Tag 168: Zwei Feuerwehrleute

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Tag 168: Zwei Feuerwehrleute

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Am Ende des Tages habe ich neun Word-Seiten Notizen, aber nur wenig zu berichten. Wir starten mit dem Zeugen, der bereits vorletzte Woche, an Tag 166, ausgesagt hat. Es ist der 52-jährige Feuerwehrmann, der bei der Loveparade dafür zuständig war, den sogenannten Masterplan zu zeichnen und aktuell zu halten – also den Plan, nach dem das Gelände hergerichtet bzw. aufgebaut werden sollte. Richter Plein war mit seiner Befragung fertig, heute sind Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidigung dran. Besonders viel Neues erfahren wir meiner Ansicht nach nicht. Bis der Gutachter seine Fragen stellt.

Drei Masterpläne

Er bittet nämlich darum, drei verschiedene Versionen des Masterplans miteinander zu vergleichen. Sie unterscheiden sich nur in Nuancen, aber es sind interessante Kleinigkeiten. Auf der Version vom 11. Juli 2010 ist die Zugangsrampe relativ schmal eingezeichnet, die geplante Strecke für die Musiktrucks verläuft eng an den Gebäuden des ehemaligen Güterbahnhofs vorbei. In Version 2, zwei Tage später, ist die Rampe deutlich breiter gezeichnet, der Truckverlauf ist weiter von den Gebäuden weg geführt und verkürzt damit den Zugang von der Rampe auf das eigentliche Parade-Gelände. Ein dritter – eigentlich der endgültige – Plan vom 20. Juli zeigt wiederum ein ähnliches Bild wie die erste Version. Den Fragen des Gutachters ist allerdings zu entnehmen, dass Gelände und Truckstrecke schließlich doch nicht nach der dritten und endgültigen, sondern nach der zweiten Version eingerichtet wurden. Das hieße also, die Entscheidungen der Einsatzkräfte basierten auf einem Plan, der an dieser entscheidenden Stelle gar nicht die Realität abbildete.

Ein Ereignis, viele Detailfragen

Der zweite Zeuge des Tages ist ebenfalls Feuerwehrmann. Der heute 46-Jährige war bei der Loveparade stellvertretender Leiter der Einsatztaktik, also in dem Team, das die Koordination der Rettungskräfte übernommen hatte, nachdem von Todesfällen berichtet wurde. Im Prinzip geht es in seiner Vernehmung um die Frage, warum die Polizei versucht hatte, Ketten auf der Zugangsrampe und in den beiden Tunnelenden einzuziehen und warum die Eingangsschleusen zeitweilig geschlossen und dann wieder aufgemacht wurden. Der Zeuge meint, es sei um umgekippte Zäune gegangen, die die Polizei habe wieder aufstellen wollen. An Details kann er sich aber nur sehr ungenau erinnern. Er wird aber immer wieder, sowohl vom Richter als auch von Nebenklage und Verteidigung, nach Details gefragt. Da er die Fragen nicht beantworten kann, wird sein Ton zunehmend genervt und scharf. Schließlich versucht ein Verteidiger ihn zu beruhigen: “Sie müssen sich nicht aufregen. Ich frage sie nur.”
Nach rund drei Stunden Vernehmung ist der Zeuge entlassen.

Über den Autor

Geboren 1969 in Bremen, Mensch- und Journalistenwerdung in Rheinland und Ruhrgebiet und seit 2008 für den WDR als Reporterin in Düsseldorf, Duisburg und Umgebung unterwegs. Das Unglück bei der Loveparade habe ich von Anfang an immer wieder journalistisch begleitet, vom Folgetag an viel Zeit im Tunnel verbracht, Eindrücke gesammelt, Menschen befragt, berichtet. Auch über die politischen Folgen, wie die Abwahl des Oberbürgermeisters Sauerland und das juristische Hickhack im Vorfeld dieses Prozesses.

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