An der Zugangsrampe zum Party-Gelände starben bei der Loveparade 2010 in Duisburg 21 Menschen. Naturgemäß rückt dieser Ort deshalb immer wieder in den Mittelpunkt des Prozess-Geschehens. So auch heute.
“Rampe und Tunnel nicht betreten”
Es läuft die Fortsetzung der Zeugenaussage des ehemaligen Duisburger Ordnungsamts-Leiters. Der heute 68 Jahre alte Pensionär berichtet von der Abschlussbegehung des Veranstaltungsgeländes am alten Duisburger Güterbahnhof durch städtische Beamte einen Tag vor dem Event im Juli 2010. Der Zeuge sagt aus, dass die Gruppe damals das gesamte Gelände abgegangen sei und etwaige Mängel überprüft habe – nicht aber den Ort der späteren Katastrophe. Rampe und Tunnel seien am 23. Juli 2010 “nicht betreten” worden, so der Zeuge.
Hierarchie und Bürokratie
Der damalige Ordnungsamts-Leiter hält und hielt seine Behörde ohnehin nicht für zuständig für das private Veranstaltungsgelände, das die Loveparade-Firma nutzte. “Eine Stadtverwaltung ist eine hierarchische Organisation”, betont er und referiert mehrfach die Kompetenzen der Ämter und ihrer Mitarbeiter.
Auf der Anklagebank sitzen unter anderem Mitarbeiter des städtischen Bauamts. Da es sich um ein umzäuntes Areal handelte, war die Bauordnung für die Gelände-Genehmigung zuständig. Das Ordnungsamt war laut Auskunft des Zeugen nur zuständig für die öffentliche Sicherheit auf den Zugangsstraßen vom Duisburger Hauptbahnhof bis zu den Zugangssperren vor Tunnel und Rampe.
“Blinder Fleck” Rampe?
Eine Zuständigkeits-Lücke war bereits Thema bei einem der letzten Prozesstage. Gehörten Rampe und Tunnel zu den Zufahrtswegen oder zum Veranstaltungsort? Oder waren Rampe und Tunnel ein “blinder Fleck”, eine genehmigungsfreie Zone? Diese Frage dürfte das Gericht weiter beschäftigen.
Die Verteidiger stellen dazu viele Fragen. Aus ihren Reihen kommt erneut der Vorwurf, man könne nicht Bauamts-Mitarbeitern die juristische Schuld für eine solch komplexe Großveranstaltung zuschieben.
Alle für etwas zuständig, keiner verantwortlich?
Durch die Zeugenaussagen der letzten Wochen vervollständigt sich ein wenig schmeichelhaftes Bild der Duisburger Stadtverwaltung in der Planungsphase der Loveparade: Ein Oberbürgermeister, der sich fast gar nicht um die Sicherheit der prestigeträchtigen Veranstaltung gekümmert haben will (ganz ähnlich wie der Lopavent-Chef). Ein Beigeordneter (seine Aussage steht noch aus), der laut Zeugenaussagen vehement pro Loveparade auftrat. Ein Klima des Drucks im Rathaus. Eine Atmosphäre, in der Beamte sich ängstlich an Zuständigkeiten hielten. Und für die Katastrophe will am Ende niemand verantwortlich gewesen sein.