Der heutige Zeuge ist Polizist in Duisburg. Die Aussagen des 57-Jährigen sind knapp. Er hat – wie so viele Zeugen – acht Jahre nach dem Loveparade-Unglück große Erinnerungslücken.
“Zähe Angelegenheit”
Als Reaktion auf die einsilbigen Einlassungen des Polizisten seufzt der Vorsitzende Richter Mario Plein zu Beginn etwas genervt. Er fürchte, das werde heute eine “zähe Angelegenheit”, sagt Plein.
Der Zeuge sitzt dabei mit eingezogenen Schultern und geducktem Kopf vor ihm. Zudem funktioniert die Beleuchtung im Gerichtssaal nicht richtig. Der Zeuge ist auf den Video-Leinwänden kaum zu erkennen. “Schattenmann”, spottet ein Verteidiger.
Der Polizist war bei der Loveparade 2010 an der Vorbereitung in der Sicherheits-Arbeitsgruppe beteiligt. Am Tag der Katastrophe arbeitete er im Führungsstab. Dort hielt er telefonisch Kontakt zu Beamten, die im Tunnel und an der Rampe zum Party-Gelände die Besucher der Veranstaltung schützen sollten.
Kollegial mit Stadt und Lopavent
Die Zusammenarbeit mit Stadt Duisburg und Veranstalter-Firma in der Planungsphase beschreibt der Zeuge als “äußerst kollegial”. Vor dem Unglückstag habe er kein schlechtes Gefühl gehabt: “Aus meiner Erinnerung war alles abgearbeitet.”
Viele Aussagen, die ihm der Richter dann doch noch entlocken kann, sind aus den letzten Prozesstagen bekannt: etwa zu Kommunikationsproblemen bei der Polizei. Der Leiter des Polizei-Führungsstabs hatte Anfang September im Zeugenstand bereits Pannen eingeräumt. Ein neues Experten-Gutachten weist der Polizei außerdem eine mögliche Mitverantwortung für die Massenpanik mit 21 Toten zu. Dass kein Polizist auf der Anklagebank sitzt, wird schon lange öffentlich kritisiert.
Besonders die Polizeiketten, die das Gedränge an der Rampe zur Techno-Veranstaltung noch verschlimmert haben dürften, sind auch heute wieder Thema. Der Zeuge sagt, in der “Chaosphase” am Nachmittag des 24. Juli 2010 habe er nichts gewusst über die Polizeiketten. Erst am Sonntagmorgen um 4 Uhr habe er von diesen Absperrungen erfahren.
Richter Plein hält ihm Vernehmungs-Protokolle vor, die Zweifel an der Version des Zeugen wecken. Aber bei kritischen Nachfragen reagiert der Polizist sofort mit Sätzen wie: “Ich kann mich nicht erinnern.” Vieles bleibt heute im Dunkeln. Der Zeuge wird morgen weiter befragt – dann sind Staatsanwaltschaft, Nebenkläger und die Verteidiger an der Reihe.