Tag 166: Der Kartenzeichner von der Feuerwehr

https://blog.wdr.de/loveparade-prozess/tag-166-der-kartenzeichner-von-der-feuerwehr/

Tag 166: Der Kartenzeichner von der Feuerwehr

Kommentare zum Artikel: 0

Der Zeuge ist ein 52-jähriger Feuerwehrmann. Er hatte die Aufgabe, den sogenannten Masterplan für die Loveparade zu zeichnen. Alle Informationen bezüglich des Veranstaltungsgeländes, der Zu- und Abwege sollten ihm gemeldet und in einer Karte, dem Masterplan, verzeichnet werden.

Erinnerungslücken

Es ist eine eher sachliche Zeugenaussage. Der 52-Jährige erzählt, dass er ab Februar 2010 in die Planung der Loveparade einbezogen wurde. Er sei dafür verantwortlich gewesen die Feuerwehr und Sanitätsdienste zu informieren. Informationen aus allen Abteilungen, wie dem Ordnungsamt oder der Lopavent seien an ihn weitergeleitet worden. Er habe dann zum Beispiel die Laufwege zum Gelände in den Plan eingetragen. Dass die Besucher nicht auf direktem Weg vom Bahnhof auf das Loveparade-Gelände geführt wurden, sondern erst drumherum geleitet, sei auch im Sinne der Feuerwehr gewesen. So sei das Veranstaltungsgelände selbst für die Rettungskräfte von verschiedenen Seiten gut erreichbar. Das Gefahrenpotenzial des Tunnels wurde scheinbar außer Acht gelassen. Den Unglücksort, die Rampe, betreffend kann der Zeuge nicht viel zur Aufklärung beisteuern. Auch als es um konkrete Gespräche und Termine geht, bleiben seine Aussagen vage. Obwohl er an einigen wichtigen Sicherheits-Terminen anwesend war, kann er sich heute an keine konkreten Absprachen erinnern. Dabei hatte er eine interessante Rolle.

Eine Million Besucher

Der Zeuge bildete in seiner Funktion eine Schnittstelle zwischen der Leitung der Feuerwehr und den Sicherheitskräften, die im Einsatz waren. Er sammelte Informationen und gab sie weiter. Bei einem Briefing von Rettungskräften soll er den anwesenden die Zahl von einer Million Besuchern präsentiert haben. Dies wird durch ein Beweisdokument belegt. Heute distanziert er sich von dieser Zahl. Wie wir mehrfach im Prozess gehört haben, war sie erfunden. Das soll denen, die an der Planung beteiligt waren, bekannt gewesen sein. Auch dem Zeugen.

Doch warum wurde diese falsche Zahl dann an die Rettungskräfte kommuniziert, will der vorsitzende Richter wissen. Eine berechtigte Frage. Schließlich ist es doch nicht unerheblich, ob ich Rettungskräfte für eine Million Personen oder für 300.000 Personen plane. Der Richter fragt weiter: “Warum stand die überhaupt da drin? Wenn allen klar war, dass das nur eine mediale Zahl war?” Der Zeuge wirkt bei dieser Frage unsicher und verschränkt zeitweise die Arme. Er habe die Zahl bei seiner Präsentation bestimmt relativiert, sagt er. Außerdem wäre es doch schlimmer gewesen, wenn er etwas anderes behauptet hätte, als das, was nach außen kommuniziert wurde.

Das ist für mich widersprüchlich. Sind die Einsatzkräfte der Feuerwehr und der Sanitätsdienste von übertriebenen und falschen Besucherzahlen ausgegangen? Und was war die Folge? Möglicherweise wird darauf in der Fortsetzung der Befragung in zwei Wochen eingegangen. Für heute ist erstmal Schluss.

Über den Autor

in Duisburg geboren. Nach einem Volontariat bei einem TV-Sender ging es weiter als freie Videojournalistin für verschiedene TV Sender und internationale Online-Plattformen. Seit 2016 im WDR Studio Duisburg zuhause.

Top