Tag 40: Was hat die ganzen Bedenken weggewischt?

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Tag 40: Was hat die ganzen Bedenken weggewischt?

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In der Mittagspause diskutiere ich mit einem Kollegen die Zeugenaussage vom Vormittag. Wir beide fragen uns, wie diese Aussage einzuordnen ist. Die stellvertretende Leiterin des Ordnungsamts war nach eigener Aussage damals für Veranstaltungen aller Art auf den Duisburger Straßen zuständig und zählte eine Zeitlang zu den Beschuldigten in diesem Verfahren. Bis die Ermittlungen gegen sie eingestellt wurden. Sie hat sehr flüssig erzählt, wie aus ihrer Sicht die Vorbereitungen und der Tag des Unglücks abliefen. Und sie schloss ihre Ausführungen: „Was da passiert ist, hat mich total erschüttert und schockiert. Ich weiß, dass heute keine Nebenkläger da sind, aber ich möchte meine Anteilnahme ausdrücken.“
Sie wirkte aufgeregt, als sie das sagte – ihre Stimme war nicht mehr so fest wie zuvor. Etwas später erklärt sie dann auf Nachfrage, sie sei in Vorbereitung ihrer Vernehmung ihre Akten und Notizen durch gegangen.

Intensive Zeugenbetreuung

Nicht nur im Vorfeld, stellen wir in der Pause fest, denn da sitzt sie zusammen mit ihrem Zeugenbeistand, ehemals ihrem Verteidiger, über Aktenbergen und bespricht sich. Und der Staatsanwalt äußert im weiteren Verlauf des Verhandlungstages gar die Vermutung, der Beistand souffliere ihr die Antworten. Denn bis dahin dreht der Rechtsanwalt immer wieder das Mikrophon beiseite und wechselt ein paar Worte mit der Zeugin.

Gab es Druck von oben?

Ich finde den ganzen Tag über keine eindeutige Haltung zum Verhalten und zu den Aussagen dieser Zeugin. Sie scheint mir sehr bemüht, ihre Vorgesetzten aus der Verantwortung für das Unglück heraus zu halten. Anhand von Sitzungs- und Vernehmungsprotokollen versucht Richter Plein herauszufinden, ob die Mitarbeiter der Stadtverwaltung Druck von oben bekamen, damit die Loveparade genehmigungsfähig wurde. Denn die Akten belegen, dass es massive Bedenken gegen die Durchführung, wie Lopavent sie geplant hatte, gab. In einem Seminar im Frühjahr 2010, bei dem es um Großveranstaltungen allgemein und auch um die Loveparade ging, soll die heute 63-jährige gesagt haben, ihre Vorgesetzten wollten von Problemen nichts hören. Heute sagt sie dazu: „Vielleicht hab ich das gesagt, aber dann war das nicht richtig.“ Und der Kollege und ich fragen uns: Was hat denn die ganzen Bedenken plötzlich weggewischt?

Protokolle, handschriftliche Notizen, es wird verlesen

Viel Erhellendes ist heute nicht mehr zu erfahren, scheint mir. Das Gericht lässt Sitzungs-Protokoll um Sitzungs-Protokoll der „AG 4“, der Arbeitsgemeinschaft, die für Sicherheit zuständig war, verlesen und – eine sehr mühevolle Angelegenheit – handschriftliche Seminar-Notizen. Dem hat die Zeugin aber nur selten, und wenn dann wenig, hinzuzufügen. Um 17:00 ist Schluss für heute.

Über den Autor

Geboren 1969 in Bremen, Mensch- und Journalistenwerdung in Rheinland und Ruhrgebiet und seit 2008 für den WDR als Reporterin in Düsseldorf, Duisburg und Umgebung unterwegs. Das Unglück bei der Loveparade habe ich von Anfang an immer wieder journalistisch begleitet, vom Folgetag an viel Zeit im Tunnel verbracht, Eindrücke gesammelt, Menschen befragt, berichtet. Auch über die politischen Folgen, wie die Abwahl des Oberbürgermeisters Sauerland und das juristische Hickhack im Vorfeld dieses Prozesses.

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