Ich habe mich heute mal nicht in die Mitte des Saales, sondern hinter die Verteidiger auf einen Presseplatz gesetzt. Perspektivenwechsel.
Der nützt mir aber wenig – es geht weiter, wie es gestern aufhörte: zäh. Mit der Verlesung von Mails und Sitzungsprotokollen und -vorlagen. Und mit der Frage: „Wer kümmert sich um was?“ Also damals, bei der Planung der Loveparade. Ich muss kämpfen, dass ich bei der Sache bleibe. Es geht um Details, Details, Details. Die der Richter nach meinem Dafürhalten deshalb erfragt, weil er klären will, ob die Bedenken gegen die Planungen sachlich ausgeräumt oder per Entscheidung von Oben abgestellt wurden.
„Zu viele Namen, zu viele Vorhalte“
Wer hat wann was notiert und geschrieben, „können Sie da was ergänzen, erinnern Sie sich daran?“ will Richter Plein von der Zeugin wissen. Die erbittet Stichwörter, mehr als nur Daten, um sich zu erinnern, wann genau was war. Auch der Richter kommt hin und wieder uns Schlingern, nennt den auf Verkehrsströme spezialisierten Physiker Schreckenberg versehentlich Schneckenberg. „Zu viele Namen, zu viele Vorhalte“, seufzt Mario Plein. Ich bin ganz seiner Meinung.
Behördliches Einvernehmen
Ob sie mit dem juristischen Terminus des „Behördlichen Einvernehmens“ was anfangen könne, fragt der Richter. „Inzwischen schon“, lautet die Antwort der Zeugin. „Und damals?“ „Damals kannte ich den Begriff nicht.“ Ich kenne ihn auch nicht und deshalb google ich ihn in der Mittagspause – im Gerichtssaal darf ich ja nicht online gehen – Anordnung des Gerichts. Es geht dabei um Sicherheitskonzepte bei Veranstaltungen, die „der Betreiber im Einvernehmen mit den für Ordnung zuständigen Behörden […] aufzustellen“ hat. Angeblich soll ein solches Einvernehmen bei einer bestimmten Planungs-Sitzung hergestellt worden sein – daran kann sich die 63-jährige aber nicht erinnern.
Juristenhumor
Wenn sie etwas erklärt, wird die Zeugin oft sehr schnell und Mario Plein bittet sie, langsamer zu sprechen – es müssten viele Leute mitschreiben. Süffisant kommt von der Verteidigerseite der Vorschlag, man könne die Verhandlung ja mitschneiden, also aufnehmen. „Gute Idee eigentlich …. “ grinst der Richter und erntet Gelächter. Zu Beginn des Prozesses, im Januar, hatte die Verteidigung Audioprotokolle beantragt, das Gericht hatte das aber abgelehnt – das schriftliche Protokoll reiche und man könne ja auch selbst mitschreiben, hieß es damals.