort melden als an anderen Prozesstagen – Fragen an den Zeugen richten, wird die Befragung durch Diskussionen unterbrochen und die Haltung des Zeugen wirkt nicht mehr so offen. Dabei geht es unter anderem um Zäune und die Lautsprecheranlage. Zäune, die wie man heute weiß, dem Druck nicht standgehalten haben und eine fehlende Lautsprecheranlage für Sicherheitsdurchsagen, die Teil des Brandschutzkonzepts war.
„Nicht davor und nicht danach.“
Zwei Mal war der Zeuge nach eigener Aussage am Tag vor der Katastrophe auf dem Gelände und hat eine sogenannte Bauzustandsbesichtigung – eine Prüfung des Geländes durchgeführt. Dabei sind Mängel festgehalten worden. Doch am Tag der Loveparade soll sein Vorgesetzter beschlossen haben, dass sie nicht zurückkehren, um diese Mängel zu überprüfen. Das soll der Leiter des Ordnungsamtes übernommen haben. Dass eine solche Aufgabe von einem Amt zum anderen übertragen wird, sei unüblich und weder vor noch nach der Loveparade jemals vorgekommen, sagt der Zeuge. Hat man sich also doch nicht immer daran gehalten, was im Baurecht steht? Oder wo steht, dass es legitim ist Prüfaufgaben zu übertragen?