Workshops, Besprechungen und Ortstermine hat es im Vorfeld der Loveparade zuhauf gegeben. All diese Veranstaltungen sind mehr oder minder gut dokumentiert und liegen dem Gericht vor. Aus den Köpfen der Beteiligten sind viele Details gut acht Jahre nach dem Unglück allerdings verschwunden. „Da habe ich jetzt auch keine Erinnerung dran“, „Da müsste ich interpretieren“, „Da kann ich so keine Ausführungen zu machen“ sind Sätze, die wir auch heute dutzendfach hören.
Der Polizist, dessen Befragung gestern begonnen hat, liefert nach wie vor keine bahnbrechenden Erkenntnisse. Das mag an durchaus nachvollziehbaren Erinnerungslücken liegen, vielleicht aber auch daran, dass der Zeuge sich als eher stiller Vertreter präsentiert. Er wirkt zurückhaltend, seine Stimme ruhig. Kein Mann der markigen Sprüche.
Vom Anfang bis zur Katastrophe
Davon unbeirrt arbeitet der Vorsitzende Richter Mario Plein seinen Fragenkatalog ab, hält dem Zeugen Vernehmungs- und Sitzungsprotokolle vor. Wie bei allen Zeugen orientiert sich Plein an der chronologischen Ordnung vom Beginn der Planungsphase bis hin zum Veranstaltungstag, an dem der Zeuge als Leiter des Stabsbereichs 1 im Führungsstab saß.
„Und irgendwann kam dann eine Information…“ – der Zeuge stockt und ringt plötzlich mit den Tränen. Damals wie heute muss der Zeuge immensen Druck spüren, denke ich mir. Er bringt den Satz schließlich noch zuende. Irgendwann sei dann die Meldung über zwei Tote gekommen. Stille im Saal. Einer der Verteidiger schlägt vor, jetzt Mittagspause zu machen. Gute Idee.
Führungsstab wusste nicht um die Brisanz
Am Nachmittag hangelt sich der Vorsitzende Richter durch die Lupusbelege – Polizeijargon für „Einsatztagebuch“ – vom Veranstaltungstag. Natürlich hören wir wieder vom Andrang auf den Tunnel, auf die Vereinzelungsanlagen und die spontan errichteten Vorsperren. Im Führungsstab bestand aber offenbar kein Grund zur Sorge: „Wir hatten keine Informationen, die uns darauf hingewiesen haben, dass etwas bedrohlicheres ensteht“, reagiert der Zeuge auf einen Eintrag von 15:31 Uhr.
Der Richter will herausfinden, was der Führungsstab von den Entwicklungen unten auf dem Gelände mitbekommen und wie er darauf reagiert hat. Man habe die Meldungen zur Kenntnis genommen, sagt der Zeuge und erklärt, dass die Brisanz „uns in dem Ausmaße auch nicht bekannt war.“
Funkprobleme, politischer Druck – die Erinnerungen des Zeugen bleiben vage. Das Gericht ist mit seiner Befragung am Ende. Nächste Woche sind Staatsanwaltschaft, Nebenkläger und Verteidiger dran.