Am Tag vor der Katastrophe in Duisburg: Der damalige Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) ist an diesem 23. Juli 2010 auf der Rückfahrt aus seinem Österreich-Urlaub – dabei erfährt er per SMS von einem Mitarbeiter aus dem Rathaus, dass die Loveparade stattfinden könne. Tatsächlich prüfen Stadt-Mitarbeiter noch am Morgen der Veranstaltung, ob Auflagen an den Organisator Lopavent für die Genehmigung eingehalten wurden. Am Ende wird die Techno-Parade trotz vieler Diskussionen, Vorbehalte und Zweifel durchgezogen.
„Professionell vorbereitet“?
Das NRW-Innenministerium verschickt an diesem Freitag vor dem Unglück eine Pressemitteilung. Überschrift: „Polizei professionell auf Love-Parade vorbereitet“. Alle seien „hoch motiviert“, wird der damalige Innenminister Ralf Jäger (SPD) darin zitiert. Die Meldung wird in vielen Medien verbreitet.
Um diesen 23. Juli 2010 geht es heute auch wieder im Strafprozess bei der Fortsetzung der Befragung eines 55-jährigen Polizeibeamten. Und dabei wird abermals deutlich, dass die Polizei nicht professionell vorbereitet war – und auch gar nicht zuversichtlich, sondern eher skeptisch.
Der Zeuge hatte bereits seine Eindrücke von einer Ortsbegehung einen Tag vor der Veranstaltung geschildert. Das Zugangskonzept mit dem „Kessel” aus Tunnel und Rampe habe er für „gewagt” gehalten, so der Beamte. „Wir haben alle gesagt: ‘Dat klappt im Leben nicht’.”
Bedenken von Kollegen geteilt
Ein Verteidiger will vom Zeugen wissen, wie seine ebenfalls anwesenden Kollegen denn den anstehenden Einsatz bewertet hätten. Auch die anderen Zugführer, ihre Stellvertreter sowie der Polizei-Hundertschaftsführer, die an Tunnel und Rampe – also am entscheidenden Ort der tödlichen Massenpanik – eingesetzt werden sollten, hätten seine Bedenken geteilt. Eine Katastrophe mit Toten habe man aber nicht prognostiziert, sagt der Zeuge. Aber schon, dass es am Zugang sehr eng werden würde.
Mit diesen negativen Eindrücken aus der Ortsbegehung gingen die Beamten in den Einsatz. Laut Zeuge habe er zu diesem Zeitpunkt wegen seiner niedrigen Stellung in der Polizei-Hierarchie kaum Chancen gesehen, noch etwas am Einsatzplan zu ändern.