Nachdem Richter Plein gestern alle Fragen gestellt hat, die das Gericht an den Zeugen hatte, geht es heute mit der Befragung durch den Staatsanwalt weiter. Es dreht sich, wie häufig, vor allem um Zahlen. In diesem Fall um die Zahlen, auf denen die Kräfteplanung des feuerwehrtechnischen Beraters im Krisenstab des Innenministeriums beruhte: Bis zu 5000 leichter Verletzte und bis zu 500 Menschen, die so schwer verletzt wären, dass sie in ein Krankenhaus gebracht werden müssten. Weil später auch Nebenklage und Verteidigung darauf zurückkommen, betont der Zeuge wiederholt, dass so hohe Zahlen bei der Größenordnung der Veranstaltung – schließlich war im Vorfeld von einer Million Besuchern die Rede – und den Wetterverhältnissen am Veranstaltungstag – sprich großer Hitze – nicht unrealistisch gewesen seien. Zumindest habe man sich darauf vorbereiten müssen.
Wenig Erhellendes
Nach einer Viertelstunde geht das Fragerecht an die Nebenklage, aber auch die sowie auch die Verteidigung wollen nur wenig von dem Zeugen wissen. Viel Erhellendes hat der nach meinem Eindruck auch nicht beizutragen, denn in die eigentliche Planung der Loveparade 2010 war er nicht eingebunden. Und auch am Veranstaltungstag war er nicht mitten im Geschehen. Das Wort Krisenstab klingt zwar nach umfassenden Kompetenzen, im Wesentlichen hatte der Mann aber dafür zu sorgen, dass ausreichend Rettungskräfte aus ganz Nordrhein-Westfalen in Duisburg zusammengezogen wurden.
Vorbereitungszeit
Weit vor der sonst üblichen Mittagspause wird der Zeuge schließlich, wie üblich unter dem Vorbehalt der Wiedervorladung, für den Moment entlassen und Richter Plein erklärt, er werde den Verhandlungstag nun bald beenden. Unter anderem, um den Prozessbeteiligten Gelegenheit zu geben, sich durch Teil drei des vorläufigen, rund 3000 Seiten starken, Gutachtens zu fressen.
Zwei Videos
Die ungeplante Lücke gibt dem Gericht aber noch Gelegenheit, zwei von der Staatsanwaltschaft eingeführte Videos zu zeigen. Dass die schon vor längerer Zeit zu den Akten gegeben wurden, ist nach Aussage einiger Verteidiger an ihnen vorbei gegangen und einer der Anwälte bemängelt nach dem ersten Video, er sehe keinen großen Erkenntnisgewinn. Ich sehe den schon, denn das interessante an dem von Profis erstellten Filmmaterial ist, was man sieht und gleichzeitig nicht sieht. Es zeigt, dass auf der Rampe Stillstand herrschte und die Besucher der Loveparade die Böschungen und Lichtmasten erkletterten, um auf das Gelände zu kommen. Von einer Polizeikette, die die Menschen am Weitergehen gehindert hätte ist dort allerdings nichts zu sehen. Um aus der aktuellen Zusammenfassung des Gutachters zu zitieren: “Die Gefahr von Rückstaus in diesem Bereich war von Beginn der Floatparade um 14:00 Uhr immens hoch.”