Das hat es in den 176 Prozessstagen vorher nicht gegeben: Um 9:45 Uhr, eine Viertelstunde nach dem geplanten Verhandlungsbeginn lässt Richter Mario Plein festhalten, dass der Zeuge „ohne Entschuldigung zum heutigen Termin nicht erschienen ist.“ Er weist an, ihn „sofort polizeilich vorzuführen“. Konkret heißt das: In einem kleinen Städtchen im Rheinland soll die Polizei den Mann jetzt suchen und in den Gerichtssaal bringen. Der Richter will offensichtlich nach mehrwöchiger, krankheitsbedingter Pause nicht noch einen Tag verschenken.
Alternativprogramm
Während die Polizei vergeblich versucht, den Mann zuhause zu erreichen, läuft im Gerichtssaal ein Alternativprogramm zur Zeugenbefragung: Überwachungsvideos von der Loveparade. Es sind die bekannten Bilder sich drängender Menschen in Panik, begleitet von einem beklemmenden Mix aus verzweifelten Schreien und Techno-Bässen. Nach etwa 45 Minuten stoppt der Richter das Video, „weil da Reanimationsmaßnahmen zu sehen sind. Und die wollen wir ohne Grund nicht in Augenschein nehmen“
Der Zeuge kommt doch
Schließlich erhält der Richter doch die Nachricht, dass man den Zeugen an seinem Arbeitsplatz habe erreichen können: „Wie die Polizei das geschafft hat, weiß ich nicht, aber Hut ab.“ Sein Fernbleiben beruhte offenbar auf einem Missverständnis. Insofern drohen dem Zeugen keine weiteren Konsequenzen. Richter Plein empfängt ihn am frühen Nachmittag schließlich wohlwollend.
Inhaltlich verläuft der Tag ohne Überraschungen. Der 58-jährige Zeuge, heute Gärtner, war bei der Loveparade 2010 im Auftrag einer Sicherheitsfirma als Ordner im Einsatz. Er erzählt, wie er vor Beginn der Veranstaltung auf Anweisung einzelne Zaunelemente auf der Rampe umbaute, wie er während der Veranstaltung Wildpinkler ermahnte und bei der Sicherung der Eingangsbereiche half.
Um 16:31 Uhr hätten seine Kollegen auf Anweisung der Polizei ein Zaunelement am Westeingang geöffnet, um Platz für einen Rettungswagen zu schaffen. Das ermöglichte dem Rettungswagen zwar die Weiterfahrt, führte aber gleichzeitig dazu, dass Besucher nun ungehindert auf das Gelände strömten. Videoaufnahmen belegen das. Die Befragung geht in der Sitzung am 25.02. weiter.